Handyman Jack 04 - Tollwütig
Stille. Ein Räuspern ertönte, dann erklang eine vertraute Stimme. Doch sie gehörte nicht Doug.
»Hier ist Dr. Monnet.«
»Oh, Dr. Monnet… guten Morgen.«
Nadia lehnte sich auf dem alten Sofa ihrer Mutter zurück und gab sich Mühe, ihre unendliche Enttäuschung zu verbergen. Sie hatte Dougs Telefonnummer stundenlang vergeblich gewählt – ehe sie zur Ambulanz aufgebrochen war und während sie dort ihren freiwilligen Dienst versah –, aber das Besetztzeichen vom Vortag war durch eine Computerstimme ersetzt worden, die mitteilte, dass dieser Anschluss vorübergehend außer Betrieb sei.
»Guten Morgen«, sagte er. »Ich hoffe, ich störe Sie nicht.«
»Überhaupt nicht. Ich bin gerade aus der Ambulanzstation zurückgekommen.«
Und habe mir so sehr gewünscht, du wärest jemand anders.
»Das nenne ich Engagement.«
»Nun ja, wir wissen beide, dass Krankheiten wie Diabetes sich nicht um nationale Feiertage scheren.«
»Das stimmt.« Er räusperte sich. »Ich war mir nicht sicher, ob Sie heute im Labor sein würden.«
»Ich hatte es eigentlich nicht vorgehabt.«
In Wirklichkeit hatte sie hinfahren wollen, aber nur um die Berzerk-Probe aus dem Imager zu nehmen. Danach würde sie möglicherweise nicht mehr dorthin zurückkehren, zumindest so lange nicht, wie sie keine einleuchtende Erklärung dafür erhalten hatte, weshalb die inerte Form einer auf der Straße gehandelten Droge der inerten Form eines Moleküls entsprach, das sie stabilisieren sollte.
Und dann kam ihr ein erschreckender Gedanke. »Sind Sie gerade dort?«
»Ja. Ich war zufällig in der Nähe. Ich dachte, wenn Sie hier gewesen wären, hätten wir über Ihre Fortschritte reden können.«
Ihr Herz raste plötzlich. Sie hätte niemals damit gerechnet, dass Dr. Monnet am Memorial Day in der Firma auftauchen würde. Sollte sie hinfahren? Nein, unmöglich. Erst müsste sie mit Doug reden und sich überzeugen, dass mit ihm alles in Ordnung war.
»Ich… ich habe noch etwas vor.«
»Oh, ich verstehe. Verzeihen Sie, aber haben Sie…?« Seine Stimme schien zu versagen. »Haben Sie ›Doug‹ gesagt, als Sie sich meldeten?«
Ja… Doug. Sehnsucht machte ihr plötzlich das Herz schwer. Wo bist du?
Und jetzt, nachdem sie Dr. Monnet am Samstag eine lange Geschichte darüber aufgetischt hatte, dass sie eigentlich nur oberflächliche Bekannte waren, wie sollte sie das erklären?
»Ja. Er hatte mich gestern zum Essen eingeladen und ist nicht erschienen. Und jetzt ist sein Telefon außer Betrieb. Ich mache mir Sorgen.«
»Weil er ein alter Freund ist.«
Nadia war sich nicht sicher, ob das eine Feststellung oder eine Frage war. Ganz gleich was, Dr. Monnets Stimme drückte aufrichtige Sorge aus.
»Ja«, sagte sie. »Ich glaube, ich werde mal hinfahren und selbst nachschauen.«
»Halten Sie das für klug?«
Eine seltsame Frage. »Wie meinen Sie das?«
»Ich erwarte Sie dort.«
»Nein. Das ist wirklich nicht nötig. Außerdem ist es ziemlich weit. Er wohnt in einem Viertel, das DUMBO genannt wird.«
»DUMBO?«
»Ja. Es befindet sich in Brooklyn – Down Under the Manhattan Bridge Overpass.«
»Das macht nichts. Douglas Gleason ist ein wichtiger und wertvoller Angestellter. Ich bestehe darauf. Nennen Sie mir seine Adresse.«
Nadia wusste nicht, was sie sonst hätte tun sollen. Sie gab ihm die Adresse, und er versprach, sie dort zu treffen.
Diese seltsame Entwicklung verwirrte Nadia, aber wenigstens verließ Dr. Monnet das Labor. Er hatte nichts von dem Berzerk im Imager erwähnt, was wohl bedeutete, dass er nicht nachgeschaut hatte. Irgendwann im Laufe des Tages würde sie dort hinkommen und aufräumen.
Doch zuerst musste sie sich um Doug kümmern… Die Sorge um ihn ließ alles andere in den Hintergrund treten.
2
Luc stand vor dem Apartment mit der Klinkerfassade in der Water Street. Es unterschied sich in nichts von den anderen Gebäuden des Blocks. Er schaute hoch zur dunklen Unterseite der Manhattan Bridge. Er konnte das Dröhnen des Verkehrs hören, der über die Brücke rollte. Eine seltsame Wohngegend, aber irgendwo musste man schließlich leben, sagte er sich. Vielleicht machte der Anblick der City bei Nacht vieles wett.
Er war schon zu Gleasons Wohnung hinaufgegangen. Er hatte geklopft und gegen die Tür gedrückt, aber sie war verriegelt. Schade. Er war nicht gerade scharf darauf, Gleasons Leiche zu sehen, aber wenn er in die Wohnung hineingelangt wäre, hätte er wenigstens selbst die Leiche finden und Nadia den Schock
Weitere Kostenlose Bücher