Handyman Jack 08 - Der schwarze Prophet
zusammentrommeln und eine Suche vom einundzwanzigsten Stock abwärts organisieren. Wenn es sein musste, würde er auch ein Rudel Bluthunde loslassen. Niemand verschwand hier während seiner Wache. Niemand!
Der Fahrstuhl meldete sich hinter ihm mit seinem Klingelzeichen. Er hörte, wie die Türen auf glitten.
Geistesabwesend drehte er sich um und ging darauf zu. Zu spät begriff er, dass ihn keine Kabine erwartete, sondern nur ein Bündel Kabel und ein leerer Schacht.
Er stieß einen entsetzten Schrei aus, als er in den Abgrund kippte. Sein Herz raste, während er mit den Armen ruderte, um sich am Türrahmen festzuhalten.
Die Finger seiner rechten Hand erfassten gerade noch den Rand der Türfüllung. Das war nicht viel, um ihn zu halten, doch es reichte aus, um seine Vorwärtsbewegung zu stoppen. Er hing dort, starrte auf das Dach der Kabine zehn Stockwerke unter ihm und begann dann, sich zurückzuziehen. Er wollte sich gerade zu seinen schnellen Reflexen beglückwünschen, als von links ein Arm auftauchte, seine Jacke packte und ihn ins Leere riss.
Er brüllte, drehte sich um die eigene Achse und ruderte mit den Armen, während er schon stürzte. Er drehte sich jedoch weit genug herum, um die Schwelle der Türöffnung zu packen, erst mit der einen, dann mit der anderen Hand. An den Fingerspitzen hing er dort, trat wild mit den Füßen um sich auf der Suche nach einem Vorsprung, einer Strebe, sogar nach einem losen Ziegel, nach irgendwas, das sein Gewicht tragen würde.
Doch er fand nichts dergleichen.
Und dann kam eine Bewegung rechts von ihm. Ein Mann schwang sich aus dem Fahrstuhlschacht in den Flur und ging vor ihm an der Schachtkante in die Hocke. Jensen schaute ihm ins Gesicht und erkannte ihn. Sogar mit einem primitiven falschen Bart und der tief heruntergezogenen Strickmütze und seinen schmutzigen Kleidern erkannte ihn Jensen.
Farrell-Amurri-Robertson-Werauchimmer.
Der Mann.
»Helfen Sie mir!«, sagte Jensen und bemühte sich, nicht zu schreien. Er hasste es, diesen Hurensohn anzuflehen, aber … »Bitte!«
Dann blickte er nach oben und sah diese Augen, braun und kalt wie die Erde am Grund eines Grabes, und er wusste, dass er so gut wie tot war.
»Bitte?«, wiederholte der Mann mit leiser Stimme, die kaum mehr war als ein Flüstern. »Ist es das, was Jamie Grant gesagt hatte, als Sie ihr den kleinen Finger abschnitten?«
Jensens Eingeweide verkrampften sich und sandten eine Woge des Schreckens durch seinen Leib.
Wie konnte er das wissen? Wie war es möglich, dass er es wusste?
Und nun hatte dieser Mann plötzlich ein Messer in seiner mit Latex umhüllten Hand. Er klappte es auf.
»Oh, bitte! Oh, bitte, nicht!«
»Ich wette, Jamie hat auch das gesagt. Aber wie wäre es, wenn ich das Gleiche auch mit Ihnen täte?
Wenn ich zum Beispiel Ihre Finger abschneiden würde, immer schön einen nach dem anderen?«
Er zog die Klinge sacht über den Knöchel des rechten kleinen Fingers, dann über den linken. Die stählerne Liebkosung erzeugte in Jensens gepeinigten Armen ein heftiges Zittern.
»Bitte!«
»Machen wir das Ganze doch zu einem Spiel. Was meinen Sie, wie viele Finger Sie entbehren können, ehe Sie sich nicht mehr halten können? Ich tippe auf drei – ein kleiner Finger auf jeder Seite, und dann, wenn Sie den Ringfinger, sagen wir auf der linken Seite verlieren, dann stürzen Sie ab. Sie sind zwar ein starker Mann, Jensen, aber Sie sind auch schwer.« Er nickte und lächelte – es war kein freundliches Lächeln. »Ja, ich glaube, drei reichen aus.«
»Nein! Nein, bitte!«
Die Augenbrauen ruckten hoch. »Nein? Okay.
Wenn Sie es sagen, dann eben nein.«
Und dann, wunderbarerweise, klappte er das Messer zu und lehnte sich zurück.
Meinte er es ernst?
»Hey«, sagte der Mann, »das mit dem Amputieren war nur ein Scherz. Ich hatte nicht die Absicht, so etwas zu tun.« Er holte mit dem rechten Bein aus.
»Dazu habe ich gar nicht die Zeit!«
Das Bein schoss vor, Jensen sah eine Gummisohle dicht vor seiner Nase auftauchen. Seine linke Wange war eine einzige Schmerzexplosion. Der Tritt riss seinen Kopf nach hinten, und das reichte aus, den Halt an der Schachtkante zu verlieren.
Seine Finger rutschten ab und schnappten nach leerer Luft. Er stieß einen Schrei aus, während er nach hinten kippte.
Jack verfolgte, wie Jensens taumelnder, wirbelnder Absturz auf Kabine eins ein schnelles Ende fand.
Er hatte sich in der Luft gedreht, so dass er auf dem Gesicht landete, dabei das Dach einbeulte
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