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Handyman Jack 02 - Der Spezialist

Titel: Handyman Jack 02 - Der Spezialist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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stattfinden und die Bestrafung erfolgen.
    Und Strafe bedeutete, daß man Ghali die rechte Hand abhacken würde.
    Wie hatte das geschehen können? Ghali war immer wild und eigensinnig gewesen, sicher, aber niemals ein Dieb. Was konnte nur in ihn gefahren sein? Er brauchte auf nichts zu verzichten, und trotzdem stahl er eine Kamera! Einen Fotoapparat! Dabei lagen im Haus sicherlich ein halbes Dutzend Fotoapparate herum!
    Das ergab keinen Sinn.
    Er mußte sich mit der Bitte um Hilfe an eine höhere Macht wenden. Morgen war Freitag, der heilige Tag. Er war dazu bestimmt worden, das Mittagsgebet in der Moschee zu sprechen. Aber morgen würde Kemel den ganzen Tag in der Moschee für seinen mißratenen Sohn beten.

Freitag

1

    Nach einigen Tonbandwindungen seines Anrufbeantworters hörte er Milkduds Nachricht ab, die besagte, daß er ihn um halb elf bei Canova – nicht Canova’s, nur Canova – in der West Fifty-first treffen sollte. Um diese Uhrzeit tauchte Jack auch dort auf. Er ließ sich mit der lemminghaft dahinstürmenden Masse aus Eltern und Kindern dahintreiben, die auf die rote Radio-City-Neonschrift auf der anderen Seite der Sixth Avenue zusteuerten. Nachdem Ruth’s Chris hinter ihm lag und Le Bernardin auf der anderen Straßenseite, fand Jack schließlich Canova.
    Er drückte die Stirn gegen das Schaufenster und schaute durch das unechte Holzgitter auf der anderen Seite der Scheibe hindurch. Es sah aus wie eins dieser Imbißrestaurants, die sich während der neunziger Jahre vermehrt hatten wie Kleiderbügel.
    Er trat ein und hielt Ausschau nach Milkdud.
    Canova war ein wenig perfekter organisiert als die meisten Futterkrippen seiner Art. Gewöhnlich war das Essen dort nur zum Mitnehmen gedacht – man füllte diverse Behälter an der Theke, ließ sie abwiegen und bezahlte, und schon war man wieder draußen. Canova verfügte über zwei Ausgabetheken und einen Raum, in dem die Esser sitzen konnten.
    Der Betrieb war mäßig – es dauerte noch einige Zeit, bis der Mittagspausenmob zuschlagen würde –, aber Jack konnte Milkdud nirgendwo entdecken. Dabei war Milkdud kaum zu übersehen. Er klopfte einem jungen Koreaner, der gerade einen Tisch in der Nähe abwischte, auf die Schulter.
    »Ich war hier mit jemandem verabredet…«, begann er.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte der Koreaner hastig und schüttelte heftig den Kopf. »Ich weiß nicht.«
    »Er ist schwarz«, sagte Jack. Er deutete auf seine Stirn. »Und da oben hat er …«
    »Oh, ja.« Der Koreaner deutete nach links auf ein Schild mit einem Pfeil und der Aufschrift SITZPLÄTZE. Jack fragte sich, wie er das nur hatte übersehen können. »Da drüben. Der da drüben.«
    Jack trat durch einen Backsteinbogen und ließ den Blick durch den kleinen Speisesaal schweifen. Er entdeckte den Rücken eines hochgewachsenen schlanken schwarzen Gastes mit kurzgeschnittenem Haar, der mit dem Gesicht zur Wand saß. Jack kehrte zur Buffettheke zurück, kaufte sich eine Pepsi, dann ließ er sich Milkdud gegenüber auf den Stuhl fallen.
    »Sushi zum Frühstück?« fragte Jack und deutete auf Milkduds Tablett.
    »Hey, Jack«, sagte Milkdud und streckte die Hand über den briefmarkengroßen Tisch aus. »Ich muß schließlich meine schlanke, jugendliche Figur erhalten.«
    »Zum Hacken, stimmt’s?«
    Er zuckte die Achseln. »Ein Rettungsring könnte mich schon mal daran hindern, dorthin zu gelangen, wo ich hin will. Außerdem ist das hier ein Brunch, und ich glaube kaum, daß man ein California Sandwich Sushi nennen kann.«
    Sie kannten sich schon einige Jahre. Jack war diesem hochgewachsenen Burschen – Milkdud hatte damals Dreadlocks getragen – immer wieder in den Revival-Kinos überall in der City begegnet. Sie kamen miteinander ins Gespräch und schenkten einander schließlich so viel Vertrauen, daß sie sich gegenseitig Videos und Disks von Filmen ausliehen, die sie besonders schätzten. Aber falls Jack jemals den Namen gekannt haben sollte, auf den die Mutter des Mannes ihn hatte taufen lassen, so hatte er ihn längst vergessen. Für die Leute war er nur Milkdud – oder Dud. Hoch aufgeschossen, geradezu dünn, milchschokoladenbraune Haut, eine stets lässige Körperhaltung und ein freundliches Lächeln. Aber alles, woran die Leute sich bei dem Burschen erinnern konnten – sogar in der Zeit, als er noch seine volle Dreadlock-Pracht trug –, war das große schwarze Muttermal mitten auf seiner Stirn, wie man es außerdem nur von Aaron Neville kannte. Irgendein

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