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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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ihr gehe.
    Die Köchin sagte leise: »Mir geht es den Umständen entsprechend gut, Herrin, auch wenn ich nicht mehr in Eurem Haus sein darf. Aber Wobbecke und das Kind   ...« Der Blick der alten Frau verschwamm.
    »Wo sind sie?«, fragte Henrike.
    »Dod. Ich durfte nichts für sie tun, Domina Ilsebe hat’s verboten. Im Armenhaus hat das dodlyke Fieber sie überfallen. Erst starb das Kind, dann die Mutter. Und jetzt ist Gesche auch dort, im Armenhaus.« Tränen rannen ihr über die faltigen Wangen.
    Und auch in Henrike war tiefe Trauer über das Schicksal der Bettlerin und ihres Kindes aufgestiegen. Ihre Wut auf Tante Ilsebe wallte erneut auf. Sie sorgte sich auch um ihre Magd Gesche, die sie seit Langem kannte und für die sie sich als Erbin des Vaters verantwortlich fühlte.
    Margarete ergriff Henrikes Hand, sah sie flehend an. »Könnt Ihr nicht etwas für das arme Ding tun?«
    ~~~
    Keuchen und Husten erfüllte den Saal, allerorten krächzte und schniefte es. Wer stehen konnte, hatte sich um die Feuerstelle geschart, nur in ihrem Umkreis war ein klein wenig Wärme zu spüren, ansonsten war es feucht und kühl im Armenhaus. Henrike schob die Arme übereinander, so dass auch die Hände von den Ärmeln bedeckt waren. Nur eine Feuerstelle in einem so großen Raum war zu wenig, kein Wunder, dass die Bedürftigen krank blieben oder es wurden. Hier, dachte sie, hier hätte ihr Vater mit seinem Geld sicher etwas ausrichten können. Aber es gab so viele Bedürftige in Lübeck, nicht allen konnte ein Einzelner helfen.
    »Hast du sie schon entdeckt?«, wollte Asta wissen.
    Henrike drängte sich an Kindern vorbei, die sich auf einem Strohlager aneinandergeschmiegt hatten. Rotz lief aus ihren Nasen, aber niemand kümmerte sich darum. Ein kleines Kind krabbelte über die Erde, krümmte sich immer wieder hustend. Da! Am Fenster entdeckte sie endlich Gesche, eine Näharbeit in den Händen. Als die Magd Henrike erblickte, stürzte sie sich zu ihren Füßen und ergriff die Hand ihrer früheren Herrin. Ihre Stimme überschlug sich fast.
    »Ach Jungfer Henrike, Ihr seid wieder da! Jetzt wird alles gut! Jetzt muss alles gut werden!«
    Henrike zog sie hoch. Die Magd war magerer als früher, ihre Augen waren geschwollen.
    »Was ist denn nur geschehen?«, fragte Henrike.
    Gesche schlug die Hände vors Gesicht und begann zu weinen.
    Nach einer Weile löste Henrike zart ihre verkrampfte Haltung. »Du brauchst dich nicht zu schämen, Gesche. Erzähl uns einfach, was passiert ist. So schlimm wird es schon nicht gewesen sein.«
    »Das sagt Ihr, Herrin!«, brach es aus Gesche heraus, und Tränen rannen von Neuem über ihre Wangen.
    Erst jetzt fielen Henrike die Worte ihrer Base wieder ein: ›Gesche, dieses Luder‹, hatte sie gesagt. Aber die Magd war doch immer herzensgut und fromm gewesen! Was war passiert?
    Argwöhnisch sah Gesche nun zu Asta hinüber. »Gehört sie zu Frau Ilsebe und Herrn Nikolas?«, fragte sie.
    Henrike wurde kalt. Sie hatte eine Befürchtung. »Nein. Sie ist die Schwester meiner Mutter.«
    Nun schien die Magd etwas beruhigt. »Herr Nikolas. Er   ... hat mich bedrängt. Mich angefasst, immer wieder«, begann sie stockend. »Ich habe ihn nicht ermutigt, wirklich nicht. Das müsst Ihr mir glauben!«
    Henrike beeilte sich, sie zu beruhigen. Dabei hatte sie selbst mit den aufsteigenden Erinnerungen an Nikolas’ Überfall im Stall zu kämpfen. Wie sie ihn dafür hasste, was er anderen antat!
    »Wir glauben dir«, versicherte auch Asta.
    Gesche schlang die Arme um ihre Brust, als wollte sie sich selbst festhalten. »Ich mochte aus Angst gar nicht mehr allein losgehen. Also war Margarete oder eine der Hilfsmägde immer in meiner Nähe. Aber es hat alles nichts genutzt! Er hat schließlich doch seinen Willen bekommen. Und jetzt bin ich schwanger!« Schluchzend brach sie zusammen.
    Henrike war zutiefst entsetzt, doch sie bemühte sich, gefasst zu bleiben. Tröstend strich sie Gesche über den Rücken. »Und Tante Ilsebe? Was hat sie gesagt? Hat sie dir nicht geholfen?«, fragte sie.
    »Die neue Herrin hat mich aus dem Haus geworfen! Sie verbreitet Lügen über mich. Ich finde keine Anstellung mehr. Dabei sieht man doch noch gar nichts von meinem Zustand. Ich möchte am liebsten weg hier, nur weg«, schniefte Gesche. Henrike fühlte sich hilflos. Was konnte sie nur tun, um Gesche zu helfen? Das Gespräch mit Tante Ilsebe zu suchen hätte keinen Sinn, das wusste sie.
    Statt ihrer ergriff Asta das Wort: »Du kannst mit mir

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