Handyman Jack 02 - Der Spezialist
den Räumen der Tagesstätte verfolgten Jack, während er durch den Flur eilte. Jeder Ruf fühlte sich an wie ein Schuß, jedes Lachen war ein Stich mit einem Messer. Der Tod schwebte über jedem von ihnen, eine tödliche Infektion lauerte in jedem Winkel, aber sie waren ahnungslos. Und das war eigentlich auch gut so. Sie waren Kinder, und sie sollten glücklich und unbeschwert sein, so lange es ging.
Vor allem die Crack-Babys. Ihr kurzes Leben war voller Schmerzen gewesen vom Tag ihrer Geburt an, während ein Virus nach und nach ihr Immunsystem zerstörte.
Und nun hatte jemand ihnen auch noch die Spielsachen gestohlen.
Jack spürte, wie sich seine Kiefermuskeln verhärteten. Keine Sorge, Kinder … Onkel Jack mag zwar nicht wissen, was er tun kann, wenn euch übel ist, wenn euch die Krankheit quält, aber er ist nicht so nutzlos, wie er euch vor ein paar Minuten erschienen sein mag. Er wird eure Spielsachen zurückholen. Und dabei beabsichtigt er, mit dem wertlosen Subjekt, das sie gestohlen hat, ein paar ernste Worte unter vier Augen zu wechseln.
Manchmal war das Leben etwas Schreckliches.
Aber es mußte nicht immer schrecklich sein. Manchmal konnte man durchaus das eine oder andere Problem aus der Welt schaffen.
Samstag
The Nail saß hinter dem Lenkrad seines Trucks und rieb sich die Hände, um sie anzuwärmen. Scheißkalt heute, Mann. Wirklich scheiß-kalt!
Aber nicht mehr lange. In einer Stunde, vielleicht schon eher, wenn der Käufer nicht zu lange versuchte, ihn herunterzuhandeln, würde er warm und gemütlich in seinem Bett liegen und hätte einen Kristall im Mund und nicht diesen armseligen Abklatsch eines Joints.
The Nail nahm einen tiefen Zug und behielt ihn in der Lunge. Er wischte das Kondenswasser von der Windschutzscheibe und wünschte sich, daß die Heizung in diesem verdammten Truck funktionieren würde. Er schnippte sein Bic-Feuerzeug an, um auf die Uhr zu schauen. Der Käufer hatte von halb zwölf gesprochen. Und jetzt war es halb zwölf.
Er hatte das Gerücht in Umlauf gebracht, daß The Nail der richtige Ansprechpartner wäre, wenn jemand an einer Ladung Kinderspielsachen, in Weihnachtspapier verpackt und fertig zum Verschenken, interessiert wäre. Auf Umwegen hatte er dann erfahren, daß ein Hehler, der der Freund eines Freundes eines Freundes war, die ganze Wagenladung haben wollte. Ja!
Er atmete aus und blickte in die Gasse, um Ausschau nach Autoscheinwerfern zu halten. Zahlreiche Fahrzeuge rollten vorbei, unterwegs zur nahegelegenen Manhattan Bridge. Er wünschte sich, daß das richtige Scheinwerferpaar endlich in die Gasse einbog, damit er das Geschäft über die Bühne bringen konnte.
Sein Kontaktmann hatte nichts dergleichen verlauten lassen, aber The Nail stellte sich vor, daß der Hehler mit seinem eigenen Lastwagen erscheinen würde. Es mußte so sein. Wie sollte er sonst das Zeug wegschaffen?
Er sollte lieber nicht daran denken, sich diesen Truck hier unter den Nagel reißen zu wollen, Mann. Er legte die Hand auf die kleine .32er Automatic in seinem Gürtel. Er sollte lieber an nichts anderes denken als daran, die Kohle auszupacken und die Ware einzusacken.
Hey, das reimt sich.
Her mit dem Geld und hinaus in die Welt.
The Nail grinste und nahm einen weiteren Zug. Zu schade, daß er nicht mehr in der Band war. Vielleicht hätten er und der Schlagzeuger einen Hit daraus machen können. Das wäre cool gewesen.
Polio fehlte ihm. Die beste verdammte Punk-Thrasher-Band der Welt, Mann, und er hatte dort Baß gespielt. Nun, jedenfalls für ein paar Monate. Bis sie ihn rausgeworfen hatten, weil er oft nicht zu den Auftritten erschienen war.
Aber es waren ein paar gute Monate gewesen. In der Zeit hatte er auch seinen Namen verpaßt bekommen, The Nail. Na ja, er hatte ihn nicht verpaßt bekommen. Er hatte angefangen, sich selbst so zu nennen. Man brauchte einen Namen wie The Nail, wenn man bei Polio spielte. Wer wollte schon einen Bassisten namens Joey DeCiglia?
Und The Nail war so ein cooler Name, er hatte eine doppelte Bedeutung und so weiter.
Aber selbst mit einem Markenzeichen wie The Nail und obwohl er bei Polio gespielt hatte, gab es da draußen keine Arbeit. Zumindest nicht für ihn. Scheiße, ja, er hatte Vorspieltermine bekommen, wenn er den Namen Polio nur kurz erwähnte, und alle waren ernsthaft daran interessiert gewesen, ihn zu hören … bis sie ihn wirklich hörten.
Dann hieß es nur, du brauchst uns nicht anzurufen, Mann, wir melden uns schon …
Ja, du
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