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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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einen Schimmer hatte, wo sie beginnen sollte. Stattdessen hoffte sie auf eine Eingebung. Sie machte kein Licht in der Wohnung. Mit dem Rechner hatte sie sich in das Arbeitszimmer zurückgezogen. Sie wollte nicht riskieren, dass ein Nachbar bemerkte, dass sich jemand in Annas Wohnung aufhielt.
    Als sie hörte, wie der Schlüssel in das Schloss geschoben wurde, war sie sofort hellwach. Vorsichtig klappte sie das schwarze Display zu. Irgendwann musste sie über einem Spiel eingeschlafen sein. Sich von der Couch schiebend, schlich sie zur Wand hinüber und öffnete die Tür einen Spalt, um durch das Wohnzimmer in den Eingangsbereich zu sehen. Der Eindringling schaltete kein Licht ein.
    »Hanna? Bist du hier irgendwo?«
    Obwohl sie die Stimme von Marie erkannte, wartete sie, bis sich die Tür schloss und sie sicher sein konnte, dass ihre Schwester allein gekommen war.
    »Ich bin hier«, wisperte sie und musste grinsen, als Marie erschrocken zusammenzuckte und beide Hände auf ihr Herz legte. Mit der einen Hand umklammerte sie eine Tüte, aus der es unschwer identifizierbar nach chinesischem Essen duftete.
    »Komm ins Arbeitszimmer, ich möchte kein Licht im Wohnzimmer machen.«
    Gemeinsam hockten sie sich im Schneidersitz auf den Teppich, und Marie öffnete die Packungen.
    »Puh, ich dachte schon, Fred wollte heute überhaupt nichts trinken.«
    Hanna hörte auf, sich mit dem Stäbchen das Bamigoreng reinzuschaufeln. »Du hast ihn wieder in den Schlaf befördert?«
    »Ja, aber keine Sorge. Dafür hat er ausgezeichneten Sex bekommen.«
    »Ehrlich Marie, du musst dir das abgewöhnen. Erstens, dass du mit jedem Mann ...«
    Marie unterbrach sie, indem sie mit den Stäbchen auf Hanna zeigte. »Nicht mit jedem Mann«
    »..., der dir gefällt, ins Bett steigst und ihn zu guter Letzt noch mit Schlafmittel zudröhnst.«
    »Auch das trifft nur auf Fred zu, und wie sollte ich mich sonst mit dir treffen?«
    »Ich weiß nicht, aber ich lasse mir was einfallen. Immerhin sehen wir uns schon mal verdammt ähnlich«, grinste Hanna.
    Auch wenn härtere Linien ihr Gesicht prägten und ihre Augen einen etwas anderen Blauton aufwiesen, wären sie mit den gleichen Klamotten und einem entsprechenden Make-up kaum zu unterscheiden. Okay, sie musste noch lernen, sich wie Marie zu bewegen, und spätestens beim Sprechen kämen grundsätzliche Unterschiede zum Tragen.
    »Hast du eine Idee?«
    »Vage, aber ich arbeite daran.«
    »Wenn wir nur das Heilmittel hätten, dann würde ich es einfach auf einer Pressekonferenz bekannt geben, und niemand wäre mehr in der Lage, den Stein aufzuhalten, den ich ins Rollen brächte.«
    »Und dann?«
    »Ist mir egal.«
    »Du denkst, Armin würde das einfach schlucken?«
    Marie zuckte mit den Achseln.
    Hanna beobachtete, wie ihre Schwester im Essen herumpickte, eine Nudel herausholte, sie hob, den Kopf in den Nacken legte, und sie in den Mund fallen ließ. Etwas stimmte nicht. Ihre Schwester veranstaltete normalerweise um ein Uhr nachts kein chinesisches Essen.
    »Was ist passiert?«
    »Nichts.«
    »War Armin bei dir?«
    »Nein.«
    »Dieser Konstantin Wolff?«
    »Nein.«
    »Das BKA?«
    »Nein. Wieso sollte mich jemand kontaktiert haben?«
    Langsam setzte Hanna die Packung in der Tüte ab und legte die Stäbchen dazu. Sie ergriff Maries Hand. »Marie, dass hier ist kein Spiel, das wir spielen. Unser beider Leben hängt davon ab, dass wir eine Lösung finden, um uns von Armin und seiner komischen Organisation zu befreien. Alles, so unscheinbar es dir im Moment vorkommt, ist wichtig. Ich bin nicht aus dem Zeugenschutzprogramm geflüchtet, weil ich es satt hatte, sondern weil ich aufgeflogen bin. Also, ich wiederhole mich, was ist heute passiert?«
    »Ben war heute Morgen in meinem Büro.«
    Hanna überlegte, wen sie meinen könnte. »Ben?«
    »Dein Ben, Major Ben Wahlstrom.«
    »Das kann nicht sein! Er ist im Einsatz.«
    »Ach, und woher weißt du das?«
    Hanna dachte an Lisa und erinnerte sich, wie kurz sie sich am Samstag am Telefon gefasst hatte. Verdammt, sie hatte nicht geschaltet. Sie musste aufhören, Fehler zu machen. »Was wollte er?«
    »Ich soll dir sagen, dass du dich bei ihm melden sollst.«
    Hanna spürte, wie ihre Zwillingsschwester sie aufmerksam fixierte.
    »Mist«, knurrte sie, »das macht die Sache komplizierter. Ist er dir gefolgt?«
    »Du willst dich nicht bei ihm melden?«
    »Marie, wenn ich zu Ben gehe und er herausfindet, was du unten in Afrika gemacht hast, glaub mir, dann werden sie einen Weg

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