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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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Adrian ein: »Ihr habt wohl in Brügge nicht genug zu tun«, nuschelte er angetrunken und mit einem Finger zwischen seinen Zähnen pulend.
    Konrad Vresdorp spießte mit dem Messer, das Adrian ihm geschenkt hatte, ungeduldig ein Stück Käse auf. Welchen Zweckverfolgte sein Bruder mit dieser Bemerkung? Wollte er seinen Hausgast etwa reizen   – und das in seinem Haus?
    »Das Gegenteil ist der Fall. Aber Lübeck ist noch immer ein wichtiger Trittstein auf dem Weg zu den Märkten im Osten«, gab Adrian ruhig zurück.
    » Noch immer? Für immer, würde ich eher sagen«, platzte Hartwig Vresdorp heraus und wischte sich mit dem Ärmel über das fettige Gesicht. Adrian lächelte unverbindlich.
    »Wie man es nimmt. Wenn die Stadt die Gefahr durch Seeräuber nicht in den Griff bekommt, wird der Handel leiden und sich neue Wege suchen.«
    »Neue Wege?« Hartwig Vresdorp schnaubte verächtlich. Konrad richtete sich auf, allmählich wurde es ihm zu viel.
    »Natürlich. Wie schnell das geht, haben wir am Beispiel Gotland gesehen. Früher machte jeder Kaufmann auf dem Weg nach Osten auf Gotland halt, das ist heute nicht mehr so«, sagte er. Jetzt schaltete sich auch Hermanus von Osenbrügghe ein.
    »Der Rat hat bereits Maßnahmen gegen den Seeraub ergriffen. Bald wird der Henker diesen Halunken die Köpfe vom Leib schlagen. Doch die politische Unsicherheit macht es nicht einfacher. König Waldemar toleriert die Seeräuber, weil sie die Hanse schwächen. Bei ihm und den Mecklenburgern finden sie immer einen Unterschlupf. Und ich fürchte, wenn Waldemar stirbt, wird sich die Lage eher noch verschärfen«, meinte der silbergraue Herr. Adrian beugte sich vor.
    »Eben deshalb müssen wir selbst die Dinge in die Hand nehmen. Wenn wir uns zu Fahrgemeinschaften zusammenschließen, sind wir weniger angreifbar, das wisst Ihr doch auch. Außerdem sollten wir selbst Schiffe bewaffnen und als Begleitschutz mitschicken.«
    »Wie sollen wir das bezahlen? Wir haben schon genug unter dem Pfundzoll zu leiden! Noch mehr Kriegsschiffe können wir uns nicht leisten«, protestierte Johan Perceval. Mit dem Pfundgeld, einer Abgabe auf Waren, war beispielsweise der Krieg gegen Waldemar von Dänemark bezahlt worden.
    Adrian beruhigte ihn. »Das muss nicht teuer sein. Man könnte einige Koggen einfach besser mit Männern und Waffen ausstatten. Die Schiffe sollen ja auch nicht Krieg, sondern Frieden bringen. Sie sollen lediglich die Piraten abschrecken.«
    Perceval und Hermanus von Osenbrügghe schienen über seine Worte nachzudenken. »Ihr seid nicht der Erste, der diesen Vorschlag macht«, sagte Osenbrügghe schließlich, »aber der Überzeugendste.«
    Hartwig Vresdorp schien diese Wendung nicht zu gefallen. Er kam auf den Beginn des Gespräches zurück. »Stammt Ihr denn aus Brügge, Vanderen?«, hakte er nach.
    »Ich komme ursprünglich aus Nürnberg. Der Handel hat mich nach Brügge verschlagen. Es ist eine schöne Stadt   – wie Euer Lübeck.«
    »Euer Vater ist Kaufmann oder Ratsmitglied in Nürnberg? Ich habe noch nie von ihm gehört«, sagte er zu Adrian.
    »Mein Vater war Goldschmiedemeister«, sagte Adrian Vanderen. Konrad Vresdorp bemerkte, wie die Knöchel seiner geballten Hand hervortraten. Wenn man Adrian Vanderen eines vorwerfen konnte, dann, dass er empfindlich reagierte, wenn er sich herabgesetzt fühlte.
    Hartwig zog die Lippen hoch. Konrad konnte sich vorstellen, was sein Bruder dachte: ein Handwerker also, von niederem Stand.
    Doch Adrian Vanderen fügte beinahe beiläufig hinzu: »Er hatte die Ehre, einige Stücke für den Kaiser herzustellen.«
    Nun mischte sich auch Henrike ein. »Es müssen besonders schöne Stücke sein, wenn sie für den Kaiser infrage kommen.«
    »Sie sind bei Adel und Bürgern gleichermaßen begehrt und schmücken so manches Gotteshaus«, antwortete Adrian Vanderen und sah sie so lange an, dass Konrad Vresdorp unruhig wurde.
    Er nutzte die Stille und hob sein Weinglas. »Auf den Kaiser!«, rief er, und alle tranken ihm mit glänzenden Augen zu. Er aber hatte seine ganze Aufmerksamkeit auf seine Tochter gerichtet, die sich jetzt endlich, später, als es sich für eine junge Frau geziemte   – was würde sein Bruder nur wieder dazu sagen!   –, verabschiedete. Henrike schien sich sehr für seinen Hausgast zu begeistern. Das kam seinen eigenen Überlegungen sehr entgegen.
    ~~~
    Als Henrike in die Küche trat, kam Margarete ihr sogleich entgegen. Das graue Haar schaute unter ihrem Kopftuch heraus, klebte an

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