Handyman Jack - Story-Sammlung
man dann mit einem weinenden Mann machen?
Er war auf dem Heimweg von Gias Haus am Sutton Square zu seiner eigenen Wohnung gewesen und hatte noch mal am St. Moritz angehalten, um seinen Anrufbeantworter abzuhören. Dazu benutzte er nie das Telefon in seiner Wohnung und er streute seine Anrufstellen auch immer so weit es nur irgend ging und rief nie in regelmäßigen Abständen an. Aber wenn er sich am Südende des Central Parks befand, dann ließ er selten eine Gelegenheit verstreichen, aus der Lobby des Plaza oder eines ähnlich teuren Hotels aus anzurufen.
Er hörte Munirs tränenerstickte Stimme. »Bitte … ich weiß niemanden, den ich sonst anrufen könnte. Er hat Robby wehgetan! Er hat meinen Jungen verstümmelt! Bitte helfen Sie mir, ich flehe Sie an!«
Jack konnte nicht sagen, was ihn dazu trieb. Er wollte es nicht, aber einen Augenblick später ertappte er sich dabei, dass er Munir zurückrief, dem hysterischen Mann seine Adresse entlockte und jetzt hier war. Er hatte sich ein Paar dünne Lederhandschuhe übergestreift, als er das Apartmenthochhaus in der Nähe der Vereinten Nationen betreten hatte, in dem sich Munirs Wohnung befand. Er war sich sicher, dass diese Angelegenheit doch bei den Behörden landen würde, und wollte nichts hinterlassen, was auf ihn deuten könnte, vor allem keine Fingerabdrücke.
Munir war so glücklich, ihn zu sehen, so unglaublich dankbar, dass Jack ihn sich fast vom Hals halten musste.
Er geleitete ihn in die Küche und fand da ein schweres Fleischerbeil. Einige tiefe Einkerbungen, die frisch waren, verunzierten die Tischplatte. Schließlich gelang es Jack, ihn zu beruhigen.
»Wo ist er?«
»Da.« Er deutete auf das oberste Kühlschrankfach. »Ich dachte, wenn ich ihn vielleicht kühl genug halten kann …«
Munir sackte am Tisch in sich zusammen und legte die Stirn auf die Arme auf der Tischplatte. Jack öffnete das Gefrierfach und nahm den Plastikbeutel heraus.
Es war ein Finger. Ein Kinderfinger. Der linke kleine Finger. Sauber abgetrennt. Wahrscheinlich mit dem Fleischerbeil auf dem Foto mit dem spezielleren anatomischen Teil des Jungen, das Jack vorher an diesem Abend gesehen hatte.
Dieser Hurensohn.
Und dann war da noch das Foto von der Mutter des Jungen. Und die Zeile darunter.
Jack spürte, wie die Schwärze aus seinem Innern hochwallte. Er drängte sie zurück. Er durfte sich hier nicht hineinziehen lassen. Er durfte das nicht persönlich nehmen. Er drehte sich um und sah, wie Munir ihn anstarrte.
»Sehen Sie das?«, fragte Munir und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Sehen Sie, was er mit meinem Jungen gemacht hat?«
Jack schob den Finger hastig wieder in das Gefrierfach.
»Passen Sie auf. Das hier tut mir wirklich leid, aber es ändert nichts an dem, was ich Ihnen gesagt habe. Sie brauchen immer noch mehr Hilfe, als ein Einzelner Ihnen geben kann. Sie brauchen die Polizei.«
Munir schüttelte heftig den Kopf. »Nein! Sie kennen seine neueste Forderung noch nicht! Die Polizei kann mir dabei nicht helfen! Das können nur Sie! Bitte, hören Sie sich das an!«
Jack folgte ihm einen Flur entlang. Er kam an einem Zimmer vorbei, in dem ein aufblasbares Kampfflugzeug an der Decke hing und eine riesige New-York-Giants-Fahne an die Wand geheftet war. In einem anderen Zimmer wartete Jack, während Munirs zitternde Finger sich mit dem Bandgerät abmühten. Schließlich lief es an. Jack erkannte Munirs Stimme kaum, die dem Anrufer ihre Wut und ihren Abscheu entgegenschleuderte. Dann lachte der andere.
»ANRUFER: Nun, es sieht so aus, als hättest du mein kleines Präsent bekommen.
MUNIR: Sie widerliches, abscheuliches, verkommenes …
ANRUFER: Halt, Muuunir. Wir wollen doch nicht zu persönlich werden. Das hat nichts mit dir und mir zu tun. Das ist eher eine Frage internationaler Diplomatie.
MUNIR: Wie … (ersticktes Schluchzen) wie konnten Sie nur?
ANRUFER: Das war ganz einfach, Muuunir. Ich habe ganz einfach daran gedacht, wie deine Leute meinen Bruder abgemurkst haben, und da ging das wie von selbst. Das ist auch etwas, was du dir von jetzt an hinter die Ohren schreiben solltest.
MUNIR: Lassen Sie sie gehen und nehmen Sie mich dafür. Sie können mich als Gefangenen haben. Sie können … Sie können mich auch in Stücke schneiden, wenn es Ihnen darauf ankommt. Aber bitte, ich flehe Sie an, lassen Sie meine Frau und meinen Sohn gehen.
ANRUFER (lacht): Dich in Stücke schneiden? Muuunir, du kannst wohl hellsehen oder so was. Genau das habe ich
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