Handyman Jack 03 - Im Kreis der Verschwörer
herausragten, in seiner Magengrube eine bohrende Übelkeit breit. Sie erschienen ihm eher wie Tentakel als wie richtige Beine.
»Gut gemacht, Frayne«, lobte Melanie, während Canfield sich wie ein Hund neben sie hockte. Jack erwartete fast, das sie Canfields Kopf streichelte. Stattdessen drehte sie sich zu Jack um. Sie strahlte jetzt übers ganze Gesicht. »Es wäre so viel einfacher gewesen, wenn Sie sich entschieden hätten, ebenfalls in dieses Loch hinabzusteigen.«
Jack schenkte sich eine Erwiderung und versuchte, sich zu beruhigen. Er war kein Houdini, aber er könnte sich aus dieser Lage sicher befreien. Es gab viele Möglichkeiten…
Er zog an der Kette. Die Glieder bestanden aus schwerem Stahl und waren einzeln zugeschweißt. Er legte beide Hände um den Pfeiler und zog kraftvoll – der Pfeiler gab nicht einen Millimeter nach.
»Vergeuden Sie nicht Ihre Zeit«, sagte Melanie. »Dieser Pfeiler ist eine mit Zement gefüllte Stahlröhre, eingelassen in den Betonboden und oben mit einem Stahlträger vernietet. Er soll eine Ewigkeit überdauern.«
Sie hatte Recht. Der Pfeiler ließ sich nicht bewegen. Wie sah es dann mit den Handschellen aus? Erstklassige Hiatts – ein besonders stabiles Modell mit Scharnier. Wenn er seinen Satz Dietriche bei sich gehabt hätte, wäre er innerhalb von dreißig Sekunden frei gewesen. Aber das Werkzeug lag sicher in seinem Hotelzimmer.
Okay – dann müsste er sich eben frei schießen.
Während er nach der Semmerling griff, fiel ihm ein, dass sie in seiner Jacke steckte… und die lag außer Reichweite auf dem Sofa auf der anderen Seite des Kellerraums.
Jacks Mund wurde schlagartig pergamenttrocken. Er hatte das Gefühl, als drohte das Gewicht des ganzen Hauses ihn zu erdrücken.
Er saß in der Falle und schaute die beiden Personen an. Oder sollte er lieber ›Wesen‹ sagen?
Canfields Augen flackerten und wandten sich ab. »Tut mir Leid, Jack«, murmelte er. »Es ist nichts Persönliches. Eigentlich mag ich Sie sogar. Aber hier führt Melanie den Befehl.«
»Tatsächlich?«, erklang eine Stimme von der Kellertreppe. »Seit wann?«
Jack erkannte die Stimme, aber es war Canfield, der ihn ankündigte. »Das klingt wie Professor Roma! Professor, ich habe den ganzen Tag versucht, Sie zu erreichen!«
Melanie hingegen war plötzlich ganz aufgeregt. »Er ist nicht Professor Roma!« Ihre Stimme nahm einen fast unterwürfigen Ton an. »Er ist Der Eine!«
Canfield verschlug es den Atem. »Der Eine? Er ist Der Eine?«
Jack fuhr herum und schaute die Treppe hoch, wo Roma in der Türöffnung stand, wie immer mit dem Affen auf der Schulter.
»Der Eine was?«, fragte Jack.
»Der Eine, der bald der Herr und Meister dieser Welt sein wird«, erklärte Melanie.
»O Bruder«, murmelte Jack.
Roma sagte: »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, Melanie.«
»Dieser Mann wird auf der anderen Seite gewünscht, Sir«, sagte Melanie. »Einige Entitäten dort finden, sie hätten mit ihm noch eine Rechnung zu begleichen.«
Jack gefiel das ganz und gar nicht.
»Tatsächlich?« Roma klang wie ein Chefkoch, dem soeben mitgeteilt wurde, dass einige Gäste der Meinung wären, er sollte ein wenig mehr Schokolade in seine Mousse mischen.
»Ja, sie…«
Ihre Antwort wurde von entsetzten Schreien abgebrochen, dann von einem Schusswechsel – ein halbes Dutzend Pistolenschüsse, die aus dem Loch heraufhallten. Darüber begann die Kuppel des Miniturms zu qualmen.
»Was ist los?«, wollte Jack wissen.
Roma sagte: »Ich denke, James und Miles haben die Antworten, die sie suchen, endlich gefunden… aber sie dürften ihnen nicht gefallen.«
Weitere Schüsse. Jack bemerkte, dass die Strickleiter zu vibrieren begann. Die Rufe verwandelten sich in qualvolle Schreie… und dann hing die Leiter still.
Über der Öffnung begannen die Beine und Verstrebungen des Tesla-Apparats zu glühen. Jack spürte die zunehmende Hitze.
»Sie haben außerdem die schmerzhafte Wahrheit erfahren«, sagte Melanie und schaute zur Öffnung, »dass die Andersheit für gewöhnliche Menschen keine Verwendung hat.« Sie drehte sich wieder zu Jack um. »Außer für Sie.«
Jack zerrte vergeblich an seiner Kette und versuchte, seine Angst in Wut zu ertränken. »Warum, verdammt? Ich habe letzte Woche das erste Mal von diesem Andersheit-Quatsch gehört!«
»Ja«, sagte Roma – oder Der Eine. »Warum?«
»Die Andersheit-Kreaturen – man kannte sie als Rakoshi, Rakshashi und unter zahlreichen anderen Namen. Sie waren
Weitere Kostenlose Bücher