Handyman Jack 10 - Der Erbe
es eine Insel vor der Küste von Massachusetts war, irgendwo in der Nähe von Martha’s Vineyard. Aber in Kürze würde er mehr darüber wissen.
7.
Der Kerl kam zurück und hockte sich vor ihn hin. Er wedelte ihm mit einem Zettel vor der Nase herum. Durch den Schleier aus Schmerzen erkannte Miller ein Fährticket.
Scheiße.
»Sie ist also auf Nantucket. Würdest du mir vielleicht verraten, wo da?«
»Fick dich.« Es klang eher wie ein Stöhnen.
»Ich habe nicht vor, ihr etwas anzutun – ganz im Gegenteil. Anders als du kämpfe ich nicht gegen Frauen und Kinder. Ich werde sie so oder so finden. Du kannst es einfacher machen, indem du mir sagst, wo sie ist.«
»Das soll wohl ein Witz sein. Warum zum Teufel sollte ich das tun?«
»Weil es vielleicht hilft, das ungeschehen zu machen, was du angerichtet hast.«
Ungeschehen machen? War der Kerl irre?
»Auf keinen Fall.«
Der Kerl hob die Pistole in seiner anderen Hand – Millers eigene H&K – und sagte: »Dann nützt du mir nichts.«
Miller hatte gewusst, dass das kommen würde. Zu seiner Überraschung verspürte er keine Angst. Vor Folter fürchtete er sich. Ein schneller und sauberer Tod – das war nicht so schlimm. Er hatte geschworen, für den Oculus zu sterben, falls das nötig sein sollte. Jetzt war es nötig.
Er blickte dem Kerl in die Augen und sagte: »Die Dinge sähen ganz anders aus, wenn wir fair gekämpft hätten.«
Der Kerl wirkte betrübt. »So etwas wie fair gibt es nicht. Du solltest das am besten wissen.«
Er sah, wie sich die Mündung auf sein Gesicht richtete.
Er sah die kalten Augen dahinter.
Er sah das Mündungsfeuer.
Dann sah er nichts mehr.
Nie mehr.
8.
Jack hatte gehofft, es wäre eine größere Genugtuung, auf Millers frischen Leichnam hinabzublicken. Aber er fühlte nichts – innerlich war er wie tot und da war nur noch Platz für Trauer, Verlust und Wut.
Er richtete sich auf und sah sich um. Es wurde Zeit, sich vom Acker zu machen.
Er räumte auf, sammelte die drei ungezündeten Bomben wieder ein, dann den mit Zeitungsschnipseln gefüllten Rucksack und den batteriebetriebenen Timer aus dem Kleiderschrank. Er hatte ihn von Russ umprogrammieren lassen, dass er in einer Endlosschleife von zehn nach null herunterzählte. Jeder, der ihn sah, musste denken, in den nächsten Sekunden würde alles in die Luft fliegen. Die Sprengsätze und der Timer wanderten in den Rucksack, ebenso das Notebook. Er ging nach draußen und sah sich um. Alles war ruhig.
9.
Zurück im Krankenhaus ließ er die Waffen im Auto für den Fall, dass der Sicherheitsdienst seine Warnung ernst genommen hatte. Er hatte: Sie schickten ihn durch einen Metalldetektor, bevor er nach oben durfte. Gute Entscheidung.
Er fand Doktor Stokely im Schwesternzimmer, wo sie Eintragungen in Patientenakten vornahm.
»Kann ich auf gute Nachrichten hoffen?«
Mit grimmiger Miene schüttelte sie den Kopf. »Ich wünschte, ich hätte gute Nachrichten für Sie, Mr. Westphalen.«
»Nennen Sie mich Jack.«
»Wie Sie wünschen. Was ich wünschte, wäre, dass ich Ihnen sagen könnte, es gäbe keine Veränderungen in Gias und Vickys Zustand, aber …«
Er musste sich an einer Wand abstützen.
»Oh Gott, nein.«
Sie nickte. »Gia entwickelt die Symptome des Hirnstammvorfalls, vor dem ich Sie ja gewarnt hatte. Und Vicky – nun, wie es scheint, gelingt es uns nicht, die Krampfanfälle in den Griff zu bekommen. Wir haben es mit allem versucht, was uns zur Verfügung steht, und eine Weile scheint das auch zu funktionieren, aber danach setzen dann die Krämpfe wieder ein. Sie ist jetzt ruhig, aber so etwas habe ich noch nie gesehen.«
Das kann ich mir vorstellen, dachte Jack.
»Was passiert, wenn das so weitergeht?«
»Der Status epilepticus lässt ihre Neuronen durchbrennen. Tut mir leid, aber anders lässt es sich nicht beschreiben. Das führt zu einem Zerebralödem und damit dann zu einem Hirnstammvorfall, genau wie bei ihrer Mutter.«
»Das bedeutet Hirntod … so wie bei diesen Wachkoma-Leuten?«
»Nein, das hier ist etwas anderes. Bei einem Wachkoma liegt meistens ein apallisches Syndrom vor. Da ist der Hirnstamm noch intakt und dadurch werden die Basisfunktionen des Gehirns, die den Körper am Leben halten – Blutzirkulation, Atmung und so weiter – aufrechterhalten. Im Fall Ihrer Frau und Ihrer Tochter wäre das nicht mehr der Fall.«
»Das bedeutet …?«
Sie nickte. »Wenn der Zustand weit genug fortgeschritten ist … kompletter Ausfall der lebenswichtigen
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