Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
Vom Netzwerk:
seltsame Mischung aus lateinischer und niederdeutscher Sprache zu sein, in der das Testament verfasst war.
    »Wolmechtig wesen en mark punt to borrende von der enen siden des beddes to der anderen   ...«
    Henrike unterbrach ihn. »Entschuldigt Consul, aber was soll das bedeuten?«
    »Ein Marktpfund von einer Seite des Bettes auf die andere heben zu können, bedeutet, dass dein Vater bei der Abfassung seines letzten Willens im Vollbesitz seiner Kräfte war. Aber weiter im Text.« Er las das Schriftstück weiter vor, fasste dann aber in verständlichen Worten zusammen.
    »Der Erblasser ist niemandes Schuldner, niemandes Bürge und niemandem verpflichtet, ausgenommen folgende Zuwendungen. Von seinem Bruder Hartwig ist er vermögensrechtlich abgeschieden; widerspricht dieser, so soll das Testament für ihnnicht gelten. Bei seinem Besitz handelt es sich ausschließlich um wohlgewonnenes Gut, das er in seinem Leben selbst erworben hat und über das er frei verfügen kann. Jetzt kommen wir zu den Seelenstiftungen.« Die Aufzählung war lang, jede Kirche, jedes Kloster und jedes Hospital in Lübeck und Umgebung schien bedacht worden zu sein. Henrike wunderte sich teilweise über die Genauigkeit der Verfügungen, so hatte ihr Vater seinem Beichtvater Detmar zwei Mark Denare zum eigenen Gebrauch und einen Mantel aus englischem Tuch vermacht. Was das Pilgerhaus hinter dem Heiligen Geist zu Lübeck anging, hieß es, dass jedem dort einkehrenden Pilger eine Viertelkanne Bier gegeben werden solle, zur Ehre Gottes und für das Seelenheil seiner selbst, seiner Ehefrauen, seiner Kinder und all derer, denen er es wünsche. Auch den Armentisch in der Marienkirche zu Brügge hatte er bedacht, sein Freund Adrian Vanderen solle die hundert Mark Denare übergeben.
    Bruno Diercksen war die Luft ausgegangen. Er befeuchtete mit einem Schluck aus einem reich verzierten Glas seine Zunge.
    Henrike schwindelte, die Summen klangen beeindruckend. »All die Seelenmessen«, begann sie, aber ihre Kehle war ganz trocken vor Aufregung.
    »Euer Onkel hat sich bereits darum gekümmert«, beruhigte Diercksen sie. Henrike nahm sich vor, dem nachzugehen. Sie traute ihrem Onkel nicht mehr, seit sie wusste, dass Hartwig Vresdorp der alten Köchin ihren Erbteil verweigert hatte.
    Ratsherr Diercksen fuhr fort. »Seinen Kindern das Eigentum seines Hauses in der Alfstraße, zu gleichen Teilen und zusammen mit allem übrigen Gut, da er niemanden so gern hat, wie diese. Stirbt einer von ihnen, so erhält der andere den ganzen Besitz. Seine Kinder sollen zusammenbleiben, bis Henrike heiratet oder Simon seine Lehrzeit in einem anderen Land fortsetzt. Ferner soll ihnen allein gehören das Haus, das er in Wisby, Gotlandia, hat, und seine Anteile an der Lüneburger Saline.«
    Henrike sah Asta erstaunt an   – davon hatte sie nichts gewusst. Ihre Tante wirkte ebenfalls überrascht.
    »Seinen Kindern seine Krambude zu freiem Besitz mit allen daraus fließenden Einkünften. Seinem Sohn Simon seine Schiffsanteile zur freien Verfügung, ihm zum Schutz auch sein Abbild des heiligen Christophorus, das er stets in Ehren gehalten hat und das ihn bei mancher Reise schützte. Matertera Asta, der Schwester seiner ersten Frau Clara, die Verwaltung und den Ertrag aus seinem Gutshof bei Travemünde, bis seine mündigen Kinder anders über den Verbleib des Hofes entscheiden.«
    Henrike strich über Astas Hand. Also hatte ihr Vater diese wichtige Verfügung beibehalten.
    »Meiner Tochter Henrike tausend Mark Denare zur Aussteuer und hundert Mark Denare, womit sie tun oder lassen kann, was sie will ohne jemandes Einrede. Dazu erhält sie, was an Spangen, Bettzeug, Gerät und Geschmeide von meinen seligen Ehefrauen Clara und Anna herrührt.«
    Diercksen lächelte sie an. »Ja, Jungfer. Damit seid Ihr eine gute Partie, eine sehr gute sogar.«
    Und dennoch war nicht mehr die Rede davon, dass sie seinen Sohn heiraten solle, der Ratsherr verhandelte ja angeblich über eine Heirat von Telse und Vicus. Henrike kam nicht dazu, diesen Gedanken weiter zu verfolgen, denn Diercksen fuhr fort: »Seinem Bruder Hartwig erlässt er dessen Schulden. Seinem Gehilfen Jost zehn Mark Denare, damit er einen eigenen Handel beginnen kann. Seiner Magd Margarete zehn Mark Denare, damit sie, wenn sie es möchte, ihren Lebensabend im Beginenhaus verbringen kann. Zur Verteilung unter das bei seinem Ableben in seinem Dienst stehende Hausgesinde fünfzig Mark Denare, nach Maßgabe der Dienstzeit der Einzelnen. Was

Weitere Kostenlose Bücher