Hansetochter
der Dänemark-Frage für falsch. Er stand in geschäftlichen Verbindungen zum Hause Mecklenburg und unterstützte Herzog Albrecht vorbehaltlos. Konrad Vresdorp hatte geahnt, dass die beiden Männer genügend Gesprächsthemen finden würden, und sie absichtlich einander gegenüber platziert.
Auf Adrians anderer Seite saß Hermann Warendorp, der für den Deutschen Orden in Lübeck die Geschäfte abwickelte. Aus einem altehrwürdigen Lübecker Geschlecht stammend, war er schon in jungen Jahren in den Orden eingetreten. Er war ein wichtiger Handelspartner für Konrad Vresdorp, denn er verschaffte ihm Zugang zu den Waren aus dem Ordensland, etwa zu dem begehrten Bernstein, den die Lübecker Paternostermacher zu Gebetsketten verarbeiteten und der weithin reißenden Absatz fand. Einen fremden Kaufmann hätte er kaum neben Warendorp gesetzt, aus Sorge, er könnte ihn als Handelspartner abspenstig machen. Adrian Vanderen aber war anders. Er war ein ausgezeichneter Mann, geschäftstüchtig, mutig und loyal. Sie hatten sich in Brügge kennengelernt und miteinander Handel getrieben, waren aber erst Freunde geworden, als er peinlicherweise in eine missliche Lage geraten war – er, der erfahrene Kaufmann Konrad Vresdorp aus Lübeck! Adrian Vanderen hatte ihm ohne zu zögern geholfen und später nie mehr ein Wort über die Angelegenheit verloren. Auf ihn konnte er sich verlassen, das wusste Konrad Vresdorp. Im Gegensatz zu vielen anderen Händlern, wie auch seinem eigenen Bruder. Zorn wallte in ihm auf. Hartwig! So oft schon hatte er ihm ins Gewissen geredet, aber es hatte nicht geholfen. Er durfte ihn vor allem in der nächsten Zeit nicht aus den Augen lassen.
Ein Haufen Krümel türmte sich vor Konrad Vresdorp, er war so in Gedanken gewesen, dass er sein Brot zerrupft hatte. Mit einer schnellen Bewegung wischte er die Brosamen vom Tisch, die Katzen würden sich darüber freuen. Nur Henrike hatte es bemerkt, amüsiert lächelte sie ihn an. Es gab nur sehr wenige Frauen, die sich ihm gegenüber einen derart kessen Blick erlauben durften. Clara, seine erste Frau, war die erste gewesen, seine Tochter Henrike zählte auch dazu, und ... Schon trugen die Mägde den Schinken auf, stellten Schalen mit Senf auf die Tafel und schenkten Margaretes gutes Bier ein.
Konrad Vresdorp klopfte mit seinem Bierkrug auf den Tisch. Er sprach einige Begrüßungsworte und stellte noch einmal seinen Geschäftspartner Adrian Vanderen vor. Schließlich trank er seinen Gästen zu und forderte sie auf, bei den Speisen kräftig zuzulangen. Der Harfner spielte auf, und eine Zeit lang war nur Schmatzen, Schlürfen und wohliges Seufzen zu hören. Der Schinken war genau richtig, salzig und butterweich, bemerkte der Hausherr zufrieden, als er ein Stück in den Mund steckte und behaglich mit einem Schluck Bier nachspülte.
»Ein vortrefflicher Schinken!«, lobte auch Adrian Vanderen und hob seinen Krug in Richtung seines Geschäftspartners. »Aber ich glaube, ein so vorzügliches Bier wie dieses habt Ihr mir noch nie zum Kaufe angeboten!«
Konrad Vresdorp lachte auf, wie immer kam es tief aus ihm herausgekollert.
»Ich habe Euch schon viele vorzügliche Biere zum Kauf angeboten. Aber Ihr wisst doch: Das Beste behält der kluge Kaufmann stets für sich«, prostete er zurück. »Nein, im Ernst: Meine gute Magd Margarete braut es nach ihrem Geheimrezept. Unddas ist so geheim, dass nicht einmal ich es kenne. Die Menge reicht gerade eben für mich und meine Gäste, wie Ihr Euch vorstellen könnt. Aber vielleicht kann ich ja mal ein Fässchen abzweigen.« Adrian Vanderen nahm das Angebot dankend an.
Der Duft von Zimt und Nelken breitete sich aus, als die Mägde ein herzhaftes Wildgericht auftrugen, auf das Konrad Vresdorp sich ganz besonders freute. Dazu wurde Wein ausgeschenkt. Das Gespräch wandte sich den Feierlichkeiten, dem Ball und dem Turnier zu. Beim nächsten Gang, einem Mahl aus Schaffleisch, tauschten sich die Männer über die Aufregung ihrer Ehefrauen aus, die den ganzen Hausstand mit Änderungen an ihren Festkleidern verrückt machten. Alles sollte perfekt für den Ratsball sein, dabei kam es doch nun wirklich nicht auf die Weiber an! Schließlich wurden vier verschiedene Braten hereingebracht, und die Kaufleute wechselten endlich zu dem Thema über, das sie am meisten bewegte: die Geschäfte.
Inzwischen griffen selbst die hungrigsten Räte nicht mehr so überschwänglich zu. Obgleich sie in Übung waren – bei den Feierlichkeiten des
Weitere Kostenlose Bücher