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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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es aber sein. »Wieso denken Sie, dass die Tante ein Vorwand ist?«
    Die junge Frau zuckte die Schultern. »Einfach so ein Gefühl. Sie hatte mit dem Professor am Samstag so ein ernsthaftes Gespräch. Erst dachte ich, es ginge um die Arbeit. Doch als sie gehen wollte, legte ihr Professor Bartoli nahe, sich ein Taxi zu nehmen. Was für ein Quatsch! Aber er meinte es wirklich ernst. Er schien fast besorgt.«
    »Und das ist ungewöhnlich für ihn?«
    »Ja. Und direkt danach brach er auch auf, also eigentlich hastete er mit einem Fluch davon, nachdem er einen Anruf erhalten hatte.«
    Na, das war doch interessant. Mit ein paar weiteren Fragen erfuhr Ben noch mehr über Professor Bartoli und das Projekt der Kirche. Marco lebte sichtlich auf, als er über seine Arbeit erzählte, wohingegen Ben sich bei Sonja fragte, weshalb sie sich für den lausig bezahlten Job überhaupt beworben hatte. Offensichtlich hatte es für das Projekt eine Ausschreibung an den Universitäten gegeben, auf die sich die Studenten beworben hatten, außer Marco, der seit einem halben Jahr die Doktorandenstelle am Institut von Professor Bartoli besetzte und Sabine Schmidt, die aufgrund der Veröffentlichung einer Semesterarbeit eine Einladung des Professors erhalten hatte.
    Als Ben sich eine Stunde später in der Lobby von seinen beiden Besuchern verabschiedete, hatten sie einen leichten Schwips. Wieder im Zimmer gab er die Informationen an Paul weiter, genauso die neuen Fotos seiner Verfolger. Seine Wunde schmerzte nach dem anstrengenden Tag. Er beschloss, seinen körperlichen Signalen nachzugeben und früh zu Bett zu gehen. Zuvor jedoch meldete er sich bei Lisa.
     
    Den nächsten Vormittag verbrachte Ben mit Recherchearbeit in seinem Hotelzimmer. Das kunsthistorische Institut besaß eine weltweite Anerkennung bei allen Fragen rund um die christlichen Kunstwerke. Der Professor schien eine Koryphäe auf seinem Fachgebiet zu sein. Zusätzlich unterrichtete er sowohl auf der Accademia di Belle Arti di Roma als auch an der Accademia di San Luca. Museen und Auktionshäuser schätzten seine Expertise genauso wie die römische Kirche. Die Bilder zeigten einen Mann mittleren Alters, dessen langes, grau meliertes Haar komplett aus dem Gesicht zurückgekämmt in einem Pferdeschwanz mündete. Manchmal trug er eine rahmenlose Brille, die seinem Gesicht einen intellektuellen Touch verlieh. Körperlich entsprach der Mann nicht gerade dem Bild, das sich Ben von einem Professor machte. Seine ausgeprägte, etwas krumme lange Nase und die klassischen hohen Wangenknochen erinnerten ihn an die Bilder von römischen Feldherren.
    Hanna hatte sich nicht auf die Ausschreibung beworben, sondern war eingeladen worden. Vielleicht betrachtete er deshalb den Mann mit mehr Skepsis. Dann stolperte er über ein Interview mit dem Professor vor vielen Jahren, das ihn für einen Moment überrascht die Luft anhalten ließ. Das Bild einer jungen Frau mit traurigem, rundem Gesicht war über dem Text mit dem Interview abgebildet – Beatrice Cenzi. Es folgte das Gespräch mit einem der Nachfahren aus ihrer Familie, in dessen Besitz sich das Bild befand und der es als Leihgabe dem Museum für Kunstgeschichte überlassen hatte – Giacomo Bartoli.
    Ben stand auf und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Er hatte die Geschichte von Beatrice Cenzi nachgelesen und verstanden, weshalb sie Hanna so sehr beschäftigte. Er verstand, dass sie sich in gewisser Weise mit ihr verbunden fühlte. Er rieb sich die Augen, müde von der vielen Arbeit am Computer. Wie könnte er ein Treffen mit diesem Professor arrangieren? Sein Magen knurrte und er entschied sich, unten in einem der Hotel-Restaurants etwas zu essen.
     
    Der Mann kam auf ihn zu, kaum dass er aus dem Fahrstuhl gestiegen war. »Signor Eickhoff?«, sprach er ihn mit einem deutlichen italienischen Akzent an.
    Ben spannte seinen Körper an. Sein Gegenüber grinste. Es handelte sich eindeutig um den ersten seiner gestrigen Verfolger, den, der ihm nach Verlassen der Kirche gefolgt war.
    »Ja, der bin ich.«
    Der Mann hielt ihm eine Visitenkarte hin. »Professor Bartoli würde Sie gern heute Abend zu einem echten italienischen Essen zu sich nach Hause einladen.«
    Ben nahm die Visitenkarte entgegen, auf der der Institutsname, der Name des Professors und eine ganze Reihe von Titeln aufgeführt waren. Sein Gegenüber ließ ihm Zeit, die Karte zu studieren.
    »Wäre Ihnen zwanzig Uhr recht?«
    »Wie komme ich zu dieser Ehre?«
    »Sagen wir,

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