Happy End im Mondpalast
vorübergehend die Fassung verloren, aber inzwischen war sie wieder hellwach. Sie durfte jetzt keinen Fehler machen. Khal war es gewohnt, seine Macht einzusetzen. Wenn er sich entschied, Hana mitzunehmen, konnte sie wenig dagegen tun. Darum musste sie auf Verständigung setzen.
„Sag deinem Daddy Guten Tag“, forderte sie Hana in der Hoffnung auf, Khals hartes Herz zu erweichen. „Hana ist ein Baby“, entgegnete er gereizt. „Sie kann noch nicht sprechen.“ Er sah Beth missbilligend an. Als Khal sich umdrehte und ihr den Rücken zukehrte, empfand sie das als schmerzliche Demütigung.
Sie hatte kein Vorbild für den Umgang mit Babys und war bislang einfach ihrem natürlichen Instinkt gefolgt. Derselbe Instinkt sagte ihr jetzt, dass Khal gerade ihre unterschiedlichen Lebenspositionen bestätigt hatte und Hana auf die andere Seite der Welt mitnehmen würde.
Als sie ihn in eine Ecke winkte, um dort ungestört sprechen zu können, reagierte er mit einem Blick, aus dem die Empörung über diese Anmaßung sprach. Daraufhin trat sie mutig an ihn heran und sagte leise: „Bitte übertrage deine kalte, gefühllose Art nicht auf Hana.“
Khal sah sie starr an. Seine Augen glichen zwei schwarzen Diamanten. „Wenn es um meine Tochter geht, lasse ich mir nichts vorschreiben“, erklärte er.
„Unsere Tochter“, flüsterte Beth, um ihm klarzumachen, dass sie auch etwas zu sagen hatte. Gleichzeitig erinnerte sie sich daran, dass sie es mit einem Mann zu tun hatte, der keine Gefühle kannte, nicht in einem Haus, sondern in einem Palast wohnte und als Sieger über seine aufständischen Rivalen vor ihr stand. Sie musste ihn davon überzeugen, dass es hier um etwas ganz anderes ging, und dazu ihren Stolz überwinden. „Khal, ich bitte dich …“
„Nicht hier.“ Er sah sich nach Faith um. „In meinem Büro … in fünf Minuten.“
Beth war wütend, aber das wollte sie vor Faith und Hana nicht zeigen. Verglichen mit dem gewaltigen Wüstenadler, mochte sie nur eine Maus sein, aber deswegen würde sie doch um ihr Kind kämpfen.
„Ich möchte Hana erst wieder hinlegen“, erklärte sie bestimmt und streckte die Arme aus. „Dann komme ich in dein Büro.“
„Kann die Erzieherin das nicht übernehmen?“
Beth antwortete nicht. Sie blieb mit ausgestreckten Armen stehen und wartete darauf, dass Khal ihr Hana zurückgeben würde. Erst dann war sie bereit, ihm zu folgen.
„Wir werden uns nicht einigen, solange du so unsinnige Forderungen stellst“, erklärte Beth wenig später in Khals Büro. Es war unglaublich, aber er verlangte tatsächlich, dass sie ihm nach Q’Adar folgen sollte. „Ich kann hier nicht einfach alles aufgeben. Ich habe einen Beruf, Verpflichtungen …“
„Ganz recht“, unterbrach er sie. „Verpflichtungen gegenüber mir und unserer Tochter.“
Beth wusste, dass sie nicht viel zählte, aber Khal machte ein Gesicht, als wäre sie gar nicht vorhanden. Er wollte seine Tochter, und wenn er diese ohne Beth nicht haben konnte, musste Beth eben mitkommen. Darauf lief es mehr oder weniger hinaus.
Sie dachte sehnsüchtig daran, wie nah sie und Khal sich einmal gestanden hatten. Er war ihr keineswegs gleichgültig, aber jetzt durfte sie nicht nachgeben. Wenn sie ihm nicht mit gleichen Waffen begegnete, hatte sie den Kampf verloren, und das durfte um Hanas willen nicht geschehen. Khal gehorchte der Pflicht und ließ sich niemals von Gefühlen leiten, aber sie war eine Mutter, die nur an ihr Kind dachte.
„Du kannst Hana nicht aus einer Laune heraus entführen“, argumentierte sie weiter. „Sie hat hier einen festen Rhythmus.“
„Dieser Rhythmus kann in Q’Adar aufrechterhalten werden“, erklärte Khal, „und ich handle nicht aus einer Laune heraus. Ich bin hier, weil Hanas Sicherheit gefährdet ist.“
„Hanas Sicherheit?“ Beth wurde immer elender zumute. Die Welt, die ihr vertraut war, schien sich aufzulösen, und etwas Unbekanntes, Erschreckendes erschien dafür am Horizont. Es kam nicht so sehr darauf an, ob es richtig oder falsch war, Khal nach Q’Adar zu folgen. Wichtig war allein Hanas Sicherheit.
„Wie meinst du das?“, flüsterte sie.
„Das erkläre ich dir während des Rückflugs nach Q’Adar“, antwortete er knapp.
„Hast du wirklich geglaubt, ich würde dir so lammfromm folgen – ganz ohne Fragen zu stellen?“
„Ich habe geglaubt, du würdest mir vertrauen.“
„Das genügt nicht, Khal. Ich muss deine Absichten kennen, bevor ich eine solche Entscheidung für
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