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Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Titel: Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Thermofax der sowjetischen Botschaft. Das Foto zeigte Dortlichs Kopf auf dem Baumstumpf und mehrere Polizisten, die mit zwei Schäferhunden und einem Spürhund um ihn herumstanden. Ein weiteres Foto von Dortlich stammte aus einem sowjetischen Polizeiausweis. »Er wurde in dem Wald gefunden, der vor dem Krieg Hannibals Familie gehört hat. Ich weiß, dass Hannibal ganz in der Nähe gewesen sein muss – er ist am Tag davor von Polen nach Litauen eingereist.«
    »Warum kann das hier Ihrer Meinung nach nur Hannibal gewesen sein? Dieser Mann hatte bestimmt viele Feinde. Haben Sie nicht selbst gesagt, dass er ein Kriegsverbrecher war?«
    Popil schob ihr das Ausweisfoto über den Tisch zu. »So hat er tatsächlich ausgesehen.« Dann holte er eine Zeichnung aus seiner Mappe, die erste von mehreren. »Und so hat Hannibal ihn gezeichnet. Das Bild hing in seinem Zimmer.« Die eine Hälfte des Gesichts auf der Zeichnung war seziert, die andere stellte unverkennbar Dortlich dar.
    »Sie waren nicht mit seiner Einwilligung in seinem Zimmer.«
    Plötzlich wurde der Inspektor wütend. »Ihre reizende kleine Hausschlange hat einen Menschen getötet. Wahrscheinlich nicht den ersten, wie Sie vermutlich besser wissen als ich. Hier sind andere.« Er legte die Zeichnungen auf den Tisch. »Diese hier war ebenfalls in seinem Zimmer, und die hier, die und die. Dieses Gesicht kenne ich von den Nürnberger Prozessen, ich kann mich daran erinnern. Die Männer befinden sich alle auf freiem Fuß, und jetzt werden sie ihn unschädlich machen, wenn sie können.«
    »Und die sowjetische Polizei?«
    »Sie stellt in Frankreich im Stillen Ermittlungen an. Ein ehemaliger Nazi wie Dortlich in den Reihen der Volkspolizei entbehrt für die Sowjets nicht einer gewissen Peinlichkeit. Inzwischen haben sie von der Stasi in der DDR seine Akte erhalten.«
    »Wenn sie Hannibal erwischen ...«
    »Wenn sie ihn im Osten erwischen, werden sie ihn einfach erschießen. Wenn er es zurück in den Westen schafft, legen sie das Verfahren möglicherweise auf Eis und stellen es irgendwann ganz ein, wenn er sich ruhig verhält.«
    »Würden Sie es auf Eis legen und einstellen?«
    »Wenn er in Frankreich weitermordet, kommt er hinter Gitter. Es könnte ihn den Kopf kosten.« Popil hörte auf, hin und her zu gehen. Er ließ die Schultern hängen und steckte die Hände in die Hosentaschen.
    Lady Murasaki nahm die Hände aus ihren Ärmeln.
    »Das hätte zur Folge, dass Sie ausgewiesen würden«, fuhr er fort. »Darüber wäre ich sehr unglücklich. Es ist mir immer wieder eine Freude, Sie zu sehen.«
    »Leben Sie allein von Ihren Augen, Monsieur l’Inspecteur?«
    »Tut Hannibal das? Sie würden doch alles für ihn tun, oder nicht?«
    Sie wollte etwas sagen, um das Gesagte abzuschwächen und um sich selbst zu schützen, doch dann antwortete sie nur: »Ja.«
    Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Helfen Sie ihm. Helfen Sie mir. Pascal.« Sie hatte noch nie zuvor seinen Vornamen in den Mund genommen.
    »Schicken Sie ihn zu mir.«

46

    Glatt und dunkel glitt die Essonne unter dem schwarzen Hausboot Christabel hindurch, das an einem Kai bei Vert-le-Petit vertäut war. Vor die Fenster der niedrigen Aufbauten waren Vorhänge gezogen. Zu dem Boot liefen Strom- und Telefonleitungen. Die Blätter des kleinen Gartens auf Deck glänzten vor Nässe.
    Die Oberlichte der Fenster waren offen. Aus einem von ihnen drang ein schriller Schrei. An einem der unteren Bullaugen erschien, die Wange panisch gegen das Glas gepresst, das angstverzerrte Gesicht einer Frau, doch im selben Moment stieß eine fleischige Pranke den Kopf schon wieder zur Seite und riss den Vorhang zu. Niemand sah es.
    Leichter Nebel legte Höfe um die Lichter auf dem Kai, die Sterne am Himmel waren nur schwach zu erkennen.
    An der Einfahrt zum Hafen hielt ein Lieferwagen mit der Aufschrift Café de l’Est. Ein Wachmann kam aus seinem Häuschen neben dem Tor und leuchtete mit einer Taschenlampe in das Führerhaus. Als er Petras Kolnas erkannte, winkte er ihn durch. Der Lieferwagen fuhr auf einen mit Stacheldraht umzäunten Parkplatz und hielt an.
    Kolnas stieg aus und betrat ein Lagerhaus, in dem ein Arbeiter auf Kisten mit Haushaltsgeräten die Beschriftung PX U.S. Post Exchange, Neuilly-sur-Seine übermalte. Er durchquerte die Lagerhalle und trat auf der anderen Seite auf den Kai hinaus.
    An der Gangway des Hausboots saß ein Wachmann. Er hatte eine umgedrehte Holzkiste neben sich stehen, auf der mehrere Stücke Wurst

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