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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Aktentasche war in gewisser Weise auch ein Dokument im Sivart-Fall und konnte ihm bei seiner Suche vielleicht von Nutzen sein. Er sagte: «Ich hab einen Job für Sie, Emily. Ich möchte, dass Sie ein Grammophon auftreiben. Irgendwo hier in der Agentur muss es eins geben.»
    Ohne abzuwarten, ob das genügte, um sie zufrieden zu stellen, wandte er sich zum Gehen. Seine Hand erstarrte auf dem Türknauf, weil er auf der anderen Seite der Tür einGeräusch gehört hatte. Hinter dem Milchglasfenster ragte ein Schatten auf, aber niemand klopfte. Ein Lauscher. Oder schlimmer noch: Sie hatten Lamechs Leiche gefunden und kamen, um ihn zu verhören.
    Mit einem kurzen Kopfnicken gab Unwin seiner Assistentin ein Zeichen und stellte seine Aktentasche ab. Der unerwünschte Besucher tippte jetzt ganz leise ans Fenster, als wäre das ein geheimes Zeichen. Unwin hob den Schirm wie einen Säbel über seinen Kopf und riss die Tür auf.
    Der Mann auf der anderen Seite fiel wie ein Käfer mit dem Rücken auf den Boden. Schwarze Farbe ergoss sich aus einem Eimer in seiner Hand, bekleckerte seine Kleidung, sein Kinn und den gebohnerten Holzboden. Er hielt seinen Farbpinsel über den Kopf, um den vermeintlich drohenden Schlag abzuwehren.
    Unwin ließ den Schirm sinken und blickte auf die frisch aufgemalten Worte an seinem Bürofenster. DETEKTIV CHARLES UN , stand da, und das war alles, was jemals da stehen würde, denn der Maler richtete sich auf, stieß empört seinen Pinsel in den Eimer und ging brummend in Richtung Fahrstuhl.
    Detektiv Screeds Tür ging auf. Er sah die Farbpfütze, sah die schwarzen Stiefelabdrücke, die sich über den Flur zogen. Er holte das Taschentuch aus seiner Jackentasche, als wollte er den Schlamassel aufwischen, führte es jedoch stattdessen an seine Stirn. Dann machte er die Tür wieder zu.
    «Emily», sagte Unwin, «benachrichtigen Sie bitte den Putzmann.»
    Er machte einen großen Schritt über die Pfütze und ging mit quietschenden Schuhen den Flur entlang. Andere Bürotüren öffneten sich, andere Detektive streckten die Köpfe heraus. Unter ihnen waren auch die beiden, die er im Fahrstuhlzusammen mit Detektiv Screed gesehen hatte. Peake lautete der Name auf der Tür des einen, Crabtree hieß offenbar der andere. Beide schüttelten den Kopf, als er vorbeikam, und Peake – der immer noch an seinem Hautausschlag kratzte – pfiff mit spöttischer Bewunderung.

Stellen Sie sich einen Schreibtisch voller Papiere vor. Das ist alles, worüber Sie nachdenken. Nun stellen Sie sich dahinter eine Reihe von Aktenschubladen vor. Das ist alles, was Sie wissen. Der Trick besteht darin, den Schreibtisch und die Aktenfächer so nahe wie möglich beieinanderzuhaben und die Papiere in Ordnung zu halten.
     
    Unwin radelte an der tropfnassen, schattigen Fläche des Stadtparks entlang. Mittlerweile waren weniger Autos auf der Straße unterwegs, doch zweimal musste er mit dem Rad auf den Gehweg ausweichen, um Pferdefuhrwerke vorbeizulassen, und ein Erdnussverkäufer beschimpfte ihn, als er zu nah an seinem Stand, über dem ein Schirm aufgespannt war, vorbeifuhr. Bis Unwin beim Stadtmuseum ankam, waren seine Socken wieder vollkommen durchnässt. Er sprang vom Fahrrad, kettete es an eine Laterne und konnte gerade noch rechtzeitig vor der schmutzigen Wasserfontäne ausweichen, die ein vorbeifahrender Bus mit seinen Reifen versprühte.
    Die Brunnen zu beiden Seiten des Museumseingangs waren abgeschaltet, doch Regenwasser hatte die Speicher überflutet und ergoss sich über den Gehweg in den Rinnstein. Das Gebäude strahlte etwas Abweisendes aus, als wäre es mit einem Fluch belegt – wie Unwin vermutete, war esnicht errichtet worden, um Besucher willkommen zu heißen, sondern um seine Geheimnisse vor ihnen zu verbergen. Er kämpfte gegen den Drang an, sich wieder umzudrehen und nach Hause zu fahren. Mit jedem Schritt, den er unternahm, wurde der Bericht, den er würde schreiben müssen, um sein Handeln zu erklären, noch länger. Doch wenn er wirklich irgendwann seinen alten Job wiederhaben wollte, dann musste er Sivart finden, und hierher war Sivart gegangen.
    Unwin stemmte seinen Schirm gegen einen heftigen, feuchten Windstoß, stieg die breite Treppe hoch und betrat durch die Drehtür das Museum.
    Licht aus der von Fenstern durchbrochenen Kuppel der Haupthalle warf einen matten Schein über den Informationsschalter, die Tische, an denen man Eintrittskarten kaufen konnte, sowie auf die breitblättrigen Topfpflanzen, die jeden

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