Hannas Wahrheit (German Edition)
anzapfen.“
„Warum nehmt ihr nicht den gleichen Zugang wie sie?“
Am anderen Ende war ein kurzes Schweigen. „Unser Maulwurf hat nicht die Möglichkeit, mit einzusteigen.“
Er hörte die Verärgerung in Svens Stimme. „Scheint wohl nicht so ein guter Hacker zu sein wie gedacht“, konnte sich er nicht verkneifen, den BKA-Beamten zu ärgern. Doch der ging auf die Spitze von ihm nicht ein.
„Kommst du rüber? Ich schicke Harald als Ablösung.“
Er zögerte. „Nein, ich bleibe hier“, entschied er dann.
„Bist du sicher? Das könnte der Durchbruch sein.“
„Vorausgesetzt, dieser Viktor hat keine weiteren Überraschungen für euch parat.“
Darauf reagierte Sven nicht.
Es hatte Hanna zehn Minuten gekostet, sich in dem E-Mail-Postfach ihrer Schwester zurechtzufinden. Damit waren elf Minuten ihrer kostbaren Zeit um. Ihre Schwester schien nicht zu den Menschen zu gehören, die ihre Mails abarbeiteten. Es gab 1.237 Mails, die noch ungelesen waren, 6.798 Mails, die sich im Posteingang befanden, und nur fünf Ordner, in die sie die Mails aus dem Posteingang verschoben hatte. Hannas Posteingang war immer spätestens eine Stunde, nach dem sie ihr Mailprogramm geöffnet hatte, leer. Sie gab „Frederike Schneider“ in das Suchfeld ein und war überrascht, wie schnell ihr ein Ergebnis geliefert wurde. Allerdings war die Menge der Mails, die ihr angezeigt wurden, ernüchternd groß für die Zeit, die ihr noch blieb. Sie versuchte eine neue Abfrage: „Rukia Mutai“. Kein Ergebnis. Sie runzelte die Stirn und versuchte, sich an den Namen des Dorfes zu erinnern. Erfolglos. Als Nächstes versuchte sie es mit „HIV“. Das Ergebnis war noch länger als ihr erster Suchbegriff.
Sie gab wieder „Frederike Schneider“ ein. Da die Leiterin der Forschungsabteilung zu den Opfern zählte, erschien es ihr am sinnvollsten, hier anzusetzen. Sie scrollte durch die E-Mail-Liste bis nach unten. Dabei erschien in einem anderen Fenster jeweils eine Vorschau des Inhalts der Mail.
Drei Minuten später wusste sie, dass Dr. Frederike Schneider pünktlich innerhalb der ersten fünf Tage eines Monats Marie einen umfassenden Bericht schickte, über den Zustand der Dörfer, die Gesundheit der Bewohner, neue Erkrankungen, Komplikationen bei der Therapie, eine Aufstellung der Kosten, Sterbefälle, Zahl der zugezogenen und abgewanderten Bewohner. Nachdem sie vier dieser Berichte überfolgen hatte, schüttelte sie den Kopf. So würde sie ewig brauchen, denn die Berichte umfassten bis zu dreißig Seiten. Sie prüfte den letzten Bericht, den Frederike Schneider an Marie gesendet hatte, konnte aber nichts Ungewöhnliches feststellen.
Hanna seufzte und warf einen schnellen Blick auf die Uhr. Noch acht Minuten. Sie ging ein halbes Jahr in der Korrespondenz zurück, ließ die Mails über den Bildschirm laufen und konzentrierte sich auf die Betreffzeilen, die für die Zusendung der Berichte immer gleich lautete, nur fortlaufend nummeriert. Sie entdeckte eine einzige Mail mit einem anderen Betreff: „Ihr Besuch“. Hanna öffnete sie.
Sehr geehrte Frau Benner,
es war sehr nett, Sie einmal persönlich kennenzulernen. Sie haben eine erfrischend ehrliche, ungeschminkte Art, Ihre Ideen und Vorstellungen anzusprechen. Sie wissen, dass ich diese Dinge mehr von der wissenschaftlichen Seite betrachte. Dennoch ist mir die Verantwortung, die wir tragen, durchaus bewusst. Allerdings haben sich die Umstände geändert, sodass ich Ihren Vorschlag in Erwägung ziehe, zumal sich gerade eine äußerst interessante Möglichkeit bietet. Ich informiere Sie über meine Entscheidung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frederike Schneider
Der erste Alarm erinnerte Hanna daran, dass ihr noch sechs Minuten blieben. Verdammt. Nach welchem Begriff sollte sie suchen? Sie sprang mit großen Schritten über die Korrespondenz, die in dem Zeitraum ihrer eigenen Afrikareise stattgefunden hatte. Ihre Augen flogen über die Betreffzeilen, die Dateianhänge und kurz über den Inhalt der Mails, wie er im rechten Lesebereich angezeigt wurde. Es war das Wort „Tod“, das ihre Aufmerksamkeit erregte. Die E-Mail gehörte zu den monatlichen Berichten, die Frederike Schneider gesendet hatte. Der erste Absatz glich ihren Standardtexten in den Berichten, dann folgte ein Absatz:
Kennen Sie die nigerianische Lebensweisheit: „Es gibt Schönheit mitten im Leiden, Freude in der Trauer, Hoffnung in der Verzweiflung und neues Leben sogar im Tod.“ Unsere kleine Ifechi ist
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