Hannahs Entscheidung
entfuhr es ihr.
»Soweit ich mich erinnere, wohne ich hier.« Seine Mundwinkel kräuselten sich.
»Hatten Sie nicht gesagt, Sie hätten zu arbeiten?« Er war viel zu nah. So dicht, dass sie zum ersten Mal die winzigen grünen Sprenkel in seiner Iris bemerkte. Ihr Herz stolperte.
»Überwachen Sie mich?«
»Ich dachte …« Heiße Röte schoss bis in ihre Haarwurzeln. »Lassen Sie mich los.«
»Wollen Sie das wirklich?« Seine Augen funkelten herausfordernd.
Unverschämter, eingebildeter Kerl! Sie konnte das Pochen ihres Pulsschlags an der Kehle spüren. »Denken Sie nicht, ich könnte Ihnen nicht widerstehen. So toll sind Sie auch wieder nicht .« Warum wurde ihr auf einmal so unerträglich heiß? Sie sah einen Muskel an seinem Kiefer zucken.
Plötzlich und unerwartet senkte er seinen Mund auf ihre Lippen und küsste sie hart. Ohne dass sie etwas dagegen tun konnte, reagierte ihr Körper auf diese Berührung. Pulsierende, kribbelnde Wärme durchströmte ihr Inneres, erfüllte sie von den Haarspitzen bis in die kleine Fußzehe. Sie fühlte, wie sie weich und nachgiebig wurde, sich in seinem Kuss verlor. Doch abrupt löste er sich von ihr. Ihre Lippen brannten, ihr Herz hämmerte hilflos. »Was erlauben Sie sich?«
Er fixierte sie wortlos, während sie verzweifelt versuchte, ihre Fassung wiederzuerlangen. Sam ließ sie einfach stehen. Sekunden später fiel die Haustür ins Schloss.
Hannah floh nach oben. Was dachte sich dieser Mensch eigentlich? Und wieso in aller Welt hatte sie ihn nicht daran gehindert, sie zu küssen? Schlimmer noch, sie hatte diesen Kuss genossen! Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie sich mit dem Rücken an das kühle Holz der Tür lehnte. Mit den Fingerspitzen berührte sie ihren Mund. Noch immer meinte sie, den Druck seiner Lippen zu spüren. Abscheulicher Widerling! Sie fühlte Zorn aufbranden, unbändige Wut und … Verlangen. O mein Gott! Ja, sie sehnte sich tatsächlich danach, dass er sie wieder küsste. Was um Himmels willen war bloß los mit ihr?
*
Sam rammte seine geballten Fäuste in die Hosentaschen. Mit der Stiefelspitze kickte er ein Kieselsteinchen und sah ihm nach, wie es zwischen den Blumen im hohen Gras verschwand. Verdammt, verdammt! Was war eben passiert? Zufällig hatte er mitbekommen, wie Hannah auf der Treppe gestrauchelt war. Er hatte sie aufgefangen und vor dem Sturz bewahrt. Eigentlich eine ganz simple Sache. Sie brauchte Hilfe – er war zufällig zur Stelle. Fertig. Warum zum Teufel hatte er urplötzlich das dringende Bedürfnis verspürt, sie zu küssen? Er versuchte, seine widersprüchlichen Gefühle zu ordnen. Er war verwirrt. Schließlich mochte er Hannah nicht besonders. Sie ging ihm auf die Nerven. Aber das heftige Verlangen, ihre Lippen unter seinen zu spüren, hatte ihn so unvermittelt überfallen, dass er gar nicht anders gekonnt hatte, als seinen Mund auf ihren zu pressen. Mann, er verstand die Welt nicht mehr. Mit gerunzelter Stirn sah er hinauf in den wolkenverhangenen Himmel. Er musste sich wieder unter Kontrolle bekommen. Offensichtlich hatte sein Verstand kurzzeitig ausgesetzt und seiner Libido die Kontrolle überlassen. Okay, er war eben auch nur ein Mann. Diese Hannah Mulligan hatte etwas an sich, das ihn reizte. Sie forderte ihn heraus. Eigentlich war sie auch ganz ansehnlich. Wenn man erst einmal in diese faszinierenden smaragdgrünen Augen blickte, konnte es leicht geschehen, dass man ins Träumen geriet. Und diese sanft geschwungenen Lippen, die förmlich zum Küssen einluden. War es also ein Wunder, dass er einen Herzschlag lang schwach geworden war? Sie so nah bei sich zu halten, ihren schlanken, biegsamen Körper zu spüren und ihren frischen Duft zu atmen … Nach was duftete sie eigentlich? Er versuchte, sich zu erinnern, doch dann rief er sich zur Ordnung. Es war besser, wenn er diesen Gedanken nicht vertiefte. Je eher Hannah von Green Acres und aus seinem Leben verschwand, umso besser. Er beschleunigte seinen Schritt und atmete auf, als er Jacksons hagere Gestalt vor den Stallungen entdeckte. »Wie sieht’s aus, Jackson, brauchst du Hilfe beim Reparieren der Zäune?«
*
Es dauerte nicht lange, bis sie ihre paar Sachen in der Reisetasche verstaut hatte. O Gott, sie würde drei Kreuze machen, wenn die schwere Eichenholztür hinter ihr ins Schloss fiel. Niemals wieder würde sie einen Fuß auf Sam Parkers Grund und Boden setzen! Die Erinnerung an den Kuss ließ ihren Puls erneut höherschlagen. Er hatte sie
Weitere Kostenlose Bücher