Handbuch für Detektive - Roman
Eingang zu den Ausstellungsräumen flankierten. Er folgte dem Klappern von Besteck aus dem Museumscafé.
Drei Männer hockten zusammengekrümmt am Tresen und aßen schweigend. Bis auf einen waren alle Tische, etwa ein Dutzend an der Zahl, unbesetzt. Im hinteren Teil des Raumes saß ein Mann mit einem blonden Spitzbart und traktierte eine Reiseschreibmaschine. Er tippte schnell und summte vor sich hin, wann immer er innehielt, um nachzudenken.
Unwin ging an den Tresen und bestellte sich ein Puten-Käse-Sandwich auf Roggenbrot, das er mittwochs immer aß. Die drei Männer richteten noch immer ihre volle Aufmerksamkeit auf ihr Essen, eine Suppe, die sie sorgfältig auslöffelten. Als Unwins Essen kam, trug er es an einen Tisch in der Nähe des Mannes mit dem blonden Bart. Er legte seinen Hut mit der Öffnung nach oben neben seinen Teller und stellte die Aktentasche auf den Boden.
Der steife Bart des Mannes ruckte, während er arbeitete – und er sprach die Worte, die er gerade tippte, lautlos mit. Auf der Seite, die sich aus der Walze schob und nach oben rollte, konnte Unwin die Sätze
isst jeden Tag zur selben Zeit zu Mittag
und
spricht selten mit Arbeitskollegen
entziffern. Bevor er noch mehr lesen konnte, warf ihm der Mann einen Blick über seine Schulter zu, schob die Seite zurecht und runzelte so stark die Stirn, dass seine Bartspitze regelrecht abstand. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder seiner Schreibmaschine zu.
Trotz allem, was Unwin über Detektivarbeit gelesen hatte, hatte er keine Ahnung, wie er seine Nachforschungen anstellen sollte. Mit wem hatte sich Sivart getroffen, und was war zwischen ihm und dem Unbekannten vorgefallen? Was nützte es, jetzt hierhergekommen zu sein? Vielleicht war die Spur ja bereits «kalt», wie Sivart es formuliert hätte.
Unwin klappte seine Aktentasche auf. Er hatte sich geschworen, das
Handbuch für Detektive
nicht zu lesen, wusste aber, dass er es wenigstens überfliegen musste, wenn er so tun wollte, als wäre er ein Detektiv. Er würde nur so weit lesen, sagte er sich, bis er in dem Fall einen ersten Durchbruch hatte. Und das würde bald sein, dachte er, wenn er nur wüsste, wo er beginnen sollte.
Er drehte das Buch in seinen Händen hin und her. Der Einband war an den Ecken bereits verschlissen.
Hat mir mehr als einmal das Leben gerettet
, hatte Pith zu ihm gesagt. Doch Unwin hatte noch nie von dem Buch gehört, weshalb er sich sicher war, dass die Agentur nicht wünschte, Menschen von außerhalb würden überhaupt von seiner Existenz erfahren. Statt das Buch auf den Tisch zu legen, öffnete er es auf seinem Schoß.
Ein Leitfaden mit Techniken und Ratschlägen
für den Detektiv von heute
Praktische Tipps und Methoden zu Vorgehensweisen
anhand von
Studien zu einschlägigen Fällen
mit hilfreichen Illustrationen und Zeichnungen
einschließlich eines Anhangs mit Übungen, Experimenten
und Vorschlägen für weiterführende Lektüre
Vierte Auflage
Er wandte sich dem Inhaltsverzeichnis zu. Jedes einzelne Kapitel widmete sich einem Thema der Detektivkunst, von den allgemeineren Aspekten wie Fallbehandlung bis zu verschiedenen Überwachungstechniken und Verhörmethoden. Doch das Themenspektrum war so groß, dass Unwin gar nicht wusste, wo er mit dem Lesen anfangen sollte.
Außer vielleicht der Überschrift «Kriminalfall, Erste Schritte», schien nichts aus dem Inhaltsverzeichnis auf seine Situation zuzutreffen. Er blätterte zur entsprechenden Seite vor und begann zu lesen.
Der unerfahrene Agent, der auf ein paar erste vielversprechende Spuren stößt, wird wahrscheinlich dem Drang nachgeben, ihnen so direkt zu folgen wie möglich. Doch ein Kriminalfallist wie ein dunkles Zimmer, in dem ihn alles erwarten könnte. In diesem Stadium des Falles wissen Ihre Gegner mehr als Sie – genau das macht sie erst zu Ihren Gegnern. Deshalb ist es von höchster Bedeutung, dass Sie mit Vorsicht und Raffinesse vorgehen, besonders zu Beginn Ihrer Arbeit. Jede andere Vorgehensweise wäre gleichbedeutend mit einer Kapitulation; dann können sie auch gleich Ihre Taschen ausleeren, eine Lampe über Ihrem Kopf anschalten und sich eine große Zielscheibe auf die Brust malen.
Die Kälte, die sich in Unwins Socken gebildet hatte, kroch ganz allmählich seine Beine hoch und begann sich in seinem Magen auszubreiten. Wie viele Schnitzer hatte er sich bereits geleistet? Schnell las er die nächsten Seiten und überflog dann die Kapitelanfänge, die sich mit den Grundlagen des
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