Happy End in Seattle (German Edition)
„Mit dem Tod meines Vaters fing es an. Seitdem ist dieses Loch immer größer geworden.“
„War das der Grund für deinen plötzlichen Heiratswunsch?“
Immer enger wickelte sich Hallie das Taschentuch um den Finger. „Ja. Das letzte Wochenende mit Ellen war wahnsinnig hektisch. Aber weißt du was? Es gefiel mir. Als Julie und Jason zurückkamen, war ich so in die Mutterrolle hineingewachsen, dass ich Ellen gar nicht wieder hergeben wollte.“
„Tatsächlich?“
„Oh, ich habe natürlich so getan, als sei ein Unglück nach dem anderen passiert, aber in Wirklichkeit war es halb so schlimm. Ich weiß jetzt, ich würde die schlaflosen Nächte und all die anderen Schwierigkeiten gern auf mich nehmen – weil ich weiß, dass es die Sache wert ist.“ Sie holte tief Luft. „Rita wirft mir schon lange vor, ich sei zu wählerisch. Nur deshalb hätte ich noch keinen Mann gefunden. Bisher habe ich sie immer ausgelacht. Aber weißt du was? Allmählich glaube ich, dass sie Recht hat.“
Als Donnalee sie daraufhin nur erstaunt ansah, fuhr sie fort:
„Das soll nicht heißen, dass ich jeden nehmen würde. Vor einigen Jahren hätte ich einen Mann wie Mark womöglich geheiratet. Heute könnte mir das nicht passieren. Denn ich bin reifer und erfahrener geworden.“ Sie seufzte tief auf. „Und jetzt ist da Larry. Ich weiß wirklich nicht, wie ich zu ihm stehe. Er ist lieb und nett, aber … ich kann mir einfach nicht vorstellen, mit ihm verheiratet zu sein.“
„Hör auf, dir das Hirn zu zermartern, Hallie. Lass uns lieber unser Wochenende genießen.“
„Du hast Recht.“ Hallie war entschlossen, Donnalees Rat anzunehmen. Die Zweifel an ihrer Beziehung zu Larry, mit denen sie sich herumschlug, waren nichts im Vergleich zu dem, was Donnalee gerade durchmachte.
Man hatte ihr zugetragen, dass Sanford sich bereits eine neue Freundin zugelegt hatte. Irgendjemand fand es wohl witzig, ihr alle Einzelheiten brühwarm zu erzählen. Kurz darauf hatten Donnalee und sie diesen Wochenendtrip vereinbart. Hallie konnte sich vorstellen, dass die Abwechslung für Donnalee noch wichtiger war als für sie. Anfangs hatte sie Bedenken wegen der Kosten dieser Reise gehabt. Doch als sie darüber nachdachte, war ihr klargeworden, dass sie finanziell nichts zu befürchten hatte. Ihre Steuern waren bezahlt, und an Aufträgen bestand kein Mangel.
Das Hotel, in dem sie abstiegen, verdiente jedes einzelne der im Reiseführer angegebenen Sternchen. Es verwöhnte seine Gäste mit einem Praliné auf dem Kopfkissen, flauschigen Bademänteln, parfümierter Bodylotion, Sauna und Fitnesscenter.
Nicht, dass sie Letzteres gebraucht hätten nach dreistündigem Einkauf. Hallies Schultern schmerzten vom stundenlangen Herumschleppen all der Tragetaschen. Doch dagegen fand sich ein probates Mittel. Sie vertrauten sich der Hotel-Masseuse an, und eine Stunde später fühlte sie sich locker und entspannt. So wohlig war ihr zu Mute, dass sie nicht wusste, ob sie ins Bett gehen oder die Stadt unsicher machen sollte. Aber erst einmal begaben sie sich in den Kosmetiksalon zur Gesichts- und Nagelpflege.
Zum Dinner zogen sie sich kurze Röcke und dunkle Strumpfhosen an und gingen in das Hotelrestaurant, das sich auf der Spitze des Gebäudes um die eigene Achse drehte. Was sie durch den günstigen Währungskurs bei ihren Einkäufen eingespart hatten, das verprassten sie jetzt mit einer Flasche Dom Perignon, gewiss dem teuersten Champagner, den Hallie je getrunken hatte.
Es war eine wunderschöne Nacht. Wie ein glitzernder Teppich breitete sich Vancouver unter ihnen aus. Rundum zufrieden, fühlte sich Hallie verjüngt – und erstaunlich glücklich. Wenn sie auch nicht genau wusste, warum. „Es ist, als würden wir etwas feiern“, sagte sie. Obwohl sie dem Ziel, das sie sich zum Jahresbeginn gesetzt hatte, kaum näher gekommen war, spürte sie eine Art Vorfreude, einen Schub neuer Energie.
„Und ob wir feiern.“ Donnalee hob ihr Sektglas. „Auf uns – und unsere zukünftigen Männer, wer sie auch sein mögen.“
„Auf unsere zukünftigen Männer“, wiederholte Hallie, als sie miteinander anstießen. Wann würde sie ihm begegnen, dem Mann, der ihr Geliebter, ihr Partner, ihr Freund und Lebensgefährte sein würde?
„Jetzt geht es mir richtig gut.“ Aufatmend lehnte sich Donnalee auf ihrem Stuhl zurück.
„Mir auch“, meinte Hallie.
„Komisch, heute Abend tut der Gedanke an Sanford gar nicht mehr so weh wie heute früh.“ Donnalee lächelte
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