Hannahs Entscheidung
sie, während sie das Papier auf die Arbeitsfläche legte, um es glatt zu streichen. Bei all der Aufregung um Shane hatte sie vergessen, mit der Werkstatt zu telefonieren. Sie hoffte, dass Joe gute Nachrichten für sie bereithielt.
Zehn Minuten später war Hannah dabei, die Spülmaschine auszuräumen. Teller klapperten, Gläser klirrten, Tassen schepperten.
»Was hat es Ihnen angetan?«
Mit einem Stapel Untertassen in den Händen fuhr Hannah herum. »Tayanita.« Zitternd setzte sie das Porzellan auf der Arbeitsfläche ab. »Was meinen Sie?«
Tayanita lehnte mit verschränkten Armen lächelnd im Türrahmen. »Das Geschirr. Sie veranstalten einen ganz schönen Lärm.«
Hannah fuhr sich mit dem Unterarm über die Stirn. »Entschuldigung. Ich bin frustriert.«
»Das hört man.« Tayanita lächelte noch immer.
Irgendwie sah sie verändert aus, fand Hannah. In den bernsteinfarbenen Augen funkelte ein stilles Leuchten.
»Habe ich etwas an mir? Hat sich etwas in meinen Haaren verfangen?« Tayanita fächerte mit den Händen ihre langen Strähnen auf.
»Nein, nein. Es ist alles in Ordnung.«
»Bei Ihnen jedoch anscheinend nicht«, stellte Tayanita fest.
»Ich habe vorhin von Joe erfahren, dass es offensichtlich Lieferschwierigkeiten gibt. Er meinte, es könne bis zu einer Woche dauern, bis ich meinen Wagen wiederbekomme.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich fasse es nicht. Ich stecke tatsächlich hier fest.«
Tayanita löste sich von der Tür und machte einen Schritt auf sie zu. »Ist das wirklich so schlimm? Haben Sie Termine, die Sie einhalten müssen? Wartet jemand auf Sie?« Ihre Augen forschten in Hannahs Gesicht.
Hannah ließ die Schultern sacken. »Ich denke, es macht keinen großen Unterschied, wenn ich noch ein wenig ausharren muss.« Sie vermisste Ellie schrecklich. Vielleicht könnte sie den Bus nach Charlotte nehmen? Aber dann müsste sie wieder nach Willow Creek zurückkehren, um den Toyota abzuholen.
»Hannah, wären Sie so lieb und würden mir helfen, die Sachen aus dem Wagen hereinzubringen ?«
»Wie bitte?«
»Meine Einkäufe.« Mit dem Daumen deutete Tayanita über ihre Schulter nach draußen.
»Sicher, ich helfe gern.« Hannah zögerte. »Sagen Sie, könnte ich weiterhin bei Ihnen unterkommen, bis mein Auto repariert ist? Ich meine hier, im Cottage Garden ?«
»Sie sind willkommen«, erwiderte Tayanita. »Solange Sie möchten.«
»Danke. Das ist sehr nett.« Hannah wandte sich ab. Verdammt, warum hatte sie in der letzten Zeit so nah am Wasser gebaut? Sie war doch sonst nicht so empfindlich. Eine Hand legte sich sanft auf ihre Schulter.
»Freunde nennen mich übrigens Taya.«
Als Hannah sich umdrehte, begegnete sie Tayanitas warmem Blick. Sie blinzelte, um die Tränen zurückzudrängen. »Ich weiß deine Freundlichkeit zu schätzen. Danke.«
Tayanita reichte ihr eine Hand. »Na komm. Lass uns rasch die Sachen hineinbringen.«
»Warte.« In Hannahs Kopf formte sich ein Gedanke. »Ich möchte mich gern für deine Gastfreundschaft revanchieren. Vielleicht könnte ich euch im Café etwas zur Hand gehen?« Entgegen ihrer Erwartung hatte es ihr Spaß gemacht, einem pausierenden Handwerker Kaffee nachzuschenken, Speisekarten auszuteilen und zwei fröhlich plaudernde Freundinnen mit Muffins von einer Platte auf der Theke und heißem Kakao zu versorgen.
Ein Ausdruck der Überraschung glitt über Tayanitas Züge, bevor sich ihr Mund zu einem Schmunzeln verzog. »Wie ich sehe, hat die gute Sylvia dich bereits dazu verdonnert, auszuhelfen. Tatsächlich haben wir einen Engpass im Cafébetrieb, seit Suzanne fort ist. Sie war unser Mädchen für alles. Vor zwei Wochen hat sie ihr erstes Kind bekommen und fällt somit die nächste Zeit aus. Du könntest uns hier ein wenig unterstützen, wenn du möchtest. Keine schwere Arbeit, nur ein wenig Geschirr spülen, Bestellungen entgegennehmen, aufräumen. Nichts Spektakuläres.«
»Sylvia hatte es sehr eilig.«
Tayanita zog eine Grimasse. »O je, ich fürchte, sie ist sauer auf mich. Ich hatte versprochen, mich zu beeilen, aber dann …« Sie sprach nicht weiter, richtete den Blick aus dem Küchenfenster.
»Sie wird sich doch wieder beruhigen?«
»Wie bitte?« Tayanita war anscheinend mit ihren Gedanken meilenweit entfernt.
»Sylvia.«
»O ja, sie wird nicht lang böse sein. Sie schimpft und zetert gern, aber sie ist nicht nachtragend. Und jetzt lass uns die Einkäufe aus dem Wagen holen.«
10. Kapitel
G loria drehte sich prüfend vor
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