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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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Rates gab es regelmäßig üppige Festmähler   –, waren die Platten noch längst nicht geleert, als sie wieder zurück in die Küche getragen wurden. Auch sein Gesinde und die Bettler würden heute einen Festschmaus haben; sei es ihnen vergönnt, dachte Konrad Vresdorp und lockerte seinen Gürtel. Er konnte sich vorstellen, wie sie fröhlich beisammen saßen und das Essen genossen. Irgendwann würde Jost seine Mundorgel hervorholen, und die Mägde, allen voran Gesche, würden anfangen zu singen. Oft schon hatte er mit dem Gesinde einen Abend ausklingen lassen, das war ihm häufig lieber als die steifen Feierlichkeiten im Rathaus.
    Zum Abschluss des Festmahles wurden Butter, Käse und Gebäck auf den Tisch gestellt. Konrad Vresdorp betrachtete den Käse beinahe liebevoll, beschloss aber, noch ein wenig zu warten. Er ließ seinen Blick von Gast zu Gast wandern. Allerorten saher gerötete, lachende Gesichter mit fettglänzenden Wangen. Ein Festschmaus war eigentlich erst dann richtig gelungen, wenn man noch wochenlang darüber sprach. Wenn man sich die Speisen und Getränke, die Gerichte und die Künste der Spielleute gegenseitig immer wieder vor Augen führte. Das würde dieses Mal nicht der Fall sein. Schon morgen, mit der Ankunft des Kaisers, würde kaum einer mehr darüber sprechen.
    Dennoch hatte sich die Einladung gelohnt. Sie alle würden mit Zuneigung zu ihm und seinem Haus zu Bett gehen, und dieses gute Gefühl würde sich auch auf ihren Umgang miteinander und die Geschäfte niederschlagen. Auch Henrike wirkte zufrieden. Sie hörte Bruno Diercksen zu, schien aber gleichzeitig mit einem Ohr bei Adrian Vanderens Bericht über die Schönheiten Brügges zu sein, das verriet ihr Blick, der immer wieder bei dem Hausgast verweilte.
    Bruno Diercksen bemerkte nicht, dass seine Gesprächspartnerin abgelenkt war. Seine Augen waren halb geschlossen. Er hatte die gefalteten Hände auf seinen vorgewölbten Bauch gelegt, während er redete. Diercksen genoss trotz seines hohen Alters den Umgang mit jungen Frauen. Dreimal war er inzwischen schon verwitwet. Sein neues Eheweib war kaum älter als Henrike. Ein arrivierter Kaufmann war als Schwiegersohn zweifellos nicht zu verachten, aber solch eine ungleiche Ehe konnte Konrad Vresdorp sich für seine Tochter nicht vorstellen. Diercksen hatte ihm seinen Sohn Vicus als Ehemann für Henrike angetragen, aber auch mit ihm tat Konrad sich schwer. Der junge Diercksen hatte, wie es den Anschein hatte, keinen lauteren Charakter. Nie könnte Konrad Vresdorp es ertragen, wenn ein Mann seine Tochter schlecht behandelte oder gar schlug! Andererseits war Vicus Diercksen im richtigen Alter und eine gute Partie, das Für und Wider wollte also sorgsam abgewogen werden. Es war immer gut, wenn man sich seine Verbündeten gewissenhaft auswählte. Diese Heirat würde über Generationen hinaus ein festesBand zwischen zwei wirtschaftlich erfolgreichen und angesehenen Familien knüpfen.
    Konrad Vresdorp hing noch seinen Gedanken nach, als Johan Perceval das Wort an Adrian Vanderen richtete: »Welche Geschäfte führen Euch eigentlich hierher?«, fragte er und ließ seinen Blick prüfend über die Kleidung seines Gegenübers wandern.
    Wie immer machte Adrian eine gute Figur. Er trug ein Wams aus grüner Seide und Brokat, und eine goldene, mit Edelsteinen besetzte Spange zierte den Kragen. Johan Perceval, der unter Kaufmännern als eitel galt, konnte da nicht mithalten. Adrian legte sein Silbermesser auf die Seite.
    »Ich habe meinem Geschäftsfreund Vresdorp hier einige der besten flämischen Tuche gebracht, die derzeit auf dem Markt sind. Ich stehe schon lange in guten Verbindungen zu Lübeck. Nun möchte ich die Geschäfte zwischen Ihrer schönen Stadt und meinem Sitz in Brügge ausbauen«, antwortete Adrian.
    Eine Weile drehte sich das Gespräch um die Annehmlichkeiten von Brügge und die Unterschiede der Hansekontore im norwegischen Bergen, in Brügge und Nowgorod. Die Hansekontore waren die Hauptstützpunkte des Hansehandels in fremden Ländern. In ihnen trafen sich die in der deutschen Hanse zusammengeschlossenen Kaufleute. Im Gegensatz zu Norwegen, wo die Händler in einem bestimmten Viertel, der Deutschen Brücke, untergebracht waren, und dem Fürstentum Nowgorod, wo es für sie den abgeschlossenen Petershof gab, lebten sie in Brügge über die ganze Stadt verstreut und konnten sich frei bewegen. Nun schaltete sich unvermittelt auch Hartwig Vresdorp in das Gespräch zwischen Perceval und

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