Handyman Jack 08 - Der schwarze Prophet
darüber vorbereiten, was für ein netter, liebenswerter und wunderbarer Mensch Jensen gewesen war.
Ach ja. Er müsste auch Jensens vollständigen Namen heraussuchen. Schließlich sollte er den Vornamen des Mannes kennen, dessen Verlust er nun öffentlich betrauerte.
8
Der Radiowecker holte Jack um Punkt neun Uhr aus dem Schlaf. Er lag im Bett und hörte sich die Meldung über einen Mord in der Bronx und einen tödlichen Unfall im Tempel der Dormentalisten in Midtown an. Die Erinnerung an Jensens tote Augen, die ihn während der Fahrstuhlfahrt in die Lobby vom Dach der Liftkabine aus angestarrt hatten, verdrängte er und ging an die Arbeit.
Nur mit Boxershorts und T-Shirt bekleidet, holte er sein X-Acto-Messer hervor und setzte sich an den runden, klauenfüßigen Eichentisch in seinem Wohnzimmer. Er streifte sich ein Paar Latexhandschuhe über – Mann, er verbrauchte sie so schnell wie Kaugummi – und machte sich ans Werk.
Er holte den Stapel Cordova-Fotos aus dem Umschlag und blätterte sie ein zweites Mal durch. Dass er sie bereits kannte, machte die vor ihm liegende Aufgabe keinen Deut weniger unangenehm. In der vergangenen Nacht, während Cordova bewusstlos gewesen war, hatte Jack sie in drei Stapel sortiert: Brady allein, Brady beim Aufsetzen der Maske und der maskierte Brady mit den Jungen. Er hatte den beiden ersten Stapeln wahllos je ein Foto entnommen, doch es hatte eine Weile gedauert, aus dem dritten Stapel drei Schnappschüsse herauszusuchen, auf denen die Jungen die Gesichter von der Kamera abwendeten. Er hatte die Streifen abgeschnitten, auf denen die Kamera das Datum und die Uhrzeit einkopiert hatte, und sie bei Cordova zurückgelassen.
Nun jedoch, beim zweiten Durchblättern der Stapel, suchte Jack die schlimmsten Exemplare aus und schnitt dann mit dem X-Acto-Messer die Gesichter der Jungen heraus. Es war überhaupt nicht nötig, dass sie diese Episode für den Rest ihres noch jungen Lebens verfolgte. Auch diesmal entfernte er Datumund Uhrzeitangaben.
Danach steckte er die Fotos in einen FedEx-Umschlag und fügte einen Brief hinzu, den er von Cordovas Bürocomputer hatte ausdrucken lassen.
Wenn Sie diese Nachricht lesen, bin ich tot, und dies ist der Mann, der es getan hat. Bitte, lassen Sie diese Bilder nicht ungenutzt verschwinden.
Richard Cordova
Er klebte den Umschlag zu und adressierte in an The Light. Als Absender schrieb er eine Phantasieadresse auf den Umschlag.
Dann griff er nach seinem Mobiltelefon, um das erste von zwei unbedingt notwendigen Telefongesprächen zu führen. Die Auskunft verband ihn mit der Pennsylvania State Police. Als er angab, er wolle ein Verbrechen melden, wurde er weiterverbunden.
Dem Beamten erklärte er dann, sie müssten eine bestimmte Farm aufsuchen, wo eine Betonsäule vergraben sei, in deren Innerem sich die sterblichen Überreste der in New York City vermissten Reporterin Jamie Grant befänden. Er schilderte außerdem, wo genau die Gussform der Säule zu finden sei und dass die Symbole auf der Säule ausnahmslos der Dormentalist Church zuzuordnen seien.
Der Beamte wollte wissen, wer er sei und woher er das alles wisse.
Von wegen.
Der zweite Anruf galt der Frau, die er bislang nur unter dem Namen Roselli kannte. Sie meldete sich schon nach dem zweiten Klingeln.
»Guten Morgen, Jack.«
Das verblüffte ihn. Sein Telefon war nicht unter irgendeinem Namen gemeldet. Selbst wenn sie über eine Anrufer-Identifikation verfügte, wie konnte sie …?
Vielleicht erkannte sie seine Nummer wieder. Oder sie brauchte keinerlei elektronische Hilfe.
»Guten Morgen. Fühlen Sie sich heute gut genug, um Besuch zu empfangen?«
»Ja. Endlich. Wenn Sie wollen, können Sie rüberkommen.«
»Ich will. In einer halben Stunde bin ich bei Ihnen.«
Er zog sich an, tauschte die Latexhandschuhe gegen Exemplare aus Leder aus und verließ seine Wohnung. Er hatte den Express-Umschlag in der Hand und Anyas Rückenhaut in einer Tasche seines Mantels. Den einen Gegenstand würde er unterwegs aufgeben. Und der andere Gegenstand war zum Zeigen und Erklären – er würde ihn der alten Dame zeigen, und sie würde ihm alles erklären.
Das hoffte er.
9
Gia stand an der Ecke Second Avenue und Fiftyeighth und wunderte sich, wie gut sie sich heute fühlte. Sie hatte sich offensichtlich wieder erholt und war voller Energie und Tatendrang. Sie hatte an diesem Morgen sogar wieder zu malen begonnen.
Aber nun brauchte sie frische Luft. Es war das erste Mal seit fast einer Woche, dass
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