Happy End im Mondpalast
entscheiden würde, dass sie bedenkenlos nach Liverpool zurückkehren konnten.
Richtig heimisch würde sie in Q’Adar ohnehin nicht werden, oder doch? Beth dachte darüber nach, während die Limousine an Orangenhainen vorüberglitt, aus denen die reifen Früchte im Licht der untergehenden Sonne wie kleine Lampions hervorleuchteten.
„So werden wir von jetzt an leben“, flüsterte Beth ihrem Baby zu, als die Limousine vor dem Aufgang zum Palast hielt. Trostbedürftig drückte sie ihr Gesicht in Hanas weiche schwarze Locken, aber dann sah sie die Königinwitwe auf der obersten Treppenstufe zum Empfang bereitstehen, und ihr Mut hob sich wieder. Sie dachte daran, wie freundlich Khals Mutter sie bei ihrem letzten Besuch behandelt hatte. Wenn sie einen der vielen Pläne, die sie unterwegs erwogen hatte, wirklich umsetzen wollte, brauchte sie eine einflussreiche Fürsprecherin. Würde die Königinwitwe diese Fürsprecherin sein?
Beth biss sich auf die Lippen. Nein, da waren ihre Hoffnungen wahrscheinlich zu hoch angesetzt. Sie erschien jetzt so, wie sie war – als kleine, unbedarfte Verkäuferin mit einem Baby auf dem Arm. Konnte sie da erwarten, dass die wichtigste Frau am Hof für sie die gute Fee spielte?
Beth schlug das Herz bis zum Hals, als die Königinwitwe – diesmal ohne Gefolge – betont langsam die Treppe herunterkam. An ein Ausweichen war nicht mehr zu denken. Der Fahrer hatte die Autotür bereits geöffnet. Sie musste aussteigen und dem Schicksal die Stirn bieten.
„Willkommen in Q’Adar, mein Kind!“
Khals Mutter umfing Beth und Hana mit einer Wolke aus veilchenblauer Seide, betäubendem Duft und blitzenden Juwelen.
„Danke, Majestät.“ Beth versank in einen tiefen Hofknicks, bei dem Hana sie kaum behinderte. Sie hatte den Verdacht, dass die Königinwitwe sie nicht wiedererkannte und ihren Irrtum sehr schnell bemerken würde.
„Dafür besteht keine Notwendigkeit mehr, meine Liebe.“ Die alte Dame fasste Beth am Ellenbogen und half ihr, sich aufzurichten. „Oh, wie entzückend! Darf ich das Baby einmal halten?“
„Natürlich …“ Beth konnte immer noch nicht fassen, dass der warmherzige Empfang wirklich ihr galt. „Genau das brauchen wir in Q’Adar“, bekannte Khals Mutter, während sie die Treppe hinaufstiegen.
„Was meinen Sie, Majestät?“
„Junges Blut, mein Kind.“ Auf dem oberen Treppenabsatz blieb die Königinwitwe stehen und unterzog Beth einer raschen Prüfung.
Beth fragte sich, wie das Ergebnis ausfallen würde. Sie erinnerte sich noch gut an die strahlenden Prinzessinnen, die Khals Mutter auf dem Ball versammelt hatte. Wurde sie jetzt mit ihnen verglichen? Es war schwer auszumachen, was in dem Kopf der alten Dame vorging.
„Soll ich Hana den Pflegerinnen übergeben?“, fragte sie. „Mein Sohn hat einen ganzen Stab für sie engagiert.“
Beth erschrak. „Nein“, entfuhr es ihr.
„Nein?“
Nichts lag Beth ferner, als sich mit dieser liebenswürdigen alten Dame anzulegen, die das Wort ‚Nein‘ nur aus ihrem eigenen Mund kannte. Darin glich sie ihrem Sohn.
„Hana braucht keine Armee von Pflegerinnen, sondern nach der langen Reise vor allem Ruhe“, fuhr sie gefasster fort. „Wir sind nicht gewohnt, uns zu trennen …“
„Auch nicht im Kaufhaus?“, fiel die Königinwitwe ein. „Soweit ich weiß, kommt Hana in die Kinderkrippe, während Sie arbeiten.“
„Ich bin aber jederzeit erreichbar, und eine sehr gute Freundin von mir – eine ehemalige Schulfreundin, die bei uns wohnt – arbeitet in der Kinderkrippe und kümmert sich ständig um Hana.“
„Ich verstehe.“ Die alte Dame dachte darüber nach. „Sie scheinen alles im Griff zu haben.“
Dazu schwieg Beth.
„Ich bewundere Sie, Beth Torrance!“
„Wirklich?“
„Ja.“ Die Königinwitwe strich Beth lächelnd über die Wange. Zum ersten Mal seit ihrer Abreise aus England fasste Beth wieder Vertrauen. Vielleicht würde sie doch einiges von dem durchsetzen können, was sie sich vorgenommen hatte – Kleinigkeiten, mit denen sie Q’Adar in der kurzen Zeit, die sie hier sein würde, nützen konnte. Mit Khals Mutter im Rücken wirkte die Zukunft nicht mehr so dunkel.
Nur an eins werde ich mich nie gewöhnen, dachte sie im Weitergehen – dass sich ständig irgendwelche Bedienten verbeugen, und dass sich die Palasttüren wie durch Zauberhand öffnen.
„Ich habe die Gartensuite persönlich für Sie ausgewählt“, sagte die Königinwitwe, als sie vor einer Flügeltür mit feinstem
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