Handyman Jack 02 - Der Spezialist
hinter ihr hinein. Die Tür wurde zugeschoben, und der Lieferwagen jagte mit quietschenden Reifen davon.
Jack kam stolpernd zum Stehen und schaute sich blinzelnd um. Hatte er diese Szene tatsächlich gesehen? In der einen Sekunde war sie noch da gewesen, in der nächsten war sie bereits verschwunden.
Scheiße!
Er sprintete los, wich Menschen und Kinderwagen und Fahrradfahrern aus, während er hinter dem Lieferwagen herjagte. Er sah ihn in einiger Entfernung vor sich. Die Ampel an der Eighth Avenue schaltete soeben auf Rot. Der Wagen mußte anhalten …
Aber nein – er überfuhr das Rotsignal und bog mit kreischenden Pneus in die Eighth ab. Ein wütendes Hupkonzert verfolgte ihn.
Jack rannte weiter. Er erreichte die Eighth, blieb keuchend stehen und blickte auf den rot leuchtenden Strom von Rücklichtern, die sich von ihm wegbewegten. Er gewahrte den Lieferwagen zwei Straßen weiter. Er wurde immer kleiner.
Seine Gedanken rasten. Was nun? Er war sich ja noch nicht einmal hundertprozentig sicher, daß die Frau Alicia gewesen war. Und selbst wenn … er sollte sich eigentlich heraushalten. Sie allein zu verfolgen war gefährlich. Ein derart cowboyhaftes Verhalten war der sichere Weg, um mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten und in Gewahrsam genommen zu werden – und damit wäre sein Schattendasein ein für allemal beendet. Er sollte lieber die Cops benachrichtigen – er sollte die 911 anrufen und der Polizei alles Weitere überlassen.
Aber er hatte weder das Nummernschild des Lieferwagens lesen können, noch hatte er sich irgendwelche besonderen Merkmale des Fahrzeugs eingeprägt.
Sie sitzt in irgendeinem dunklen Lieferwagen irgendwo auf der Eighth Avenue – vielleicht.
Ja, richtig. Das wäre …
Eine Hupe ertönte links von ihm. Ein Taxi wollte sich soeben in den fließenden Verkehr einfädeln, und Jack stand ihm im Weg. Jack hob die Hand und ging auf den Fahrer zu.
4
Alicia spürte, wie ihr Herz gegen ihre Rippen hämmerte, und hörte den Atem pfeifend in ihren Nasenlöchern ein- und ausströmen, während sie sich gegen das Plastikband wehrte, mit dem sie an den Sitz gefesselt war.
Sie werden mich töten! dachte sie. Jetzt ende ich genauso wie die anderen.
Es war so schnell passiert! Der Mann hatte sie, während sie den nächsten Schritt machen wollte, einfach in den Lieferwagen geschleudert und war ihr sofort gefolgt. Ehe sie reagieren konnte, wurde die Tür geschlossen, und sie wurde auf diesen Platz gefesselt. Danach wurde ihr ein kurzes Stück Klebeband auf den Mund gepappt. Sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Was wollten sie von ihr?
Und dann erinnerte sie sich: Sie können mich nicht töten. Wenn sie es tun, dann geht das Haus an Greenpeace.
Aber wenn es nun um etwas ganz anderes geht? Wenn dies hier gar nichts mit dem Haus zu tun hat? Man hört ständig, daß Menschen spurlos verschwinden. Wenn dies zufällig irgendeine Entführung ist?
In dem Lieferwagen war es dunkel wie in einer Gruft. Sie konnte vage die Gestalt des Mannes erahnen, der sie hineingestoßen hatte, und spürte hinter sich eine zweite Person. Der erste Mann hatte ihr die Schultertasche abgenommen und schien sie zu durchwühlen – sie konnte das Klimpern des Inhalts hören, als er hin und her geschoben wurde. Nach was suchten sie? Wer waren sie überhaupt? Was wollten sie?
Und dann ergriff der, der hinter ihr saß, das Wort. Sie erkannte die näselnde Stimme sofort.
»Hallo, Schwesterlein!«
Thomas.
Zorn wallte in ihr hoch. Sie konnte ihn nicht sehen, aber sie konnte ihn sich vorstellen – sein dünnes braunes Haar, sein pockennarbiges Gesicht mit der ausgeprägten Nase, seine birnenförmige Figur. Hatte er zugenommen, seit sie ihn das letzte Mal vor einem guten Dutzend Jahren gesehen hatte? Zweifellos.
Sie wollte ihn anschreien, aber sie wußte, daß kein Laut über ihre zugeklebten Lippen dringen würde. Daher hörte sie auf, sich gegen die Fesseln zu stemmen, und zwang sich, absolut ruhig zu sein. Sie würde ihm nicht die Genugtuung geben, sie ängstlich zu sehen.
»Tut mir leid, daß wir auf diese Weise zusammentreffen«, sagte er in einem beiläufigen, lässigen Tonfall. Alicia konnte sein abfälliges Grinsen beinahe hören. »Aber ich wollte eine meiner Fesselungsphantasien ausleben. Und ich wollte auf unmißverständliche Weise klarmachen, wie beunruhigt wir über das sind, was du getan hast – oder was du gestern mit dem Haus zu tun versucht hast.«
Wir … damit verriet er ihr
Weitere Kostenlose Bücher