Handyman Jack 08 - Der schwarze Prophet
namens Michael arbeitete als Capital Campaign Consultant – im alltäglichen Sprachgebrauch ein professioneller Spendenberater – und war ungewöhnlich oft außer Haus. Sie hatte den Verdacht, dass er nebenbei noch andere »Interessen« verfolgte, und wollte, dass Richie entsprechende Recherchen durchführte.
Mikeys letzter Job bestand darin, Geldspenden für die Renovierung der St. Joseph’s Church auf der Lower East Side aufzutreiben. Mit der Kamera im Anschlag heftete sich Richie an seine Fersen und stellte fest, dass er tatsächlich zu St. Joe’s fuhr – aber nicht nur zum Spendensammeln. Es schien, als hätte er ausgerechnet eine der Nonnen zu einer ganz speziellen Art von Wohltätigkeit animieren können.
Richie schoss von dem Paar ein paar Bilder »in flagrante delicto«, wie es so schön heißt, und wollte sie schon der Ehefrau präsentieren, als ihm klar wurde, dass er wahrscheinlich auf eine Goldader gestoßen war. Eine Nonne zu erpressen wäre vermutlich das Gleiche, als wolle man von einem Greenpeace-Anhänger ein Walsteak kaufen. Doch diese Nonne war eine der leitenden Repräsentanten in dem Spendenprojekt. Deshalb waren sie und Mikey sich auch so nahe gekommen. Eine Menge Cash floss durch die Hände der frommen Lady, und diese Fotos könnten sozusagen das Ventil sein, um diesen Strom anzuzapfen.
Daher erzählte Richie der lieben Ehefrau, dass ihre bessere Hälfte tatsächlich dorthin ging, wo er zu sein beteuerte – er zeigte ihr als Beweis Fotos, auf denen er an den fraglichen Tagen St. Joe’s betrat oder verließ –, und versicherte ihr, er habe im Verhalten ihres lieben Ehegefährten nichts Verwerfliches feststellen können.
Er setzte auch Mikey unter Druck. Gewöhnlich arbeitete er nach einer festen Regel. Verwende niemals irgendwelches Material gegen einen Klienten. Das kam nicht in Frage. Er musste sich seinen Ruf erhalten und dafür sorgen, dass ihn zufriedene Klienten weiterempfahlen.
Doch Mikey hatte keine Ahnung, dass der Typ, der bei ihm abkassierte, in Wirklichkeit von seiner eigenen Ehefrau angeheuert worden war.
Denn eine andere Regel besagte, das Ganze anonym durchzuziehen. Die Kuh, die man molk, durfte niemals ihren Melker zu Gesicht bekommen oder seinen Namen erfahren.
Auf diese Weise wurde Mikey Metcalf die zweite Kuh auf dieser besonderen Weide.
Bis vor zwei Monaten hatte Richie auf der Anonymitätsskala stets einen ziemlich hohen Wert erreicht. Dann, eines Abends im September, war er von Hurley’s nach Hause gekommen und hatte einen seltsamen Geruch wahrgenommen. Er war nach oben in den dritten Stock gerannt und hatte feststellen müssen, dass irgendein Verrückter Säure über den gesamten Inhalt seines Aktenschranks verschüttet hatte. Der Kerl hatte außerdem über das Dach des Nachbarhauses flüchten können.
Die einzige Erklärung war, dass eine seiner Kühe herausgefunden hatte, wer er war. Richie hatte seine gesamte Fotogalerie verbrannt – er hatte diesen Schritt gehasst, doch es waren eindeutige Beweisstücke für den Fall, dass jemand mit einem Durchsuchungsbeschluss vor seiner Tür erscheinen sollte. Anschließend hatte er sein Nebengeschäft in sein offizielles Büro verlagert. Seitdem begleitete ihn das Gefühl, dass ihm ständig jemand im Nacken saß.
Er war ein wenig außer Atem, als er die Mauer erreichte, die den Zoo umgab. Ein fahrbarer Hotdogstand übte einen fast magischen Reiz auf ihn aus, doch er widerstand der Versuchung und setzte seinen Weg fort. Später.
Zuerst musste er die Nonne anrufen.
Irgendwie spaßig, eine Nonne am Haken zu haben.
Damals in der Grundschule hatten ihn die Pinguine – Nonnen waren damals von Kopf bis Fuß in schwarze Trachten gehüllt – ständig auf dem Kieker gehabt und ihm ganze Serien von Kopfnüssen verpasst, wenn er sich danebenbenahm. Nicht dass ihn das für sein ganzes restliches Leben geschädigt hätte. Das war lächerlich. Tatsächlich konnte er sich an kein einziges Mal erinnern, dass er nicht verdient hatte, was er an Strafe bekam. Dadurch war der Umgang mit ihnen jedoch keinen Deut weniger ärgerlich.
Nach einer Weile wurde die Nonnen-Nummer zu einem beliebten Spiel. Strafen wurden so etwas wie Ehrenzeichen. Wenn man sich von ihnen nicht regelmäßig ein paar hinter die Ohren einfing, war man ein Weichei.
Er vermutete, dass diese Erpressungsgeschichte eine Art Revanche war. Er suchte den nächsten freien Münzfernsprecher und befeuchtete mit der Zungenspitze seine Lippen, während er die Nummer
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