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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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flackerten. Das Gewitter zog heran. »Oh, mein Gott! Kate? Wie ist er …? Kate?«
    Daniels sah zu Boden.
    »Ist er ermordet worden?« Es schien unendlich lange zu dauern, bis Jo die Information verarbeitet hatte. »Du glaubst doch nicht, dass ich …«
    »Sei nicht dumm!«
    »Aber du bist dir nicht sicher, was?« Jo lachte, dann setzte sie noch eins drauf. »Du denkst im Ernst, ich könnte ihm eine Kugel in den Kopf gejagt haben?«
    Eine unglückliche Wortwahl.
    Misstrauisch zu sein, war Daniels zweite Natur, ein integraler Bestandteil ihrer Persönlichkeit und der Grund, warum sie so gut in ihrem Job war. Andererseits war da auch ihr Sinn für Fairness. Jeder verdiente den Vorzug des Zweifels. Ein Mal. Unschuldig, bis die Schuld bewiesen war, daran war nichts verkehrt.
    Daniels hatte keine Ahnung, wie sie es geschafft hatte, sich in diese üble Sackgasse zu manövrieren, und noch weniger hatte sie eine Vorstellung davon, wie sie da wieder herausfinden könnte. Sie ging zu Jo, berührte sacht ihren Arm.
    Jo rückte weg. »Fass mich nicht an! Was ist da für dich drin, Kate, na? Die haben dir eine Beförderung angeboten, stimmt’s?«
    Schweigen.
    Jo verzog das Gesicht. »Oh, das ist nicht zu überbieten. Die wissen wirklich, welche Knöpfe sie bei dir drücken müssen.«
    Daniels versuchte, ruhig zu bleiben, versuchte zu überlegen, welche Worte jetzt die richtigen wären – und machte alles nur noch schlimmer. »Sieh mal – diesen Fall anzunehmen, hat mich doch erst so richtig reingeritten. Bitte, Jo. Hör mir zu …«
    »Nein. Jetzt hörst du mir zu. Was immer du vorhast …«
    »Ich versuche, dich zu schützen!«
    »Bist du sicher, dass du deswegen hier bist?«
    »Hör auf damit, Jo.«
    »Warum denn? Dein Job kommt zuerst, war’s nicht so?«
    »Das ist unfair!«
    »Was hast du nur immer mit der Polizei? Es ist ein Job, Kate, nichts weiter. Das ist nicht das richtige Leben. Wir waren das, du und ich! Wir hatten etwas Gutes, etwas, wofür sich andere Leute ein Bein ausreißen würden. Aber dir hat das nicht gereicht, nicht wahr? Warum glaubst du, ich …«
    Daniels fiel ihr ins Wort. »Diesmal wird es anders, Jo. Das verspreche ich dir.«
    Jo hätte ihr gern geglaubt. »Ja, nun, ein bisschen spät jetzt.«
    Dass Jo den Klingelknopf drückte, bemerkte Daniels erst, als es zu spät war. Thorburn war der Erste, der zur Tür hereinkam, dicht gefolgt von Schwester Baker, Tom und James. Leise schlüpfte Daniels hinaus – es gab nichts mehr zu sagen.

35
    Das Licht wurde schwächer, als der U-Bahn-Zug in den Tunnel ratterte. Die Frau sah zwar verängstigt aus, aber er wunderte sich doch darüber, wie seltsam die menschliche Natur manchmal war. Sie konnte nämlich nicht anders, musste dauernd sein Spiegelbild in dem schwarzen Fenster anstarren, sich immer wieder der Intensität seines Blickes versichern. Er sah auf den Evening Chronicle hinab, den jemand auf dem Sitz hatte liegen lassen, und las zum wiederholten Mal den Artikel, während die Wut in seinen Eingeweiden kochte.
     
    Nach dem Fund einer männlichen Leiche in einem der Luxus-Apartments an der Quayside am frühen Samstagmorgen ermittelt die Polizei wegen Mordes.
    Ein Pressesprecher sagte, dass es vor Eintreffen des Obduktionsberichtes nicht möglich sei, mitzuteilen, wie der Mann gestorben ist. Es steht allerdings zu vermuten, dass er bereits identifiziert wurde. Chefermittlerin DCI Kate Daniels appellierte heute an mögliche Zeugen, Kontakt mit der Sonderkommission aufzunehmen.
     
    Seine Erregtheit wuchs. Er hätte inzwischen längst einen Besuch erwartet, und die dumme Kuh drückte sich immer noch da draußen herum und bat die Öffentlichkeit um Hilfe. Wie viel verdammte Hilfe brauchte die eigentlich noch? Was für eine leitende Ermittlerin war die denn überhaupt?
    »Die ist ja nicht mal ein verdammter Superintendent!«, murmelte er leise.
    Das Herz der Frau raste. Was hatte er gerade gesagt? Redete er mit ihr? Womöglich war er einer von diesen Psychopathen, von denen man immer wieder las. Wahrscheinlich war er aus irgendeiner Anstalt ausgebrochen und verwechselte sie mit jemandem. Lieber Gott, steh mir bei!
    Sie umklammerte ihre Handtasche fester, zog den Rock über die Knie und schaute sich um. Der Wagen war voll. Lauter junge Leute. Stiegen sie aus? Fuhren sie in ihre Richtung? Sie lachten. Schickten Kurznachrichten los. Beachteten sie nicht. Diese Züge machten sie sowieso ganz nervös. Schon immer. Besonders die U-Bahn. Sie wünschte, sie wäre

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