Handyman Jack 10 - Der Erbe
hölzerne Insel im Gras der Dünen hockte, dann weiter bis zur Wasserlinie. Es war leicht zu erkennen, wo das Land endete und der Hafen anfing: Der Wind hatte den Schnee fast komplett von der Eisfläche gefegt.
Jack drehte sich um und sah zum Wauwinet Inn zurück. Er sah nicht mehr als das Leuchten der Außenlaternen. Das hätte ebenso gut ein gestrandeter Fischkutter mit brennenden Positionslichtern wie ein Hotel sein können.
Er wandte sich wieder der zugefrorenen Wasserfläche zu und spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte, als er nichts als Dunkelheit vor sich sah. Er wusste, in welche Richtung er sich von dem Hotel zum Haus bewegen musste, aber nach wenigen Metern über das Eis würde er das Hotel als Orientierungspunkt aus den Augen verlieren. Ohne eine Peilmöglichkeit konnte er im Kreis laufen, bis er auf dem Eis erfror. Er brauchte einen Kompass, hatte aber keinen mitgebracht – wer hätte diese Situation voraussehen können? – und in der Stadt hatte er keinen gefunden.
Scheiße.
Er konnte sie nur überraschen, wenn er vom Wasser aus kam. Aus der Richtung würden sie niemanden erwarten. Wahrscheinlich erwarteten sie in einem solchen Sturm sowieso niemanden aus irgendeiner Richtung. Aber nach allem, was in der letzten Woche passiert war, dürften sie vollkommen paranoid sein. Sie würden ganz sicher weiter Wachen aufstellen und vor allem die Straße im Auge behalten.
Er starrte auf die undurchdringliche Dunkelheit des Eises hinaus. Es war Selbstmord, ohne Kompass da rauszugehen. Frustriert trat er nach einem losgerissenen Grasbüschel. Gottverdammt!
Es blieb ihm nichts anderes übrig als die Straße. Er konnte die Scheinwerfer des Jeeps ausgeschaltet lassen und sich die Landenge entlangtasten, bis er die Scheinwerfer des Hauses sah – dann konnte er den Rest des Weges zu Fuß gehen – raus auf das Eis und sich dann aus der gleichen Richtung dem Haus nähern, aus der er gekommen wäre, wenn er über das Eis gelaufen wäre.
Ja, das konnte gehen.
Er lief zurück den Abhang hoch zum Parkplatz, startete den Jeep und fuhr auf die Straße. Ohne den Allradantrieb wäre er verloren. Der Asphalt war wie die Rasenfläche des Hotels an einigen Stellen zugeweht, an anderen war alles frei. Aber ungefähr 30 Meter hinter dem Ende der Asphaltpiste musste er auf die Bremse treten.
Eine umgestürzte Kiefer versperrte den Weg.
Jack sprang aus dem Wagen und versuchte sie zur Seite zu schieben, aber sie rührte sich nicht. So, wie sie sich quer über die Straße verkantet hatte, würde er eine Motorsäge brauchen, um daran vorbeizukommen. Und es gab keine Möglichkeiten, sie zu umfahren, es gab ja nicht mal einen befestigten Straßenrand.
Zurück im Jeep hieb er frustriert gegen das Lenkrad und ließ den Kopf nach hinten gegen die Kopfstütze fallen. Wie zum Teufel sollte er …?
Und dann sah er ein paar LCD-Buchstaben an der Deckenkonsole: NO.
Ein Kompass – der Jeep hatte einen eingebauten Kompass.
Er sackte zurück. Und was nützte ihm das? Er konnte ihn ja nicht herausreißen und ihn über das Eis mitnehmen.
Es sei denn …
Wollte er das riskieren?
Er sah keine andere Möglichkeit.
Er legte den Rückwärtsgang ein, wendete und fuhr zurück zum Hotel.
8.
»Rommé.« Diana legte drei Achten und eine Pik-Straße ab der Acht auf den Tisch.
Sie war in ein Sweatshirt der NYU, Jeans und ihre Sonnenbrille gekleidet und sagte es mit wenig Begeisterung. Cal hatte nicht erwartet, dass es den Schmerz ihres Verlustes lindern würde, mit ihm die Zeit totzuschlagen, aber er hoffte, die Ablenkung würde ihn wenigstens dämpfen.
Er lächelte sie an und schüttelte den Kopf. Sie hatte das Spiel gerade erst gelernt – offensichtlich hatte ihr Vater von Kartenspielen nichts gehalten – und trotzdem hatte sie ihn in fünf der letzten acht Spiele geschlagen.
»Das ist Glück. Reines Glück. Na gut, dann zähl mal deine Punkte zusammen.«
Bei der Abrechnung ging er komplett unter. Er hielt sich selbst für einen ganz passablen Kartenspieler, aber seine Stärke hatte immer darin gelegen, seinen Gegner einschätzen zu können. Das war bei Diana nicht möglich – selbst wenn sie die Sonnenbrille nicht getragen hätte, hätte er in diesen schwarzen Augen wohl nichts lesen können.
Sie lehnte sich zurück. »Ich habe Hunger.«
Es war erst halb sechs. Etwas früh, aber er deutete ihren Hunger als gutes Zeichen. In den letzten Tagen hatte sie nicht gerade viel gegessen.
Er streckte den Kopf auf der Suche nach
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