Happy End am Mittelmeer
gespannt auf seine Reaktion. Eigentlich machte ihr der Gedanke Angst, nicht mehr seine ‚Verbündete‘ zu sein. Derzeit hatte sie keine Ahnung, was sie ohne ihn machen sollte. Und sie wollte es nicht ernsthaft herausfinden.
„Vielleicht“, sagte er so gleichmütig, als mache es ihm nichts aus. „Es ist wirklich keine schlechte Idee. Wir könnten ein nettes Hotel für dich suchen und ein Zimmer buchen …“
Sie sah, wie gekonnt er die kleine Cici hielt, und sie betrachtete sein so stolzes, anziehendes Gesicht. Wollte sie das hier wirklich, mit allen Gefahren, gegen die sterilen Wände eines Hotelzimmers eintauschen? Würde es nicht dazu führen, dass sie von Ort zu Ort ziehen musste, bis sie jemand fand, der ihr helfen konnte?
Hm. Vielleicht sollte sie sich das noch einmal überlegen. Sie würde sich erst von ihm trennen, wenn sie es unbedingt musste. Sie würde bleiben und der Dinge harren, die da kommen sollten. Das war ihr klar. Ihm wahrscheinlich auch.
„Andererseits …“, fuhr sie daher beschwichtigend fort, „… könntest du mich aber auch netterweise darüber aufklären, was hier vor sich geht, damit ich es verstehe und vorbereitet bin. Zuweilen möchte ich nämlich auch eigene Pläne machen können.“
Er spannte die Kiefermuskeln an. „Du willst wissen, was los ist.“
„Ja, das will ich.“
Er nickte. Man konnte wirklich Pferde mit ihr stehlen. Sie hatte ein Recht auf mehr Information. Alles konnte er ihr nicht sagen. Aber mehr als bisher. Das war ein Wagnis. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass er es wagen konnte.
„Also gut, Ayme“, begann er. „Ich bin Ambrier, wie du schon richtig vermutet hast.“
„Wusste ich’s doch!“ Ihre Augen funkelten vergnügt, und sie wollte ihm um den Hals fallen und ihm triumphierend einen Kuss geben, doch sie hielt sich tapfer zurück. „Da steckt aber noch mehr dahinter“, sagte sie stattdessen.
Er schaute sie so durchdringend an, dass ihr das Siegerlächeln gefror. „Ich arbeite zusammen mit anderen Ambriern daran, die unrechtmäßigen Machthaber zu stürzen und unser Land zurückzugewinnen.“
Fassungslos sah sie ihn an. „Im Ernst? Kein Wunder, dass man hinter dir her ist.“
Kein Wunder. Das war seine Entscheidung. Aber nicht ihre. Also, warum zum Teufel wollte sie sich und das Baby in eine solche Gefahr bringen?
Vielleicht wollte sie ihm Danke sagen, aber das war nicht nötig. Hieß es jetzt Abschied nehmen?
Mit ernster Miene sprach er eindringlich weiter. „Die jetzigen Machthaber Ambrias haben ihre Spione überall. Sie wollen jeden Widerstand im Keim ersticken. Daher muss ich vorsichtig sein, und deshalb, fürchte ich, verfolgt man mich.“
„Okay.“ Sie verschränkte die Arme über der Brust, als wolle sie sich selbst beruhigend umarmen. „Jetzt verstehe ich. Danke, dass du es mir gesagt hast.“ Sie schaute ihn mit großen Augen an. „Glaub mir, ich werde dein Vertrauen nicht enttäuschen.“
Es drängte ihn, sie zu küssen. Sie wirkte so rein und ehrlich mit ihrem sinnlichen, leicht geöffneten Mund, den von der frischen Luft geröteten Wangen, und er meinte, nie jemand Schöneres als sie gesehen zu haben. Der Drang ging vorüber.
Aber er hinterließ ein anderes Gefühl – Schuld.
Sie vertraute ihm.
Ach, verdammt, dachte er.
Schuld schnürte ihm die Kehle zu. Er belog sie immer noch, verschwieg ihr weiterhin einiges. Sie wusste nicht, dass er eigentlich der Mann war, den sie suchte. Na ja, so ganz stimmte das nicht, aber fast. Wenn sie wusste, wer er wirklich war, könnte sie sich darauf konzentrieren, den wahren Vater zu finden. Andererseits konnte sie aber auch ihn für den Kindsvater halten. Was dann?
Er hatte keine Zeit für einen DNA-Test. Er musste in weniger als einer Woche in Italien sein. Und er konnte ihr nichts davon erzählen – noch nicht. Vielleicht nie.
Sie gingen zurück zum Auto, und nachdem alle wieder an Bord waren, fuhren sie los. Aber die ganze Zeit dachte er an das Gespräch. Es gab noch so vieles, was er ihr nicht sagen durfte, aber etwas mehr durfte es schon sein.
„Und noch eine Wahrheit, Ayme“, verkündete er ihr nach einigen Kilometern. „Die Wahrheit ist: Ich bin wie du.“
„Wie ich?“
„Ja. Ich bin auch ein Waisenkind aus Ambria. Gleich nach dem Putsch wurde ich von einer holländischen Familie adoptiert.“
Sie durchdachte das Gehörte eine Weile und spürte ein warmes Gefühl der Verbundenheit mit diesem Mann. Auch wenn ihr sein Blick nicht signalisierte, dass er diese
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