Handyman Jack 04 - Tollwütig
hatte. Möglich, dass sie ihre Zulassung als Ärztin zurückerhielt, wenn sie eine Entziehungskur abgeschlossen hatte, aber ihr Ruf als zuverlässige Ärztin wäre für immer ruiniert.
Bin ich wirklich schon so tief gesunken?
Luc raffte seine letzten Energiereserven zusammen und erhob sich. Er kehrte zur Kaffeemaschine zurück und nahm Nadias Tasse hoch. In der Damentoilette gab es ein Waschbecken. Er würde die Tasse ausspülen, die Tabletten aus der Schublade holen und alles so hinterlassen, wie er es vorgefunden hatte. Und dann würde er sich einen anderen Weg ausdenken, dieses Problem zu lösen.
Er ging in Richtung Tür und blieb dann stehen.
Welchen anderen Weg gab es überhaupt?
Wie könnte er sie anders davon abhalten, GEM zu beschuldigen, als noch einmal Prather anzurufen und ihn um Mithilfe zu bitten? Das wäre genau das, was Kent und Brad wünschten. Wie Kent gesagt hatte: Sobald man einen Tod in Auftrag gegeben hatte, fiele es einem beim zweiten Mal viel leichter. Und ein Dritter – nämlich Nadias – würde den beiden nicht eine einzige schlaflose Minute bereiten. Doch an seinen Händen klebte schon genug Blut.
Er starrte in Nadias Tasse. Das Konzentrat war jetzt fast vollständig eingetrocknet. Auf gewisse Art und Weise war Loki das bei weitem geringere Übel. Es würde zwar ihre Zukunft grundlegend beeinträchtigen, aber sie bliebe wenigstens am Leben. Und sie hätte immerhin die Aussicht auf eine Karriere, wenn auch eine mühseligere und unbedeutendere.
Eigentlich konnte man sagen, dass er Nadia das Leben rettete.
Indem er sich an diesen Gedanken klammerte wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring, stellte Luc die Tasse zurück an ihren alten Platz neben der Kaffeemaschine, knipste die Beleuchtung aus und eilte zur Tür.
Er musste jetzt schnellstens packen.
6
Milos schlenderte um den Pool, führte sich auf wie ein Gastgeber, lauschte jedoch wachsam… er achtete besonders auf das rhythmische Dröhnen eines Helikopters, der sich am nächtlichen Himmel vielleicht seinem Haus näherte.
»Lächelt«, befahl er einem Trio eleganter Hispanier in bunten Guayabaras. Er hatte sie aus einem seiner Bordelle in Harlem herbringen lassen. »Tut so, als hättet ihr euren Spaß. Es soll so aussehen, als wäre Freitagabend vor dem Überfall.«
Sie lächelten und hoben gehorsam die Gläser mit Ginger Ale, um ihm zuzuprosten. Wenn die offizielle Party vorbei war, hätten sie noch ausreichend Gelegenheit, auf etwas Gehaltvolleres umzusteigen.
Jeder, der das Freitag-Fiasko miterlebt hatte, war zugegen. Milos hatte sie alle eingeladen und ihnen versprochen, sie würden sich an dem Mistkerl rächen können, der den Müll auf sie abgeladen hatte. Bis auf den letzten Mann hatten alle begeistert zugesagt.
Milos nahm befriedigt zur Kenntnis, dass ihre Hemden sich unter den Achselhöhlen verräterisch wölbten. Er klopfte dem einen oder anderen wohlwollend auf die Schultern und setzte seinen Rundgang fort.
Milos’ Männer hatten den größten Teil des Tages damit zugebracht, Haus und Garten so gründlich wie möglich zu säubern. In der Luft lag noch immer ein durchdringender Ölgeruch. Milos raste innerlich vor Wut darüber, wie sehr das klebrige Zeug die Terrassen und Gartenwege verschmiert hatte. Der gesamte Bereich müsste mit einem Hochdruckreiniger abgespritzt werden. Aber das käme erst später. Für das, was er für diesen Abend geplant hatte, brauchte das Anwesen nicht in perfektem Zustand zu sein.
Zusätzlich zu den Gästen von Freitag hatte er weitere Männer hergeholt, sie mit Schrotflinten und Präzisionsgewehren ausgerüstet und in den Gebüschen stationiert. Sie konnten es kaum erwarten, sich bei ihrem unbekannten Gegner zu revanchieren.
Er rieb sich nervös die Hände und fragte sich, mit was diese Verrückten ihn an diesem Abend bewerfen würden. Egal. Er wäre bereit für sie – bereit, den ersten Schlag auszuführen und ihren Angriff von vornherein zu unterbinden.
Aus diesem Grund hatte Milos die Light Show und die Musik ausgeschaltet, damit er den Helikopter so früh wie möglich hörte. Seine Anweisungen klangen einfach: Es wird nicht geschossen, ehe ihr den Hubschrauber seht, aber wenn ihr schießt, dann mit eurer gesamten Feuerkraft.
Die Stimme am Telefon hatte ihn gefragt, ob er daran denke, »die Behörden zu alarmieren«. Ich, Milos Dragovic, soll die Polizei benachrichtigen wie irgendein ganz gewöhnlicher Bürger, der seine eigene Probleme nicht selbst lösen kann?
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