Happy End in Seattle (German Edition)
einfach auf den Arm nehmen und in sein Schlafzimmer tragen können. Von Verlangen umnebelt, hätte sie ihm gewiss keinen Widerstand entgegengesetzt. Stattdessen zog er sich zurück und gab ihr die Möglichkeit, ihre Leidenschaft zu bremsen, falls sie irgendwelche Zweifel hatte.
Sie lächelte ihn an. Und dann küsste sie ihn. Weich und innig war ihr Kuss. „Ich begehre dich“, flüsterte sie. „Ich habe solche Sehnsucht nach dir …“
Mehr brauchte er offenbar nicht zu hören, denn er hob sie hoch und trug sie ins Haus, geradewegs in sein Schlafzimmer, wo er sie behutsam aufs Bett legte.
Sie verbrachten den ganzen Tag dort. Wenn sie sich nicht liebten, schliefen sie oder unterhielten sich. Am späten Nachmittag schließlich musste Donnalee schweren Herzens an den Aufbruch denken. Sie hatte am Montag früh Termine mit Kunden und musste daher pünktlich in ihrem Büro sein. Zwei Tage lang war es ihr vergönnt gewesen, in eine andere Welt zu entkommen, in eine Welt, wo alles viel einfacher war, wo sie Glück und Erfüllung fand.
Die Hände unter dem Kopf verschränkt, lag Todd neben ihr auf dem Rücken. „Jetzt, wo ich so darüber nachdenke, wird mir klar, womit sich meine Großeltern vermutlich hier die Zeit vertrieben.“
„Du meinst, sie machten dasselbe wie wir heute?“
„Meinem Großvater wäre es zuzutrauen. Die beiden waren über sechzig Jahre miteinander verheiratet, und nie habe ich sie ein böses Wort zueinander sagen hören.“
„Was für ein wunderbares Vermächtnis.“
„Meine Scheidung war die erste in unserer Familie.“
Selbst jetzt noch, nach so vielen Jahren, konnte Donnalee das Schuldbewusstsein aus seiner Stimme heraushören. Sie schmiegte den Kopf an seine Schulter und schlang ihm den Arm um den Nacken. „Ich möchte nicht von hier weg“, flüsterte sie. Sie hatte Angst, in der Stadt könnte alles, was sie an diesem Wochenende entdeckt hatten, wieder verloren gehen. Todd würde zu seinem Leben zurückkehren und sie zu ihrem. Schnell wären die kurzen Stunden, die sie einander in den Armen gehalten hatten, vergessen. Todd würde ihre Liebe vermutlich als angenehmes, jedoch bedeutungsloses Zwischenspiel in Erinnerung behalten.
Schweigend zogen sie sich an und luden ihr Gepäck in Todds Wagen. Sie sprachen nur wenig auf der langen Rückfahrt nach Seattle. Als Todd schließlich vor ihrem Haus anhielt, war Donnalee überzeugt, dass er bereits alles bereute, was er gesagt und getan hatte – die vertraulichen Gespräche, die leidenschaftlichen Stunden im Bett, die ungesagten Versprechen.
„Es war ein wunderbares Wochenende“, sagte sie, seinem Blick ausweichend. „Ich kann dir nicht genug dafür danken.“
Todd trug ihr noch die Reisetasche ins Haus, um dann kurz darauf zu gehen. Nicht einmal einen Kuss gab er ihr zum Abschied. Wie in Trance packte Donnalee ihre Tasche aus. Dann sank sie auf die Couch und begann zu weinen. Sie schluchzte so sehr, dass sie kaum Luft bekam. Als sie sich wieder einigermaßen in der Gewalt hatte, ging sie zum Telefon, um die Nummer ihrer besten Freundin zu wählen.
„Hallo“, meldete sich Hallie fröhlich.
„Ich habe etwas unglaublich Dummes getan“, sagte Donnalee schniefend.
„Donnalee? Bist du es? Was ist los? Soll ich herüberkommen?“
Genau das schätzte Donnalee so sehr an Hallie. Dass sie stets bereit war, alles liegen und stehen zu lassen, um ihr zu Hilfe zu eilen. „Nein, es wird mir gleich wieder besser gehen.“ Gleich? Ein Leben lang würde sie brauchen, um über ihren Schmerz hinwegzukommen. Aber wozu sollte sie ihre Freundin unnötig alarmieren?
„Was ist passiert?“
„Nichts“, sagte Donnalee, um im nächsten Moment schluchzend hinzuzufügen: „Alles.“
Hallie blieb verdächtig ruhig. „Alles? Was meinst du damit? Du bist mit Todd übers Wochenende in das Sommerhaus seiner Familie gefahren und …“ Sie zögerte einen Moment. „Ihr habt doch nicht etwa …“
„Doch, wir haben.“
Donnalee konnte regelrecht hören, wie Hallie die Luft anhielt. „Du hast mit Todd geschlafen?“
„Wir sind miteinander ins Bett gegangen, aber nicht um zu schlafen, das versichere ich dir.“
Hallie schnaubte verächtlich. „Solltest du an mein Mitgefühl appellieren, dann kannst du dir die Mühe sparen. Weil ich nämlich so neidisch bin, dass ich laut schreien könnte. Die ganze Welt hat Sex, bloß ich nicht.“
„Es war so schön“, flüsterte Donnalee und fing schon wieder an zu weinen. Sie hatte bereits eine ganze
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