Handyman Jack - Story-Sammlung
dann hat er sich die rechte Hand abgehackt. Den Berichten zufolge war er Linkshänder. Es gibt Anzeichen für eine Lokalanästhesie. Aber das war wohl auch nötig. Ich meine, wenn man sich das eigene Handgelenk abgehackt …«
»Brian!«
»Schon gut. Nachdem er sich die Hand abgetrennt hat, gibt es ein nicht dokumentiertes Zeitintervall von gut einer halben Stunde. Keine Ahnung, was er da gemacht hat. Vielleicht hat er eine Zeremonie durchgeführt oder so was. Danach setzt er sich dann hin, hält den Stumpf in einen Eimer und löst den Druckverband. Ein paar Minuten, dann war’s das. Sehr ordentlich, sehr rücksichtsvoll. Hinterlässt keine Sauerei, die jemand anderes wegmachen müsste.«
Ganz klar durch geknallt, dachte Howard. »Wie kommst du darauf, dass er irgendein Ritual durchgeführt hat?«
»Einfach nur eine Vermutung. Überall im Raum waren Kerzen verteilt und die Gerichtsmedizin sagt, zwischen dem Abtrennen der Hand und dem Eintritt des Todes ist eine halbe Stunde vergangen.«
»Dann habt ihr die Hand also.«
»Ah, nein. Eher nicht.«
Howard spürte ein Ziehen im Magen. »Das ist doch ein Witz.«
»Ich fürchte, nein. Die Spurensicherung hat überall in der Praxis und im Gebäude gesucht. Keine Hand.«
Also hatte sich Lydia keinen schlechten Scherz mit ihm erlaubt. Die Hand war tatsächlich verschwunden. Nun, das stärkte nur sein Argument, dass Dr. Johnson psychisch gestört war und nicht hätte praktizieren dürfen. Ja, er würde den Verwaltungsrat des Krankenhauses definitiv ebenfalls verklagen.
Aber trotzdem machte ihm die fehlende Hand zu schaffen. Er saß da, strich sich den Schnurrbart und überlegte, wo sie sein könnte.
Das Päckchen kam am nächsten Tag.
Chrissie brachte es ungeöffnet an seinen Schreibtisch. Es war von Federal Express zugestellt worden und trug den Vermerk »Persönlich und vertraulich«. Howard ließ sie als Zeugin dabeistehen, während er das Paket öffnete, weil er davon ausging, dass es in Zusammenhang mit einem seiner Fälle stand. Die meisten der so titulierten Sendungen waren weder persönlich noch vertraulich.
Chrissie begann zu schreien, als der Inhalt auf seinen Schreibtisch plumpste. Sie schrie den ganzen Weg zurück bis ins Vorzimmer. Howard starrte auf die Hand hinunter. Sie lag mit der Handfläche nach oben auf seiner Schreibtischunterlage, ein leichenblasses, ausgeblutetes Etwas mit einem zerfaserten fleischig-roten Stumpf. Die Haut war feucht und glänzte im fluoreszierenden Licht. Er sah die Runzeln, die sich über die Handfläche und die Finger zogen, sogar die Verwirbelungen an den Fingerspitzen. Ein leicht säuerlicher Geruch stieg von ihr auf.
Das konnte nur ein Scherz sein; ein Versuch Lydias, ihn aufzurütteln. Aber das würde ihr nicht gelingen. Das Ding konnte nur eine Fälschung sein. Er hatte diese erstaunlich lebensechten Darstellungen von Sushi und Sukijaki in den Schaufenstern japanischer Restaurants gesehen. Das hatte sogar einen Namen, an den er sich aber nicht mehr erinnern konnte. Das hier musste das Gleiche sein. Kunstvoll modelliertes und koloriertes Plastik. Täuschend echt.
Howard berührte das Teil mit seinem Zeigefinger und spürte, wie ein schwaches Prickeln seinen Arm hochlief und sich über seine Haut ausbreitete. Es dauerte nur einen winzigen Augenblick, dann war das Gefühl verschwunden. Aber in diesem Zeitraum hatte er anhand der Struktur der Haut und dem nachgebenden Fleisch darunter erkannt, dass es sich nicht um Plastik handelte. Die Hand war echt!
Er fuhr hoch und stand zitternd da, wobei er sich die Finger immer wieder an seinem Jackett abwischte und Chrissie zurief, sie solle die Polizei rufen.
Howard kam an diesem Tag erst spät aus dem Büro. Die endlosen Fragen der Polizisten und der Leute von der Spurensicherung hatten seinen Zeitplan völlig durcheinandergebracht. Und dann, als Krönung von alldem, hatte Brian aus der Gerichtsmedizin ihm im letzten Anruf des Tages noch mitgeteilt, dass die Hand aus dem Paket zweifelsohne die des verstorbenen Dr. Walter Johnson sei.
Dementsprechend stand er jetzt unter Schock. Er war aufgewühlt und gleichzeitig todmüde. Und gereizt. Er hatte den hispanischen Parkwächter – Joe oder Gomez oder wie er auch heißen mochte – angeraunzt, in die Gänge zu kommen und seinen Wagen augenblicklich vorzufahren.
Sein roter Porsche 914 dröhnte die Rampe herunter und kam mit quietschenden Reifen neben ihm zum Stehen. Als er an dem Mann vorbeikam und ihm fünfzig Cent
Weitere Kostenlose Bücher