Happy End in Seattle (German Edition)
und Oberlippe.
Doch sie hielt sich tapfer. Bei ihrem Block angekommen, joggte sie an ihrem Nachbarn und seinem Sohn vorbei zu ihrer Veranda, wo sie mit letzter Kraft auf die oberste Stufe sank und dabei noch das Kunststück zu Wege brachte, so auszusehen, als mache ihr die Sache Spaß.
„Wollen Sie sich nicht abkühlen?“ fragte Meagan.
„Doch. Ich nehme gleich eine Dusche.“
„Dad sagt, man muss nach dem Joggen immer noch ein wenig spazieren gehen, um dem Körper die Möglichkeit zu geben, zu sich selbst zurückzufinden“, erklärte Meagan altklug und wanderte davon. Hallie schloss sich ihr an. Dabei erkannte sie schnell, dass das Kind Recht hatte. Der kühle Wind erfrischte sie, und nach einigen Minuten ließ ihr rasendes Herzklopfen nach.
Als sie sich kurz darauf von Meagan verabschiedete und sich anschickte, in ihr Haus zu gehen, sah sie ein vertrautes Auto um die Ecke biegen. Donnalee. Erfreut winkte Hallie der Freundin zu. Ihr Job ließ den beiden Frauen wenig Zeit, und obwohl sie fast täglich miteinander telefonierten, sahen sie sich längst nicht so oft, wie ihnen lieb gewesen wäre.
Donnalee war groß und schlank, eine auffallend attraktive Frau mit schulterlangem kastanienbraunem Haar. Elegant schwang sie die langen Beine aus dem Auto. Diese natürliche Eleganz war ebenso ein Teil von ihr wie ihr weicher Südstaaten-Akzent. Seit sie sich vor fünf Jahren durch eine gemeinsame Bekannte kennen lernten, waren Hallie und sie gute Freundinnen geworden. Die Verbindung zu Donnalee beruhte auf mehr Gemeinsamkeiten und war enger als die zu ihren Freundinnen aus dem College, von denen die meisten verheiratet waren, viele schon zum zweiten Mal, während bei Hallie noch nicht einmal ein erster Ehemann in Sicht war. Und einen zweiten würde sie nicht brauchen. Denn sie wollte eine Ehe führen wie die ihrer Eltern.
Beide selbstständige Geschäftsfrauen, konnten Hallie und Donnalee auf ähnliche Erfahrungen zurückgreifen. So war es kein Wunder, dass sie sich wenn nötig gegenseitig Hilfestellung leisteten. Hatte Hallie Schwierigkeiten mit ihren Angestellten, einem Kunden oder irgendeiner anderen Sache, dann sprach sie mit Donnalee. Und wenn es bei Donnalee ein Problem gab, rief sie Hallie an. Dass beide zur gleichen Zeit das Bedürfnis verspürten, den Schwerpunkt ihres Lebens zu verändern, überraschte Hallie nur wenig. Ihre Gedanken gingen oft in dieselbe Richtung. Sie lasen dieselben Bücher, mochten dieselben Filme und hatten in vielem denselben Geschmack. Sie brachten sogar schon einmal von einem getrennten Einkaufsbummel das gleiche Paar Schuhe mit nach Hause. Der einzige Unterschied war die Farbe gewesen.
Mit ihrem angenehmen Wesen hatte Hallie von klein auf immer viele Freunde gehabt. Aber mit Donnalee zusammen lachte sie mehr als mit irgendjemand anderem. Und ausweinen konnte sie sich auch bei ihr. Es war eine echte Seelenverwandtschaft, die die beiden Frauen verband.
„Hast du angerufen?“ fragte Donnalee.
„Sicher. Als ob du das nicht wüsstest.“ Hallie öffnete die Haustür und ging in die Küche voraus. Sie mochte keine großartige Köchin sein – was sie freimütig zugab –, aber sie machte diesen Mangel mit ihrem künstlerischen Flair wett. Der helle freundliche Raum war ganz in Weiß und Gelb gehalten. Die Wände hatte Hallie unter der Decke rundum mit Efeuranken bemalt.
Während Donnalee sich auf einem Hocker am Küchentisch niederließ, nahm Hallie eine Flasche Sprudel aus dem Kühlschrank und goss sich erst einmal ein großes Glas Wasser ein. Ihre Kehle war wie ausgetrocknet. Sie bot auch Donnalee ein Glas an, doch die Freundin winkte ab.
„Was hältst du davon?“ fragte sie ohne Umschweife.
„Von der Broschüre?“ Hallie beschloss, ihre Meinung klipp und klar zu äußern, ehe Donnalee sie umstimmen konnte. „Ich werde nicht zu Dateline gehen.“
Donnalee gab sich keine Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen. „Du hast bestimmt nicht mit ihnen gesprochen. Sonst wäre dir klar geworden, dass du heutzutage nur durch eine Partnervermittlung auf dem Heiratsmarkt Fuß fassen kannst. Es ist nicht mehr so wie früher, als wir jung waren und von Männern umschwärmt wurden. In unserem Alter sind die Junggesellen schon eher rar.“
„Das weiß ich auch. Aber ich will mein Glück erst einmal selber versuchen.“ Zweitausend Dollar waren kein Pappenstiel. Ehe sie so viel Geld hinblätterte, wollte sie zunächst einmal alle Möglichkeiten ausschöpfen, auf herkömmliche Art
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