Handyman Jack - Story-Sammlung
Schrotflinte flog polternd davon, dann drehte er sich, fiel und rollte die Stufen hinunter. Nach ein paar Sekunden war es vorbei. Keine Peckinpah-Zeitlupe. Keine grazilen Ballettdrehungen. Schnell, stillos, hässlich, rot. Er schlug mit dem Gesicht voran auf dem Gehweg auf und rührte sich nicht mehr.
Der fette Henry Thompson hatte schließlich doch Rückgrat gezeigt. Und er hatte bekommen, was er wollte. Er würde nicht zurück in den Knast gehen.
Jack drehte sich um und schlenderte davon, wobei er über die am Boden liegenden Zuschauer klettern musste, die zwischen den vor die Augen gelegten Fingern hindurchlinsten und entsetzte Geräusche von sich gaben. Als er sich auf den Heimweg machte, versuchte er die Gefühle in seiner Brust zu ergründen, die sich da wie Riesenklumpen Kitt gesammelt hatten – hart gewordener Kitt. Keine Trauer, und bestimmt keine Freude oder Genugtuung. Eher so etwas wie Düsternis. Eine dunkle Verzweiflung über all die unverbesserlichen Verlierer dieser Stadt. Jene, die durch die Stadt geschaffen wurden, und jene, die von ihr angezogen wurden.
Er kam an einem Abfalleimer an einer Straßenecke vorbei und verpasste ihm einen heftigen Tritt, der der bereits heftig mitgenommenen Oberfläche eine weitere tiefe Beule hinzufügte.
Eine Verschwendung. Eine verdammte, sinnlose, bescheuerte, hirnverbrannte Verschwendung.
Als er vor seiner Haustür stand, wurde ihm bewusst, dass er sein Bier vergessen hatte. Das Sixpack, wegen dem er am frühen Abend die Wohnung verlassen hatte, war schon längst vom Straßenrand verschwunden, wo er es zurückgelassen hatte. Er hätte jetzt wirklich viel für ein Bier gegeben. Und wahrscheinlich fand er auch noch einen 24-Stunden-Kiosk, wo er noch welches bekam.
Nein.
Jack betrat seine Wohnung und schloss die Tür hinter sich ab.
Er konnte das nicht riskieren. So wie die Dinge heute Nacht liefen, würde er es vielleicht nicht wieder nach Hause schaffen.
DER LETZTE RAKOSH
1
»lch weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist«, sagte Gia, als sie vor dem Eingang des Hauptzeltes standen. Ein ausgeblichenes rotgelbes Spruchband flatterte im Wind.
Ozymandias Prathers Kuriositäten-Kabinett
Jack musterte die wenigen Besucher, die sich durch den Eingang drängten. Eine bunte Mischung von biederen Bürgern, die aussahen, als kämen sie gerade aus der Kirche, bis hin zu Gothic-Freaks in voller schwarzer Montur. Aber niemand erschien ihm bedrohlich.
»Stimmt etwas nicht?«
»Das scheint so eine Art Monstrositäten-Ausstellung zu sein.« Sie warf einen bezeichnenden Blick auf Vicky. »Ich weiß einfach nicht.«
Es war deutlich, worauf sie hinauswollte.
»Ehrlich gesagt, ich bin mir auch nicht mehr so sicher.«
»Du?« Gia hob ihre schmalen blonden Augenbrauen. »Wenn du, der nun wirklich der am wenigsten politisch korrekte Mensch ist, den ich kenne, Zweifel anmeldet, dann sollten wir sofort umkehren und nach Hause gehen.«
Jack hatte ein Plakat der Show gesehen und gedacht, das sei vielleicht etwas für Vicks – eine Ausstellung merkwürdiger Dinger und seltsamer Menschen, die schräge Kunststückchen vorführten. Aber er wollte keine Achtjährige in eine Freakshow schleppen. Allein schon der Gedanke an behinderte Menschen, die sich vor anderen Menschen zur Schau stellen, stieß ihn ab. Es war diskriminierend und die Leute, die für so etwas Geld bezahlten, waren seiner Meinung nach genauso krank wie das, was da ausgestellt wurde. Vielleicht sogar schlimmer. Er wollte nicht dazugehören.
»Nach Hause gehen?«, frage Vicky. »Wir sind doch gerade erst gekommen, um uns die Show anzusehen.«
»Ich weiß, Vicky«, begann Gia. »Aber nun, du …«
»Du hast gesagt, wir würden es uns ansehen!« Ihre Stimme wurde weinerlich. Sie wandte sich mit gekränktem Blick an Jack. »Jack, du hast gesagt, wir würden uns supertolle Sachen ansehen!«
Es war ein Blick, den sie sehr gut beherrschte. Sie wusste, dass sie damit bei Jack fast alles erreichen konnte.
»Vielleicht würden ein paar von den Sachen da drin dir Angst machen«, sagte Jack.
»Du hast es versprochen!«
Er hatte es nicht wirklich versprochen, nicht in diesen Worten, aber es gab da einen Deutungsspielraum. Er blickte Gia hilfesuchend an, aber sie schien auf eine Entscheidung von ihm zu warten.
»Na ja«, sagte er zu ihr. »Ich glaube, sie wird das schon verkraften.« Als Gia erneut die Augenbrauen hob, fügte er hinzu: »Nach dem, was letzten Sommer passiert ist, wird ihr so leicht
Weitere Kostenlose Bücher