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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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eingepfercht,dass einer von ihnen – seiner Mütze zufolge ein Polizist und vielleicht der rechtmäßige Fahrer des Wagens – mit dem Gesicht gegen die Scheibe gedrückt wurde.
    Moore schnappte nach Luft. «Die böse Schulschwänzerin!», erklärte er Unwin.
    Am nächsten Block wurde das Taxi vor einem Blumenladen langsamer, wo ein paar Leute unter einer blau-weiß gestreiften Markise standen. Der Fahrer schaltete in den Leerlauf und ließ den Wagen ausrollen.
    «Ich bezahle Ihnen keinen Penny», sagte Moore. «Außerdem verlange ich Ihre Registrierungsnummer.»
    «Ruhig», sagte Unwin zu ihm.
    Moore berührte die Beule an seinem Kopf und sah Unwin an, als wäre er gerade geschlagen worden.
    «Er schläft», sagte Unwin. «Die schlafen alle. Die ganze Stadt – jeder.»
    Die Leute unter der Markise hatten das Taxi bemerkt. Moore spähte durchs Fenster, als sie sich näherten, und sah dann Unwin an. «Sie haben recht», flüsterte er.
    Eine Frau, die einen gelben Hausmantel trug, öffnete die Beifahrertür. Sie beugte sich herab und sagte zum Fahrer: «Was wir auch tun.»
    Der Fahrer schlug mit der Handfläche leicht auf den Schaltknüppel. «Wo wir auch sind.»
    Das war offensichtlich die Antwort, die die Frau hatte hören wollen, denn sie stieg neben ihm ein und machte die Tür zu.
    Unwin beugte sich zu Moore hinüber. «Wie hat Hoffmann das bloß gemacht?»
    Moore schüttelte den Kopf und rieb sich die weißen Stoppeln an seinem Kinn. «Die Wecker.»
    Unwin dachte an die nächtliche Parade zurück, bei der ermitmarschiert war, an die seltsame Truppe mit ihren Beutesäcken über den Schultern. Hoffmann hatte nur wenige von ihnen gebraucht, um die ganzen Wecker zu stehlen. Und was dann? Dann verschläft die ganze Stadt und ist anfällig für seinen Einfluss?
    «Da ist immer noch etwas, das wir nicht begreifen», sagte Moore. «Aber die Wecker waren Hilfsmittel, um Ordnung zu schaffen, Dinge, die wir lange für selbstverständlich gehalten haben, bis Hoffmann sie in der Bucht versenkt hat. Diese Leute da draußen, die müssen von einem Weckerklingeln aufgewacht sein, das sie sich nur einbildeten. In Wirklichkeit versanken sie in einen noch tieferen Schlaf, einen Schlaf, den Hoffmann für sie vorbereitet hatte. Am zwölften November ist die Stadt fast vor die Hunde gegangen. Jetzt hat Hoffmann den Wahnsinn in ihren Herzen freigelassen, und er hat sich auf die Straßen ergossen.»
    «Ich verstehe nicht, was er davon hat.»
    «Was immer er will», sagte Moore. «Die Auflösung der Agentur. Das Gold, von dem er schon am zwölften November glaubte, es sei seins, zuzüglich Zinsen. Wer weiß, was er fordern wird? Wir sind geschlagen – und er hat uns erlaubt, wach zu bleiben, damit wir zu Zeugen unserer eigenen Niederlage werden können.»
    Ein schlafwandelnder Junge in einem grünen Poncho öffnete die hintere Tür und blickte in das Taxi. Seine Augen hinter den schweren Lidern waren leer. Erschrocken rutschte Moore auf dem Sitz näher zu Unwin. Der Junge stieg ein und sagte, an niemanden gerichtet: «Muss bald dort sein.»
    Ohne sich umzudrehen, sagte der Taxifahrer: «Muss bald hinfahren.»
    Andere scharten sich jetzt um das Fahrzeug. Sie standenschweigend im Regen und schwankten leicht, während sie auf das Einsteigen warteten.
    «Das hier ist mehr als einfach nur Wahnsinn», sagte Unwin.
    Moore schürzte die Lippen. Einen Moment lang sahen seine Augen so aus, wie Unwin sie an diesem Morgen im Museum gesehen hatte – leere Kugeln in den dunklen Höhlen seines Schädels –, und Unwin fragte sich, wie lange das notdürftig wiedererrichtete Gebäude seines Geistes noch halten würde. Doch schnell kehrte das Licht in seinen Blick zurück, und Moore sagte: «Ja, diese Gruppe von Schlafwandlern ist anders als die anderen. Vielleicht sind es Spezialagenten. Mir scheint, als hätte man sie für eine besondere Aufgabe rekrutiert.»
    Unwin öffnete seine Tür. «Ich glaube nicht, dass ich in diesem Taxi bleiben will.»
    Moore schüttelte den Kopf. «Einer von uns sollte bei ihnen bleiben und schauen, was sie vorhaben. Und Sie haben sowieso Ihr eigenes Päckchen zu tragen. Bringen Sie diese Schallplatte ins Archiv, Mr. Unwin. Lassen Sie sie sich nicht abnehmen.»
    Unwin stieg aus. Kaum stand er draußen, drängte sich ein Mann in einem einteiligen roten Schlafanzug an ihm vorbei und nahm seinen Platz ein. Jetzt war Moore zwischen zwei Schlafwandlern eingeklemmt. Für ihn gab es kein Zurück mehr.
    Unwin streckte den Arm aus

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