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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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HenrikesMund, doch Jost ließ sich keine Auskünfte entlocken. Simon legte die Zettel weg, sein Magen hatte schon seit geraumer Weile vernehmbar geknurrt.
    »Für heute ist es genug. Wir müssen alle zurück ins Bett. Außerdem habe ich Hunger. Komm, Henrike, wir schauen, ob wir in der Küche noch etwas Gutes finden«, sagte er und zog seine Schwester mit sich fort.
    Auf dem Küchenbord stand ein abgegessener Teller mit geräucherten Forellen. Simon schien nicht wählerisch zu sein. Unter den Gräten und Resten entdeckte er eine Forelle, die noch unberührt war. Er begann genussvoll, sie zu zerteilen. »Ist noch Brot da?«, fragte er und steckte sich ein Stück Fisch in den Mund.
    Henrike fand einen Kanten und reichte ihn ihrem Bruder. »Dass du das um diese Zeit essen kannst«, sagte sie und legte eine Hand auf den flauen Magen.
    »Ich hab eben immer Hunger«, meine Simon. Abwechselnd biss er Brot und Geräuchertes ab.
    »Für wen war dieser Teller überhaupt?«, wunderte sie sich.
    »Onkel und Tante lassen sich immer Leckereien zubereiten, als spätes Nachtmahl sozusagen«, wusste ihr Bruder.
    Henrike war verblüfft. Daher rührte also die Zurückhaltung ihrer Tante bei Tisch. »Und dabei brüstet sich Tante Ilsebe doch immer damit, wie sehr sie sich mäßigt!«
    Simon lachte. »Das tut sie doch. Sie mäßigt sich, indem sie nichts isst, was an den Fastentagen verboten ist.«
    Henrike zog eine Schnute. Von dem Erlaubten aß ihre Tante dafür umso mehr. Und dann noch im Geheimen, während sie die anderen darben ließ. In diesem Sinne war Mäßigung ganz sicher nicht gemeint. Simon wühlte mit den Fingern zwischen den Gräten, aber der Fisch war ganz aufgegessen. Enttäuscht leckte er sich die Fingerspitzen ab.
    Henrike sann derweilen noch einmal über das kurze Gespräch mit Jost nach. »Was sagst du dazu, was Jost   ...«
    Simon spitzte die Lippen und legte einen Finger darüber. Als er weitersprach, hatte er seine Stimme gesenkt. »Unser Onkel hat Jost zu absolutem Gehorsam verpflichtet. Wenn Jost eines Tages auf eigene Faust Geschäfte treiben will, muss er Hartwig nach Kräften unterstützen.«
    War das Grund genug, sich so ausweichend zu verhalten?
    »Aber Jost gehört fast zur Familie. Er ist Vater verpflichtet«, war Henrike überzeugt. ›Und außerdem hat er mir seine Liebe gestanden‹, fügte sie in Gedanken hinzu.
    »Vater ist tot. Hartwig lebt. Er ist der Herr, er hat das Sagen. Er und sein Sohn«, fügte Simon grimmig hinzu.
    »Aber was kann er Jost schon tun?«, fragte sich Henrike.
    »Seinen Ruf ruinieren. Ihn des Diebstahls bezichtigen. Niemand würde Jost danach mehr vertrauen«, meinte ihr Bruder.
    Sie hörten Rumoren aus der Gesindekammer, die Köchin musste aufgewacht sein. Janne stand fest zu Ilsebe Vresdorp, obgleich sie von ihr schlecht behandelt wurde. Die Schläge ihrer Herrin steckte die Köchin klaglos ein und ließ ihre Wut dafür an den Mägden aus. Leise machten Henrike und Simon sich davon.
    »Auf jeden Fall wird Jost uns nicht helfen. Wir sind auf uns allein gestellt«, sagte Simon leise in der Kammer, bevor sie ins Bett schlüpften.
    Henrike sah ihren Bruder aufmerksam an. Ihr war die Veränderung an Simon schon länger aufgefallen, sie hatte sie bislang aber nicht benennen können.
    »Du klingst inzwischen so   ... erwachsen«, stellte sie fest.
    Simon erwiderte ihren Blick. »Bin ich ja auch«, sagte er ernst, musste aber selbst darüber lachen. »Na ja, fast.«
    ~~~
    Henrike umsäumte Stich um Stich das gesamte Laken. Die Finger taten ihr längst weh, die Stille ging ihr auf die Nerven.Auch hatte es ihre Geduld strapaziert, als sie gesehen hatte, dass ihre Tante sich wieder aus ihrem Tuchlager bedient hatte. Telse schien die eintönige Arbeit nichts auszumachen, vielleicht weil es Laken für ihre Aussteuer waren, die sie seit geraumer Zeit nähten. Nur heute war sie irgendwie verschwunden.
    Endlich begannen die ersten Glocken zu schlagen. Henrike warf die Näharbeit von sich und machte sich ausgehfein. Tante Ilsebe rief bereits nach ihnen, doch Telse war nirgends zu sehen. Wo war ihre Base nur? Überall suchte Henrike, lief schließlich die Kellertreppe hinunter, übersprang die letzte Stufe, bog um die Ecke   – und sah Telse mit Jost. Sie waren in ein Gespräch vertieft gewesen. Überrumpelt starrten sie Henrike an. Schritte waren zu hören, da kam auch schon Ilsebe in den Keller.
    Telses Gesicht überzog ein Anflug von Schrecken. »Ich habe   ... Jost hat das Tuch

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