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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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würde sie sie überhaupt noch löschen können? Aber sie musste es versuchen, sie musste ihr Elternhaus retten.
    »Ilsebe lebt sicher noch. Geh hin und hilf ihr, ich lösche das Feuer!«
    Doch die Fassungslosigkeit in Rotgers Blick hatte sich bereits in Mordlust gewandelt. »Du hast die Herrin getötet. Dafür wirst du büßen.«
    Henrike wich zurück. »Ich war es nicht   ... Es war ein Unfall! Ihr seid gestolpert, Ilsebe und du. Rotger, wir müssen das Feuer löschen. Ich befehle es dir!«
    Er hatte sie fast erreicht, streckte die Hände schon nach ihr aus. Henrike rannte die Treppe herunter, trotz der Dunkelheitmehrere Stufen auf einmal nehmend. Jetzt kam es ihr zugute, dass sie das Haus in- und auswendig kannte, dass sie oft mit Simon hier herumgetobt war. Sie musste hinaus, musste Alarm schlagen, damit die Flammen überhaupt noch eingedämmt werden konnten.
    Unten angekommen, sah sie als Erstes eine dunkle Gestalt reglos auf den Gotlandplatten liegen und musste urplötzlich daran denken, wie die Leiche ihres Vaters in der Diele gelegen hatte. Es krachte, Funken rieselten durch die Luken wie Schneeflocken. Das Feuer fraß sich bereits durch die Speicherböden hindurch! Wenn es nicht bald gelöscht wurde, war es um das Haus geschehen. Ob ihre Tante wirklich tot war? Falls sie noch lebte, konnte sie Ilsebe nicht einfach hier liegen lassen. Ihre Tante würde bei lebendigem Leibe verbrennen. Diese Strafe hätte nicht einmal sie verdient. Schon fielen die ersten brennenden Balken neben ihr herunter. Furchtsam näherte sich Henrike dem Körper, beugte sich darüber, versuchte den Atem zu erspüren. Da wurde sie ein weiteres Mal von den Beinen gerissen. Rotger war bei ihr. Er warf sich auf sie, umfasste ihren Hals, presste zu. Henrike strampelte mit den Beinen, doch er war zu schwer. Sie schlug ihn, aber ihre Schläge machten ihm nichts aus. Sie kratzte, was ihn kaum zu stören schien. Sie schrie verzweifelt um Hilfe, doch schnell versagte ihre Stimme unter seinem eisernen Griff. Sie bekam keine Luft mehr, versuchte krampfhaft zu atmen. Bunte Punkte tanzten vor ihren Augen, ihre Sinne schwanden. Das war es also gewesen, ihr Leben. Aber sie hatte wenigstens gekämpft   ...
    ~~~
    Hartwig Vresdorp fluchte. Bald würde der Morgen grauen, und Rotger war noch immer nicht aufgetaucht. Ilsebe war nicht da, Henrike war ebenfalls fort. Was ging eigentlich vor in seinemHaus? Machte jeder nur, was er wollte? Hatte seine Nichte noch immer nicht gelernt, zu gehorchen? Was sollte er denn noch mit ihr anstellen! So ging es jedenfalls nicht weiter. Er würde beiden Frauen deutlich machen müssen, wer hier das Sagen hatte.
    Widerstrebend schob er seinen Dolch in den Gürtel. Er hatte geplant, sich mit Rotger auf Adrian Vanderens Spuren zu heften und ihn auf einem einsamen Wegstück zu töten. Was sollte er sich einen komplizierten Hinterhalt überlegen, wenn ohnehin niemand überlebte, der ihn später verraten konnte? Aber jetzt war Rotger verschwunden, und sich allein dem fremden Kaufmann zu stellen, wagte er nicht. Adrian Vanderen war deutlich jünger und beweglicher als er. Er schenkte sich noch einen Becher Roten ein und trank ihn in einem Zug aus. Auf dem Land gab es so viele Unwägbarkeiten, das gefiel ihm nicht. Es wäre besser, wenn Vanderen die Stadt gar nicht erst verließe. Vielleicht konnte er ihn einfach in seinem Stall überfallen oder dort ein schönes kleines Feuer legen   ... In seinem Haus würde Vanderen sich sicher fühlen, und Gehilfen, die ihn warnen könnten, hatte er im Moment auch nicht. Der Glatzkopf, der in seinen Diensten stand, war ihm nach Wismar vorausgereist. Sie hatten wohl das Versteck der Gotthilf ausfindig gemacht. Aber darum musste sich Diercksen endlich kümmern! Wie auch immer, es wurde Zeit. Er musste sich auf den Weg machen, ob mit oder ohne Rotger.
    Als Hartwig Vresdorp das Haus in der Mengstraße erreichte und sich in den Hinterhof schlich, hatte er die Lösung seines Problems plötzlich vor Augen. Ein Teil des Flügelanbaus wurde neu ummauert. Ein Gerüst stützte die Mauern ab, darauf lagen stapelweise Ziegelsteine. Niemand würde es verdächtig finden, wenn ein Baugerüst umstürzte. Kurz entschlossen kletterte er auf einen Mauervorsprung neben dem Gerüst und wartete. Endlich, als sich schon ein schmaler Streifen Licht am Horizont zeigte, kam ein Mann aus dem Haus   – Vanderen! Jetzt musste es schnell gehen. Hartwig Vresdorp stemmte seine Beine gegendie Hauswand und drückte mit aller

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