Handyman Jack 03 - Im Kreis der Verschwörer
trat zur Kante des Lochs und verfolgte, wie Kenways Bürstenhaarschnitt unter ihm kleiner wurde. Verdammt, das war ganz schön tief.
Lew trat zu ihm. »Tatsächlich. Da unten ist ein Licht.«
»Aber ganz tief unten«, sagte Jack und entdeckte ebenfalls das matte Flackern.
»Sind Sie sicher, dass Sie es nicht auch wagen wollen?«, fragte Melanie und sah Jack prüfend an. In ihren Worten schwang fast so etwas wie Hoffnung mit.
Darüber wunderte sich Jack. Soeben noch, als er meinte, er wolle nach Hause, hatte sie ihn gebeten zu bleiben. Jetzt schien sie ihn zu ermutigen, auf einem anderen Weg zu verschwinden.
»Ich bin mir ganz sicher«, bekräftigte Jack. »Mehr noch, ich glaube, ich bin mir in meinem ganzen Leben einer Sache noch niemals so sicher gewesen wie jetzt. Aber Sie meinten, Sie wollten mit mir reden.«
Lew ergriff das Wort, ehe Melanie etwas erwidern konnte. »Ehe wir uns weiter unterhalten, brauche ich noch eine Antwort auf etwas Bestimmtes. Als ich dich fragte, ob es da unten so schlimm wäre, sagtest du: ›Nicht für mich und Frayne.‹ Was hast du damit gemeint?«
Melanie seufzte und wandte den Kopf ab. Jack entdeckte einen Anflug von Traurigkeit und Bedauern in ihren Augen.
»Lewis… als ich den Ort ›Zuhause‹ nannte, war das keine Übertreibung. Als sich das Tor öffnete und ich die Andersheit betrat, war es genau das, was ich empfand – als käme ich nach Hause. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, irgendwohin zu gehören. Und Frayne wird es ebenfalls spüren.«
»Und ich nicht?«, sagte Lewis. Die Qual in seiner Stimme war unüberhörbar.
In diesem Augenblick drang Zaleskis Stimme von unten herauf.
»Hey! Hier unten ist es ganz seltsam… als würde alles schweben.«
Melanie beugte sich über die Kante und rief hinunter: »Das bedeutet, dass ihr fast da seid. An einem bestimmten Punkt kehrt die Schwerkraft sich um. Den Rest des Weges klettert ihr aufwärts.«
Sie wartete, und ein paar Sekunden später erklang wieder Zaleskis Stimme, unterlegt mit Staunen und Erregung. Fast schien es, als bekäme er gleich einen hysterischen Lachanfall.
»Verdammt noch mal, du hast Recht! Das ist das Verrückteste, das ich jemals erlebt habe!«
»Vergiss die da unten für einen Moment«, bat Lew. »Was ist mit mir? Warum werde ich nicht das Gefühl haben, dorthin zu gehören?«
Melanie drehte sich zu ihrem Mann um. Sie redete in einem völlig nüchternen Ton weiter, so als erklärte sie einem Kind einen selbstverständlichen Sachverhalt. »Weil du dort ein Außenseiter wärst, Lew. Du hast in dir keine Andersheit.«
»Na klar habe ich die«, widersprach er und deutete auf sein Bein. »Ich bin nicht normal. Ich bin auch anders. Möglicherweise nicht so anders wie du, aber…«
»Innen anders«, sagte sie. »Frayne und ich sind bis hin zu unseren Genen anders. Du bist vollkommen menschlich, Lew. Wir nicht. Wir sind Hybriden, Mischlinge.«
Lew war wie vom Donner gerührt. Er machte mehrmals den Mund auf und zu, bis er wieder reden konnte: »Hybriden?«
»Ja, Lewis. Mischlinge.« Sie ging hinüber zu Canfields Rollstuhl, legte die Klaue auf seine Schulter. »Keiner von uns beiden gehört wirklich hierher.«
Jack bemerkte, wie Lews Blick sich an der Stelle festfraß, wo seine Frau Canfield berührte. Er hatte unendliches Mitleid mit dem Mann, aber er konnte ihm nicht helfen. Lew wollte unbedingt Antworten haben, und Melanie gab sie ihm.
Sie könnte es ihm jedoch wenigstens ein wenig leichter machen.
»Wie?«, fragte er. »Wann?«
»Im Spätwinter 1968, hier in Monroe, brachte die Andersheit auf dieser Ebene etwas hervor. Frayne und ich waren noch ganz winzig, frische Zellhaufen in den Körpern unserer Mütter. Wir waren empfänglich für den Einfluss der Andersheit – unsere DNS wurde für immer verändert, als sie hier ihren Brückenkopf errichtete.«
»Welchen Brückenkopf?«, fragte Jack.
Offensichtlich spielte sie auf den ›Ausbruch von Andersheit‹ an, den Canfield erwähnt hatte. Aber über was genau redeten sie?
»Es war nichts, was irgendjemand hätte bemerken können. Aber in diesem Moment war das Schicksal dieser Ebene besiegelt.« Ihre Augen leuchteten kurz auf. »Ein Kind wurde empfangen. Ein besonderes Kind – Der Eine. Er ist jetzt erwachsen und wird schon bald seine Existenz kundtun.«
»Das klingt nach Olives Antichrist«, sagte Jack.
Melanie lächelte spöttisch. »Verglichen mit Dem Einen wäre Olives Antichrist ein durchaus angemessener
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