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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Jackett an einem Laternenpfahl zuzuknöpfen.
    «Sie sagt, sie kann nichts dafür», erwiderte Tom. «Letzte Nacht haben sie einen Rundgang durch die Gemüter der Schlafenden der Stadt gemacht, und sie hat getan, worum er sie gebeten hat. Sie hat ihr Innerstes geöffnet und es aufgestoßen. Doch sie hat auch dafür gesorgt, dass Sie und jeder in der Agentur unbehelligt blieben. Und bei einigen Menschen hat sie den Samen … den Samen des Widerstands eingepflanzt. Eine linimale … äh, liminale …»
    «Eine liminale Anweisung», sagte Unwin, dem wieder die Worte des Unterschreibers im dritten Archiv eingefallen waren.
Was wir auch tun. Wo wir auch sind.
Also waren die Schlafwandler, mit denen Moore weggegangen war,
tatsächlich
mit einem Spezialauftrag betraut gewesen. Doch sie arbeiteten für Penelope Greenwood und nicht für Enoch Hoffmann. «Dann hat sie ihn ausgetrickst. Doch wie lautete die Direktive? Was waren ihre Anweisungen?»
    Tom packte Unwins Arm fester und schüttelte ihn. «Sie müssen ihm Einhalt gebieten, Charles. Ihr Vater ist hinter ihr her, und sie hat nicht mehr viel Zeit.»
    «Was ist mit Sivart?»
    «Von ihm ist kaum noch etwas übrig.» Tom blickte Unwin jetzt direkt an, seine Augen standen beinahe offen. «Man hat ihn gebrochen. Von uns kann ihm keiner mehr helfen.»
    «Ich habe einen Plan …»
    «Dazu ist keine Zeit. Gehen Sie zurück zum
Ratzekatz
, und zwar schnell. Machen Sie all dem ein Ende.»
    Der Page reichte ihm den Schirm, und Unwin nahm ihn entgegen, doch Tom hielt den Arm, die Handfläche nachoben, ausgestreckt. Unwin brauchte einen Moment, bis ihm bewusst wurde, dass der Junge auf ein Trinkgeld wartete. Er fischte einen Vierteldollar aus seiner Tasche und gab ihm die Münze.
    Ein Rumpeln und Klappern, das das Prasseln der Regentropfen auf dem Schirm kaum übertönte, ließ sie erschrocken herumfahren. Für Unwin war das Geräusch unmissverständlich. Es war der Dampflaster der Rooks. Das Fahrzeug konnte nicht weit entfernt sein, und dem schrillen Pfeifen nach zu urteilen, das das donnernde Wummern des Motors begleitete, lief er auf Hochtouren. Jasper war hinter ihm her.
    «Charles», sagte der Page. «Laufen Sie!»
    Unwin klappte den Schirm zusammen und klemmte ihn sich unter den Arm. Er lenkte das Fahrrad auf die Straße und begann, trotz der Steifheit in seinen Beinen, wie wild zu strampeln. Er fuhr am Park entlang in Richtung Norden, und folgte, so gut er konnte, dem Weg, den Miss Greenwood und die anderen Schlafwandler in der Nacht zuvor eingeschlagen hatten. Kaltes Wasser tropfte von seiner Hutkrempe und lief ihm in den Mantelkragen hinein und den Rücken hinab. Mittlerweile waren seine Hosen mit Straßendreck beschmutzt, und seine feuchten Socken machten in den Schuhen schmatzende Geräusche.
    Auf der breiten Straße fuhr niemand. Einige Autos und Taxis standen mitten auf der Fahrbahn oder waren an den Randstein gelenkt und dort zurückgelassen worden. In dieser sonderbaren Stille wurde der Lärm des Dampflasters stetig lauter. Das dumpfe Rumpeln schien jetzt von allen Seiten zu kommen und wie ein Echo von den Fassaden der Gebäude zurückgeworfen zu werden und im dämmrigen Park widerzuhallen.
    Unwin bremste vor dem Stadtmuseum. Auf der obersten Treppenstufe saß Edwin Moore und zitterte vor Kälte unter dem Schirm, den Unwin ihm überlassen hatte. In der Pfütze, in die er starrte, erblickte der alte Schreiber Unwins Spiegelbild, schaute auf und spähte mit zusammengekniffenen Augen unter seinen buschigen weißen Augenbrauen hervor.
    «Mr. Moore», sagte Unwin. «Was ist passiert?»
    «Kenne ich Sie?», sagte Moore. Er blickte Unwin fragend ins Gesicht und schüttelte den Kopf. «Ich kann mich nicht erinnern. Ich weiß, dass ich es wusste, und doch … Mr. Unwin, so heißen Sie doch, stimmt’s? Haben wir zusammen gearbeitet?»
    «Ich bin Charles Unwin. Wir haben zusammen im Ruderboot gesessen und dann im Taxi …»
    «Das Taxi», sagte Moore, und seine Augen hellten sich ein wenig auf. «Ja, ich war Fahrgast in einem der vielen Taxis, und wir haben uns mit anderen zusammengetan, die den ganzen Tag zu Fuß unterwegs gewesen waren. Sie alle waren auf dem Weg zum Vergnügungspark, Mr. Unwin – ein ganzes Bataillon von Schlafwandlern, die alle eine große Aufgabe vor sich hatten. Wir sind besiegt worden, da bin ich mir jetzt ganz sicher. Hoffmann hat gewonnen.»
    «Wieso?», fragte Unwin. «Was haben sie denn getan?»
    «Sie haben Werkzeug gesammelt. Sie haben Leitern und

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