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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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nicht beschnitten. Er kicherte, ließ sich auf die Liege sinken und streckte die Hand aus. »Schlange viel Haut und viel Hunger.«
    »Viel neu, groß aufregen«, murmelte die Libyerin. Sie schüttelte den Kopf, glitt auf die Liege und kniete sich zwischen seine Beine.
    »Nach Mitternacht, Herr«, sagte der Wirt bedauernd. »Die Musik ist beendet, und aus der Küche gibt es nur noch Reste.
    Gute Reste, aber…«
    Antigonos winkte ab. »Gute Reste sind gut genug für mich.«
    Er gähnte und folgte dem Punier zu einer Nische.
    Der Speiseraum im Versammlungshaus der Weinhändler war spärlich erleuchtet. Die meisten Tische waren leer; auf ihnen hatte der Wirt die zweischnäbligen Öllämpchen bereits gelöscht, ebenso die meisten der Fackeln und Öllaternen an den weißen Wänden. Das Feuer unter dem großen Bratrost in der Mitte des Raums war niedergebrannt und gab nur noch dumpfrotes Glühen ab, wie die Kohlebecken.
    »Du warst lange fort, Herr.« Der Punier schob den dreieckigen Tisch beiseite; Antigonos ließ sich in den Scherenstuhl sinken und streckte die Beine aus.
    »Ja. Aber nun bin ich zurück. Und hungrig.«
    »Was wir haben, soll dein sein, Herr.« Der Wirt lächelte.
    »Wein?«
    »Etwas Besonderes?«
    Der Punier wiegte den Kopf. »Ein sehr feiner Syrer, ohne große Beimischungen. Geharzter Wein aus Attika, gekalkter aus der Byssatis. Eine neue Züchtung aus der Umgebung von Ityke.«
    »Syrischen, bitte.«
    Der Wirt verschwand. Antigonos lehnte sich zurück und betrachtete die große Neuigkeit, ein kniehohes Podium an einer Seitenwand, umrahmt von Holzsäulen. Instrumente lagen neben den Schemeln.
    Der Wirt kehrte zurück; er brachte eine gläserne Karaffe mit rotem Wein, einen Tonkrug mit Wasser und einen mit dunklem Leder umhüllten Glasbecher.
    »Was ist das für eine Musik, die hier abends gespielt wird?« Der Punier spitzte die Lippen. »Unvergleichlich. Zwei Männer und eine Frau. Sie ist Ägypterin. Alle drei sind Meister auf den Instrumenten. Und die Ägypterin singt wie die Fürstin aller Lerchen.«
    »Jeden Abend?«
    »Bis Mitte des nächsten Monds, ja. Teuer, aber die Gäste sind begeistert.«
    Eine Küchensklavin erschien mit einem tönernen Napf; er enthielt dicke Fischsuppe, in der große Brocken schwammen, mild gewürzt. Der Löffel war aus Elfenbein; der Griff wies kleine Schnitzereien auf. Antigonos begann zu essen, entspannt und mit Genuß; der Wirt brachte eine flache Platte mit warmen Weizenfladen.
    »Das karge Restmahl…« sagte Antigonos; er lächelte.
    Der Wirt breitete die Arme aus. »Man tut, was man für die verehrten weitgereisten Gäste tun kann.«
    »Sind Lager zu bekommen? Ich fürchte, nach dem Mahl werde ich den Heimweg nicht mehr finden.«
    Es kam oft vor, daß Mitglieder der Vereinigung aus verschiedensten Gründen nicht Zuhause, sondern im Versammlungshaus zu schlafen wünschten. Das Recht, einen der Schlafräume zu benutzen, stand jedem zu, der die Vereinigungsbeiträge zahlte – wenn Platz war.
    »Brauchst du Gesellschaft dazu? Ich könnte…«
    Antigonos winkte ab. »Keine Gesellschaft. Nur schlafen.«
    Der Wirt seufzte. »Ein Jammer. Ich habe da eine hellhäutige und hellhaarige junge Makedonin. Oder, wenn du anderes vorziehst, eine gewaltige Elymerin.«
    Antigonos schob den leeren Suppennapf von sich. »Nur essen. Und danach tief schlafen.«
    Die Küchensklavin brachte eine Platte: zwei gebratene Wachteln, gefüllt mit gehackten Krautern und scharf gewürzten gekochten Nierchen, dazu Kohl und Lauch in einer säuerlichen Tunke. Die Nachspeise kam wieder in einem Napf: gequollenes Mehl, vermengt mit frischem Käse und Honig. Antigonos hatte den Napf halb geleert, als von einem der anderen Tische ein Mann aufstand, um zu den Koteimern im Nebenraum zu gehen. Er kam an der Nische vorbei, stutzte, blieb stehen und klopfte dann auf die Tischplatte.
    »Ah. Antigonos. Lange nicht gesehen. Lebst du noch?«
    Es war ein hellenischer Metöke, Mittler eines Handelshauses in Kyrene. Antigonos blickte zu ihm auf und lächelte.
    »Ja, Demetrios. Ich bin endlich wieder zuhause.«
     
    ANTIGONOS KARCHEDONIOS, HERR DER SANDBANK, AN PHRYNICHOS, OIKONOMOS FÜR DEN WESTHANDEL, KÖNIGLICHE BANK ZU ALEXANDREIA BEI ÄGYPTEN
    Gruß, Freundschaft, Mehrung, Dank – o Phrynichos. Wie in meinem letzten Schreiben beschworen und erhofft, dehnen sich die Geschäfte prachtvoll aus. Ich sehe nun, daß es der wichtigste aller guten Einfalle war, deinem Rat zu folgen und vom Händler zum Bankherren zu

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