Happy End fuer Rachel
könnte sie ihn als Ehemann ihrer Mutter akzeptieren? Was sollen diese Gedanken über etwas, zu dem es nie kommen wird, versuchte Joe sich zu seiner gewohnten Ordnung zu rufen.
Auf dem Weg zum Wohnzimmer hörte er von dort Marlas und eine weitere Frauenstimme. Der britische Akzent in der jüngeren Stimme ließ sein Herz rasen. Rachel, sie ist da, hallte ein Glücksschrei durch seinen ganzen Körper. Aufgeregt beschleunigte er seine Schritte – und glaubte in eine tiefe Schlucht zu stürzen, als statt Rachel die strahlende Shelley vor ihm stand.
„Joe! Darling!“, rief sie und flog ihm an den Hals. Zum zweiten Mal zeigte er kein Interesse für ihre Reize, aber es fiel ihm gar nicht auf. Wie immer waren Shelleys Kleidung und Make-up makellos, und sie bewegte sich so sicher wie auf dem Laufsteg. Insgeheim stellte Joe Rachel mit ihren weiblichen Rundungen daneben und erkannte darin den weitaus größeren Reiz. Plötzlich wusste er, was ihn an Rachel fesselte: Gerade weil sie sich nicht von Äußerlichkeiten leiten ließ, strahlte aus ihrem Inneren die natürliche Schönheit.
Sanft, aber bestimmt umfasste Joe Shelleys Handgelenke und löste sich aus ihrer Umarmung. Sie schien seine Reserviertheit jedoch nicht zu bemerken und plauderte unbeschwert. „Ich habe dich so schrecklich vermisst. Du mich nicht auch, mein Schatz? Ich hätte es unmöglich bis November ohne dich ausgehalten. Zufällig habe ich ein paar Tage frei, und da dachte ich …“
Joe konnte sich kaum auf ihre Worte konzentrieren. Über ihre Schulter hinweg wandte er sich an die immer noch auf eine Anweisung wartende Haushälterin. „Marla, würden Sie bitte eines der Gästezimmer für Miss Adair herrichten?“
Empört sprang Shelley zwei Schritte zurück. „Gästezimmer?“, rief sie und funkelte abwechselnd Joe und Marla an.
Die Mexikanerin hob hilflos die Schultern. „Señor Mendez fühlt sich nicht besonders wohl.“
Joe nicke dankbar. „Ganz richtig. Es waren anstrengende Wochen, aber davon kannst du nichts wissen, Shelley.“
Aus Shelleys Blick wich alles Misstrauen. „Geht es deinem Vater besser, Schatz? Ich habe von dem Schlaganfall gehört.“
Auf keinen Fall wollte er jetzt mit ihr über seinen Vater sprechen. Am liebsten wollte er gar nicht mit ihr sprechen.
Die Mexikanerin spürte das Brenzlige an der Situation und wollte vermitteln. Warmherzig erkundigte sie sich: „Hatten Sie eine gute Reise, Miss Adair?“
Da fuhr Shelley herum. „Das soll nicht Ihre Sorge sein. Halten Sie sich an Ihren Aufgabenbereich!“ Zu Joe sagte sie: „Du solltest deine Dienstboten besser im Griff haben.“
In Joe stieg Ärger hoch. Gleichzeitig fürchtete er Marlas Temperamentsausbruch. „Die Lady ist nervös, Marla, nehmen Sie es ihr bitte nicht übel“, bat er die Haushälterin. Hoch aufgerichtet verließ die ältere Frau den Raum.
Joe musste sich zur Freundlichkeit zwingen, als er Shelley aufforderte, Platz zu nehmen. Doch sie blieb stehen und fauchte ihn an: „Wie kannst du es wagen, mich vor deiner Haushaltssklavin derart lächerlich zu machen?“
Damit machte sie einen Fehler. „Ich lasse meine Angestellten von niemandem beleidigen, auch von dir nicht“, entgegnete Joe gefährlich leise.
„Ich habe mich nicht in den Flieger gesetzt, um mich hier so behandeln zu lassen“, rief Shelley immer noch aufgebracht.
Ruhig sah Joe sie an. „Der Zeitpunkt ist ungünstig, Shelley. Du hättest mich über deine Reisepläne informieren sollen.“ Etwas ironisch fügte er hinzu: „Wenn du kein anderes Ziel hattest, erstatte ich dir natürlich dein Ticket.“
Am liebsten hätte sie ihm die Augen ausgekratzt, das sah man ihr an. Stattdessen verlor sie die Beherrschung. „Du und dein Geld! Du glaubst, alles ließe sich mit Geld regeln! Aber wenn ich jetzt durch die Tür dort gehe, wirst du mich nie wiedersehen.“
„Es war schön mit dir“, sagte er leise, mehr nicht.
Etwa zur gleichen Zeit fuhr Rachel mit dem Zug aus London zurück. Seit der Nacht mit Joe hatte sie sich nicht mehr so leicht und froh gefühlt, aber auch stolz. Ihre Agentin Marcia hatte sie zum Essen in ein Nobelrestaurant eingeladen und mit Lob für den endlich abgelieferten Roman überschüttet.
Auf dem Weg zur Bahn hatte sie für Daisy einen neuen Video iPod gekauft, weil sie zu Daisys Kummer darauf bestanden hatte, Joes Geschenk im Krankenhaus zurückzulassen.
Bei dem Gedanken an Daisy lächelte Rachel glücklich. Das Mädchen war schneller als von allen erwartet
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