Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
Vom Netzwerk:
lächelte sie an. Hoffentlich würde er auf der Deutschen Brücke noch etwas zu essen bekommen.
    »Und Ihr führt die Geschäfte, wenn Euer Mann nicht da ist?«
    Die junge Frau kratzte die Reste aus der Schale, das Kind streckte die Hand nach dem Löffel aus. »Ja, wir haben treue Kunden, wie Herrn Nikolas. Immer bringt er uns Getreide und andere Waren und bekommt dafür unseren Fisch.«
    Andächtig schob Ellin dem Jungen den letzten Löffel in den Mund. Henk war jedoch nicht zufrieden, er quengelte erst leise, dann immer eindringlicher.
    Simon erhob sich; er hatte auf einmal das Gefühl, zu stören. Ellin hielt ihn nicht auf, aber sie lächelte ihn zum Abschied noch einmal an.
    »Und grüßt mir Herrn Nikolas, wenn Ihr ihn seht!«
    ~~~
    Nikolas saß in der Nähe des Kamins im Schütting, vor sich Bierkrug und Kupferkanne. Die Lider nur halb geöffnet, starrte er ins Feuer. Andere Kaufleute umringten die Tische, unterhielten sich, spielten Mühle oder Tric Trac. Simon bat eintreten zu dürfen und erhielt die Erlaubnis.
    »Wo bist du gewesen?«, fragte Nikolas mit derart leiser Stimme, dass Simon eigentlich schon hätte misstrauisch werden müssen, wenn er nicht in Gedanken noch bei Ellin gewesen wäre. Er, allein mit einer Frau, die ihn wie einen erwachsenen Mann behandelt hatte!
    »Ich habe Euch gesucht. Ich dachte, Ihr seid bei Frau Ellin, doch da wart Ihr nicht. Ich soll Euch aber einen schönen Gruß bestellen.«
    Nikolas schnellte hoch, packte Simon am Kragen, dass dessen Füße in der Luft baumelten. Schon spürte der Junge, wie die blutigen Striemen auf seiner Brust wieder aufrissen. Er biss die Zähne zusammen, unterdrückte ein Stöhnen.
    »Du hast nichts bei Ellin zu suchen, hörst du! Allein schon gar nicht.«
    Kreuz und quer trafen ihn Nikolas’ Schläge im Gesicht, Simon hörte ein Pfeifen in seinem Ohr, seine Knie knickten ein. Er fühlte sich seit gestern noch immer so schwach! Er wollte sich verteidigen, doch da hörte er eine Stimme hinter sich.
    »Herr Nikolas, ein Spielchen? Ich habe gerade einen hübschen Gewinn gemacht. Oder habt Ihr etwa Angst vor meinem Spielglück?« Liv, herausgeputzt und aufgedreht, die Augen wässrigund rot geädert vom vielen Bier. Sollte er nicht eigentlich für Adrian Vanderen Geschäfte erledigen?
    Nikolas stieß Simon zu Boden, gab ihm noch einen Tritt in den Bauch und wandte sich dann Liv zu.
    »Ein Spielchen, nur zu gerne«, hörte Simon, der sich schmerzerfüllt auf dem Boden krümmte, wie aus einiger Entfernung seinen Vetter sagen. Er stützte sich mühsam auf seine Ellenbogen, kroch Richtung Tür. Blut tropfte aus seiner Nase auf die Bohlen, wurde von seinem Hemd aufgewischt. Sein Magen krampfte. Elle um Elle, nur hinaus. Niemand half ihm. Niemand schien ihn überhaupt wahrzunehmen. Dann endlich hob ihn jemand auf. Es waren Claas und Helmold.
    ~~~
    Simon saß auf dem hölzernen Geländer im ersten Stock des Hofes und starrte in die dunklen Gänge und Winkel, die ihm heute besonders bedrohlich erschienen. Gestern hatte er sich nur unter Schmerzen rühren können. Auf seinem Leib hatten sich Flecken gezeigt, blaulila, einer davon in Form eines Fußes. Ein Siegel, das Nikolas ihm aufgedrückt hatte, das aber glücklicherweise wieder verschwinden würde. Seine Wangeninnenseiten waren wund und geschwollen, das Essen war ihm schwer gefallen. Der Gesellenobmann hatte zwar nichts gesagt, ihm jedoch nur einfache Arbeiten aufgetragen, die Simon, wenn auch langsam, bewältigen konnte. Heute war es ihm schon besser gegangen, körperlich zumindest. In seinem Innern hingegen brodelte es. Er wünschte sich, Nikolas die Schikanen eines Tages heimzahlen zu können. Er war aber klug genug zu wissen, dass die Rangfolge der Hofbewohner klar geregelt war und es wenig Sinn hatte, dagegen aufzubegehren. Er müsste klug handeln, wenn er sich gegen Nikolas zur Wehr setzen wollte, müsste ihn schlagen, ohne die anderen gegen sich aufzubringen.
    Ein Scharren ließ ihn zusammenfahren, er machte sich bereit zu verschwinden. Da, ein leises Tapsen, Kratzen unter ihm   – Simon ließ sich von dem Geländer gleiten. Unvermittelt tauchte ein Kopf dort auf, wo er eben noch gesessen hatte. Geschmeidig und flink wie eine Katze zog die Gestalt sich auf den Balken, setzte sich darauf und ließ die Füße baumeln. Claas!
    »Da staunst du, was? Habe es mir bei den Schiffsjungen abgeguckt«, sagte der Junge stolz. »Ich kann noch höher, bis aufs Dach. Kommst du mit?« Schon stand er auf dem Geländer,

Weitere Kostenlose Bücher