Happy End im Mondpalast
Selbstbeherrschung.
„Wie du meinst. Sei vorsichtig, mein Sohn.“
Wie Beth vermutet hatte, wollte Hana nach der langen Reise nur schlafen. Die Ausstattung des Kinderzimmers war verblüffend, und die engagierten Pflegerinnen kamen alle von einer Schule, an der seit Jahrzehnten fortschrittliche Kinderpflege gelehrt wurde. Nachdem Beth sich eine Weile mit ihnen unterhalten hatte, überließ sie Hana beruhigt ihrer Fürsorge und begann eine Besichtigungstour.
Der Mondpalast war so weitläufig angelegt, dass Beth mehrere Minuten brauchte, um ihren privaten Garten zu erreichen. Während ihres ersten Besuchs in Q’Adar hatte man sie nicht eingeladen, diesen abgeschlossenen, ganz besonderen Palastbereich zu besuchen, daher stieß sie einen entzückten, leisen Schrei aus, als sie durch die schmiedeeiserne Tür trat.
Endlich hatte sie den geheimnisvollen Garten gefunden, von dem in einem ihrer liebsten Kinderbücher die Rede gewesen war. Die Mauern fingen den Duft der Blumen ein und verstärkten ihn dadurch noch. Rundum standen Kolonnaden, die die schmalen Wege in kühlenden Schatten tauchten. Eine zentrale Fontäne, deren funkelnder Wasserstrahl hoch in die Luft schoss, machte die Schwüle des späten Nachmittags erträglich. Beth hatte in ihrem luxuriösen Badezimmer geduscht und sich umgezogen. Sie trug eine leichte weite Hose mit heller Bluse und fühlte sich erfrischt, aber die Versuchung, sich auf den Beckenrand zu setzen und ihr Gesicht in die herabsprühenden Tropfen zu halten, war trotzdem sehr groß.
Khal beobachtete Beth von einer schattigen Ecke aus. Ein neuer Hengst wartete auf ihn, ein Tier aus bester Zucht. Er war das Geschenk eines benachbarten Scheichs, und unter normalen Umständen hätte Khal seinen Proberitt um keine Minute verschoben. Der Hengst hatte beim letzten Rennen die bisherige Bestzeit um zwei Sekunden unterboten, und er brannte darauf, ihn selbst zu prüfen.
Eigentlich hätte ihn das ausreichend beschäftigen müssen, aber Beth lenkte ihn ab. Als sie ihr Gesicht zum Himmel wandte und zufrieden seufzte, erfasste ihn heißes Verlangen. Er musste hinaus in die Wüste und sich gründlich abreagieren.
„Khal?“
Hatte sie seine Gegenwart gespürt? Sie konnte ihn unmöglich gesehen haben, und seine Schritte verursachten kein Geräusch. Waren sie so aufeinander eingestimmt, dass Beth merkte, wann sie von ihm beobachtet wurde?
Khal verließ sein schattiges Versteck und trat in den Garten hinaus. „Ich hoffe, deine Wohnräume sind erträglich?“, fragte er.
„Meine Wohnräume? Du meinst meine Suite, und die ist fantastisch!“ Khal unterdrückte ein Lächeln. Hatte er vergessen, wie stark sie auf ihn wirkte?
„Fantastisch?“, wiederholte er und dachte an die Könige und Präsidenten, die vor ihr die Suite bewohnt hatten. „Wenn du nur zufrieden bist und nichts entbehrst.“
„Oh, gar nichts“, versicherte Beth und zeigte auf einige Rosenblätter, die im Brunnenbecken schwammen. „Werden die Blätter von jemandem hineingeworfen?
„Warum? Würdest du die Aufgabe gern übernehmen?“
Khal konnte Beth ansehen, dass sein humorvoller Ton sie überraschte. Berechtigterweise, denn Humor war hier fehl am Platz. Beth war mitgekommen, weil er sie und Hana nur hier schützen konnte. An alte Zeiten zu erinnern, in denen sie intim miteinander verkehrt hatten – im Bett und auch außerhalb –, wäre ein Fehler gewesen.
„Ich würde gern eine wichtigere Aufgabe übernehmen“, sagte Beth. Auch sie wollte keine alten Erinnerungen heraufbeschwören. „Ich werde zwar nicht lange hier sein, aber mir kommt da eine Idee …“
Das überraschte Khal nicht. „Sprich weiter“, forderte er sie auf.
„Ihr habt doch keine Kinderkrippe im Palast, nicht wahr?“
„Soviel ich weiß, gibt es auch nur ein Baby.“
„Aber bei den Angestellten muss es Dutzende geben, und du scheinst gute Verbindungen zu einer der besten Schulen für Kinderpflege zu haben. Ich frage mich …“
„Ja?“, ermunterte er sie. Er wollte möglichst schnell verschwinden, um Beth nicht länger in ihre klaren blauen Augen sehen zu müssen.
„Ich dachte, du könntest so eine Krippe einrichten.“
Khal runzelte die Stirn. „Für jeden?“
„Für jeden, der im Palast arbeitet. Hana würde dann Gesellschaft haben, und ich würde gern mithelfen. Ich könnte sogar die Leitung übernehmen.“
„Dafür wirst du nicht lange genug hier sein.“
Beth machte ein enttäuschtes Gesicht, und Khal hätte sich ohrfeigen können.
Weitere Kostenlose Bücher