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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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dem Bruder des schwedischen Königs Albrecht, verheiratet ist. Aber auch seine jüngere Tochter Margarethe, die Frau des norwegischen Königs Håkon, will ihren Sohn Olaf auf dem Thron sehen. Kaiser Karl hat dem Mecklenburger seine Unterstützung zugesagt«, beschloss er die Zusammenfassung, und es klang so, als wollte er Henrike nun zu Bett schicken. Das aber wollte sieverhindern, zu sehr genoss sie es, ihren Vater für sich zu haben. Auch waren ihre Fragen noch nicht beantwortet.
    »Und was meinst du? Wer ist gut für uns, für Lübeck?«
    Konrad Vresdorp wirkte beinahe wieder geschäftsmäßig, als er antwortete: »Was ich dir jetzt sage, darf diesen Raum nicht verlassen. Ich vertraue dir, also schweige, wie es sich für eine Kaufmannstochter gehört.« Er sah ihr fest in die Augen, und Henrike versprach es.
    »Albrechts Sohn herrscht schon über Schweden. Wenn das gleiche Haus auch noch über Dänemark gebieten würde, wäre es schlecht für die Freiheit des Handels. Jemand mit so großer Macht könnte Zölle und Preise diktieren. Wir könnten nichts dagegen tun. Die wichtigen Handelswege durch den Sund, also die Meerenge zwischen Nord- und Ostsee, und entlang der Küsten könnten versperrt werden. Wenn wir uns aber auf Olaf von Norwegens Seite stellen, wenden wir uns gegen den Kaiser. Deshalb werden wir uns, solange es geht, für keinen der beiden aussprechen. Dafür haben wir heute Abend Vorkehrungen getroffen.« Er schwieg gewichtig. »Wenn Jacob Plescow und Symon Swerting nicht in der Stadt sind«, fuhr er nach kurzer Unterbrechung fort, »kann der Rat keinen Beschluss fassen. Wir können uns alle Möglichkeiten offen halten, ohne den Kaiser vor den Kopf zu stoßen. Symon muss ohnehin auf dem schnellsten Wege zurück zu den Verhandlungen nach Flandern und anschließend nach England. Er war nur kurz hier, um einige Geschäfte in die Wege zu leiten. Jacob wird sich an den dänischen Hof begeben, um herauszufinden, wie es wirklich um Waldemar steht.«
    Konrad Vresdorp schenkte sich noch einmal ein, dabei war seine Rede schon schleppend geworden, seine Zunge schwer. »Wir wollen den Kaiser auf keinen Fall gegen uns aufbringen, da er uns gerade so großzügig behandelt hat. Schließlich hat er erst im letzten Jahr das Recht der Stadt gestärkt, wodurch wirdie Handelsstraßen nach Hamburg und Lüneburg besser gegen Raubritter absichern können.« Er hielt sein Glas in den Händen, betrachtete es nachdenklich und stellte es ab, ohne getrunken zu haben. »Aber er soll auch wissen, mit wem er es zu tun hat. Mancher Lübecker Bürger lebt besser als die meisten Adeligen. Die Stadt wird nicht geizen, sondern glänzen, wie es uns zusteht. Wir wollen uns nicht lumpen lassen. Der Kaiser soll sich in Lübeck wohlfühlen. Er soll den Besuch bei uns in guter Erinnerung behalten«, schloss er gewichtig.
    Henrike wusste vor Schmerzen kaum noch, wie sie sich auf dem Sitz halten sollte. Über ihr eigentliches Anliegen hatte sie aber noch nichts herausgefunden.
    »Und was habe ich mit dem Besuch des Kaisers zu tun?«, fragte sie.
    »Der Rat der Stadt wird zu Ehren des Kaisers Empfänge veranstalten, Bälle, ein Turnier. Welche bessere Gelegenheit könnte es geben, dich der feinen Gesellschaft zu präsentieren? Dafür also den Danzelrock.« Konrad Vresdorp blinzelte verschmitzt.
    Henrike spürte ihr Herz heftig schlagen. Ihr Vater zog sich ein Wachstafelbüchlein heran. »Nun geh zu Bett und lass mich meine Pläne schmieden.« Henrike stand auf, am liebsten wäre sie gehumpelt, aber sie hatte ihren Stolz.
    Ihr Vater lächelte sie an. »Die Tugenden des Kaufmanns, die hast du jetzt sicher gelernt, oder, Tochter? Geheim oder hinterrücks, das geht selten gut.«
    Sie senkte beschämt den Blick. Zumindest konnte sie sicher sein, dass ihr Vater ihr kleines Abenteuer nicht weitererzählen würde. Eine Frage hatte Henrike jedoch noch: »Was hat es mit deinem Gast auf sich? Hat auch er mit dem Besuch des Kaisers zu tun?«
    Konrad Vresdorp sah noch einmal auf, doch sein Blick zeigte ihr, dass er mit den Gedanken schon woanders war. »Adrian Vanderen aus Brügge kommt. Ich hatte später mit ihm gerechnet,aber sei’s drum. Auf die Pläne des Höchsten hat ein Kaufmann keinen Einfluss. Manchmal kommt eben alles auf einmal. So geht es mir jetzt«, antwortete er. »Ich habe mit ihm ein wichtiges Geschäft zu besprechen, denn er ist ein enger Handelspartner und ehrenwerter Mann.«

2
    Auf der Ostsee, Oktober 1375
    I hr seid ein Schuft, Adrian

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