Handbuch für Detektive - Roman

umringt. Was für Abenteuer sie unter ihrer Aufsicht erlebt haben mussten! Jetzt war das Spiel für sie Wirklichkeit geworden.
    «Sie müssen verstehen, dass die Aktennotiz, die zu tippen ich Sie gebeten habe, kein Trick war», sagte Unwin. «Sie verdienen etwas Besseres. Sie verdienen einen richtigen Detektiv.»
    Emily wischte die Figürchen mit einer Hand in die Dose zurück. Dabei hielt sie die Pistole immer noch auf ihn gerichtet und deutete damit auf seine Aktentasche, die neben der Tür auf dem Boden lag. Er nahm sie, und sie befahl ihm, die Wohnung zu verlassen und die Treppe hinunterzugehen.
    Niemand war auf der Straße, der hätte sehen können, wie die Schlafwandlerin ihn mit vorgehaltener Waffe zu dem schwarzen Wagen führte, der am Ende des Blocks stand. Er stieg auf der Beifahrerseite ein und stellte die Aktentasche zwischen seine Füße.
    «Sind Sie sicher, dass Sie fahren können?», fragte Unwin.
    Als Antwort legte Emily den Gang ein und lenkte den Wagen auf die Straße. Die sieben Blocks bis zum Bürogebäude der Agentur fuhr sie sehr vorsichtig, obwohl mittlerweile niemand mehr auf der Straße war. Rechts vor der Eingangshalle parkte sie, und als Unwin ausstieg, sah er, dass in allen sechsundvierzig Stockwerken die Lichter brannten.

Der Vorgang beginnt, schon lange bevor Sie mit ihm allein in einem Raum sind. Wenn Sie dem Verdächtigen Ihre Fragen stellen, sollten Sie seine Antworten bereits kennen.
     
    Der vierzigste Stock bestand, wie der vierzehnte, aus einem einzigen Raum, doch der hier war leer bis auf einen quadratischen Metalltisch und zwei Stühle in der Mitte. Emily stand auf der einen Seite am Rande des hellen Lichtkegels, der von oben auf den Tisch fiel. Sie hielt immer noch die Pistole in der Hand, hatte jedoch die Brotzeitdose im Auto gelassen und stattdessen Unwins Aktentasche mitgebracht.
    Der Mann mit dem blonden Spitzbart saß Unwin gegenüber. Von allen Menschen in der Stadt war es dieser, von dem sich Unwin am meisten wünschte, er würde schlafen. Doch es hatte den Anschein, als habe Hoffmann es zugelassen, dass die Angestellten der Agentur allesamt ungehindert ihrer Arbeit nachgingen – Emilys Schlaf war vermutlich nur auf ihre persönliche Störung zurückzuführen. Was auch immer der Magier im Schilde führte, er wollte offenbar nicht, dass jemand aus den höheren Rängen der Agentur in Mitleidenschaft gezogen wurde. Oder war es einfach so, wie Moore gesagt hatte: Hoffmann wollte, dass sie seinen Triumph erlebten?
    Wenn dem so war, dann zeigte der Mann mit dem blonden Bart jedenfalls keinerlei Beunruhigung über das, was draußen im Gange war. Ohne Unwin eines Blickes zu würdigen, stellte er seine Reiseschreibmaschine auf den Tisch. Er schnipste Emily mit den Fingern zu, und sie reichte ihm die Aktentasche. Dann begann er, sie auszuräumen.
    «Zwei Bleistifte», sagte er und legte sie nebeneinander. «Dringender Spitzbedarf.»
    Als Nächstes kam Unwins Ausgabe des
Handbuchs für Detektive
dran. «Standardausgabe», sagte er und grinste höhnisch, als er auf die Titelseite vorblätterte. «Vierte Auflage, vollkommen nutzlos.»
    Des Weiteren holte er mehrere Dokumentenmappen heraus, alle leer: Unwin hatte immer gerne einen Vorrat dabei.
    Zuletzt kam die Schallplatte. Diese untersuchte der Mann mit dem Bart genauer, indem er sie gegen das Licht hielt und die Rillen betrachtete, als könnte er etwas hören, wenn er nur genau hinschaute. «Eine Aufnahme der Wächter-Klasse in Zusammenhang mit Sivart. Aufgenommen vom verstorbenen Mr. Lamech, von Miss Palsgrave in den Räumen der Agentur gepresst. In keinem offiziellen Register verzeichnet. Höchst verdächtig.» Er ließ sie wieder in ihre Hülle gleiten und legte sie auf den Tisch, drehte dann die Aktentasche um und schüttelte sie. Sie war leer.
    «Ich glaube, die Agentur hat andere Sorgen als das, was ich in meiner Aktentasche habe», sagte Unwin.
    «Klappe», schnauzte ihn der Mann mit dem blonden Bart an. Er stopfte alles in die Aktentasche zurück, stellte sie beiseite und spannte ein Blatt Papier in seine Schreibmaschine. «Hat mich Stunden gekostet, die Tastatur zu polieren, nachdem Ihr Komplize Wasser darüber geschüttet hat.»Er saß kerzengerade auf seinem Stuhl, schloss die Augen und rieb sie sich dann mit den Fingerspitzen. Als Nächstes streckte er die Arme aus und wackelte kräftig mit den Fingern. Offenbar stand eine Art Darbietung bevor.
    «Vielleicht sollten Sie sich notieren, was da draußen vorgeht», schlug