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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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nicht?«, hakte Daniels nach.
    Jo überlegte für einen Moment. »Sein ursprüngliches Verbrechen war ein Angriff auf ein junges Mädchen. Es war entsetzlich und nicht geplant, aber die Quelle seiner Wut ist eindeutig seine Mutter.«
    »Und was ist jetzt? Überträgt er seine Wut?«
    »Möglicherweise … in seiner Wahrnehmung sind Frauen Huren, sind feindselig, selbstsüchtig und verräterisch. Für Typen wie ihn ist Zurückweisung ein klarer Auslöser. Sie werden wütend und schlagen zu, wann immer ihre Männlichkeit bedroht ist. Unterschätze ihn nicht, Kate. Er mag aussehen und sich benehmen wie ein Schlappschwanz, aber er ist ein Schwein, täusch dich da mal nicht.«
    »Aber warum sollte er wahllos Männer und Frauen umbringen?«
    »Du bist der Detective. Ich bin sicher, du findest es heraus.«
    »Bitte, Jo. Ich komm hier nicht weiter.«
    »Ich kenne nicht alle Antworten, Kate. Das weißt du. Der Kerl war zwanzig Jahre hinter Gittern! Wer weiß, was ihm in der Zeit widerfahren ist. So eine lange Haftzeit mag eine Wut in ihm geweckt haben, deren Größe wir nur erahnen können. Die Leute verändern sich – auch die beschädigten – und nicht immer zum Guten.«
    »Okay … danke für den Einblick.« Daniels sammelte ihre Sachen zusammen. »Ich würde es sehr zu schätzen wissen, wenn das unter uns bliebe. Bright dreht durch, wenn er herausfindet, dass ich den Fall mit dir besprochen habe.«
    Jo sah aus, als hätte sie einen Schlag ins Gesicht erhalten, doch Daniels war schon dabei aufzustehen und bemerkte es nicht. Sie rechnete halb damit, dass Jo sie zum Abschied umarmen würde, als sie ebenfalls aufstand, und war überrascht von ihrem wütenden Tonfall.
    »Schade, dass du dich wohl nie ändern wirst!«
    Daniels fehlten die Worte.
    Jo ging zu ihrem Aktenschrank, legte Forsters Akte wieder zurück und wandte sich dann ihren Bücherregalen zu, auf deren obersten drei Fächern Hunderte von Fachzeitschriften standen, die sie im Lauf der Jahre gesammelt hatte. Auf einem Brett etwas weiter unten entdeckte sie ein ganz bestimmtes Buch: Jean Piagets Das Weltbild des Kindes. Als sie es aus dem Regal nahm, zog sich Daniels der Magen zusammen. Sie erkannte das Titelbild: eine Kinderzeichnung von einem kleinen Mädchen mit unzähligen Sommersprossen. Jo schlug das Buch auf. Darin stand in Schönschrift eine persönliche Widmung. Sie trat zu Daniels und gab es ihr.
    Es tat weh, als Daniels auf ihre eigene Handschrift starrte. Sie hatte das Buch vor vielen Jahren gekauft. Ohne jede Ahnung von Psychologie – abgesehen von dem, was sie auf den Straßen der Stadt beobachtete – hatte sie sich Ewigkeiten im Buchladen herumgedrückt und sich nicht entscheiden können. Am Ende waren es die Sommersprossen gewesen, die den Ausschlag gaben. Wie hatte Jo gelacht, als sie davon erfuhr.
    Nun, jetzt lachte sie nicht.
    »Nimm es!«, sagte sie. »Ich brauch’s nicht mehr.«
    Der Moment der Nähe war vorüber. Es war eine grausame Art und Weise, ihr zu sagen, dass ihre Beziehung zu Ende war. Für immer. Tief verstört ließ Daniels das Buch in ihre Tasche gleiten und ging.

88
    Daniels starrte aus dem Fenster. Gormley vermutete, dass sie ihm nicht die ganze Wahrheit über ihr Treffen mit Jo erzählt hatte. Sie grübelte über irgendetwas nach. Er wusste nicht, was es war, aber er vermutete, dass es nur wenig mit dem Fall zu tun hatte.
    Ein Klopfen an der Tür überraschte sie beide. Maxwell steckte den Kopf durch und bat um ein kurzes Gespräch. Daniels winkte ihn herein, neugierig zu erfahren, was er wollte. Seit seiner Versetzung in ein anderes Team hatten sie nichts mehr von ihm zu sehen bekommen. Sie fragte sich, ob er mit der Mütze in der Hand darum betteln würde, dass er seinen Job zurückbekam. Darauf konnte er lange warten.
    »Was wollen Sie denn hier?« Sie wartete die Antwort nicht ab. »Wenn Sie hier für Martin herumschnüffeln wollen, dann verschwenden Sie Ihre verdammte Zeit.«
    Maxwell runzelte die Stirn, als hätte er nicht die geringste Ahnung, wovon sie sprach.
    »Na? Spucken Sie’s aus, wenn Sie schon hier sind«, bellte Daniels.
    Er gab ihr eine CD. »Ich habe noch mehr Aufnahmen von Jo Soulsby gefunden, während ich an einem anderen Fall gearbeitet habe. Ich denke, Sie sollten sich das mal ansehen, Boss.«
    Gormley schnappte: »Wo waren Sie eigentlich in letzter Zeit? Haben Sie überhaupt nichts mitgekriegt?«
    »Sie ist auf Kaution freigelassen, Neil«, erklärte Daniels. »Wartet nur noch darauf, von allen

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