Happy End in Seattle (German Edition)
Kinder ihr einmal vorschlugen, ihren Vater zu heiraten, hatte Hallie ohnehin nicht ernst genommen. Sie vermutete, dass die beiden zwar besser über die Pläne ihrer Mutter Bescheid wussten als Steve, sich jedoch, mit den Tatsachen konfrontiert, noch nicht auf die neue Situation eingestellt hatten. So wie Steve hatten wohl auch sie immer noch auf eine Versöhnung gehofft.
Tröstend nahm Hallie das Kind in die Arme. „Wirst du mit meinem Dad sprechen?“ fragte Meagan nach einer Weile.
Hallie hätte sich lieber aus der Sache herausgehalten, wäre da nicht ein gewichtiger Grund gewesen, der dagegen sprach: Auch Steve war für sie dagewesen, als es ihr schlecht ging. Er hatte sie davor bewahrt, an ihrem dreißigsten Geburtstag in Kummer und Einsamkeit zu versinken. Und letzte Woche hatte er den rettenden Engel gespielt, als sie sich mit Ellen nicht mehr zu helfen wusste. Die Freundschaft mit ihm war ihr inzwischen fast so wertvoll wie ihre Freundschaft mit Donnalee.
„Ich werde tun, was ich kann“, versprach sie. Beruhigend strich sie Meagan übers Haar. „Mach dir keine Gedanken, dein Dad ist ein erwachsener Mann. Er wird schon damit fertig werden.“ Es war ja nicht so, dass die Nachricht aus heiterem Himmel kam. Steve wusste schließlich, dass seine Ex-Frau einen festen Freund hatte, wenn er auch die Konsequenzen, die sich daraus ergaben, nicht wahrhaben wollte.
Mit tränenüberströmtem Gesicht blickte Meagan zu ihr auf. „Ich habe das ganze Wochenende auf dich gewartet.“
„Oh, Schätzchen, das tut mir aber Leid! Ausgerechnet als du mich brauchtest, war ich nicht für dich da.“
Meagan zuckte die Schultern. „Das macht nichts. Es ist wichtiger, dass du für meinen Dad da bist. Er wird einen Freund brauchen. Und Todd ruft er bestimmt nicht an.“
„Todd?“
„Sein bester Freund. Hast du Todd noch nicht kennen gelernt?“
„Nein, ich kenne ihn nicht.“ Außer kegeln und Pizza essen hatte Hallie mit Steve nicht viel unternommen. In seinen Freundeskreis hatte er sie jedenfalls nicht eingeführt. Und jetzt, wo sie darüber nachdachte, fiel ihr auf, dass sie ihm Donnalee genauso wenig vorgestellt hatte.
Sie hörte, wie draußen ein Wagen vorfuhr.
„Ich muss gehen. Mom ist da.“ Meagan wischte sich die Tränen vom Gesicht und rutschte vom Bett herunter. „Tschüs.“
Weil sie wusste, was gleich kommen würde, stand Hallie vom Bett auf und stellte sich ans Wohnzimmerfenster. Hinter der Gardine verborgen, beobachtete sie Steve und seine Familie. Zwar kam sie sich wie ein Voyeur dabei vor, sagte sich jedoch, dass sie wissen musste, wie Steve reagiert hatte, wenn sie ihn nachher trösten wollte. Die Kinder wirkten niedergeschlagen. Sie schleppten ihre Taschen zum Auto und stiegen ein. Mit hängenden Köpfen saßen sie auf dem Rücksitz des Wagens.
Steve war ihnen über den Rasen zum Auto gefolgt. Die geöffnete Fahrertür als Barriere vor sich, wartete Mary Lynn auf ihn. Die Geste war bezeichnend. Augenfälliger hätte sie ihren Abstand zu ihm kaum dokumentieren können.
Hallie sah, wie Meagan sich Kopfhörer aufsetzte, als wolle sie die Unterhaltung ihrer Eltern ausblenden. Da Mary Lynn ihr den Rücken zugewandt hatte, konnte Hallie ihr Gesicht nicht sehen. Dafür sah sie, wie Steve seine Ex-Frau anlächelte. Hallie wusste, wie sehr er sich jedes Mal auf den Sonntagnachmittag freute, wenn Mary Lynn die Kinder abholen kam und er mit ihr sprechen konnte.
Nach einigen Momenten bemerkte sie, wie sein Gesichtsausdruck sich veränderte. Er schüttelte ein paar Mal ungläubig den Kopf und haute schließlich mit der Faust auf die Motorhaube.
Hallie verzog das Gesicht. Es hätte sie nicht gewundert, wenn er sich bei dem Schlag die Hand verletzte. Inzwischen redeten die beiden heftig aufeinander ein. Unfähig, das Drama noch länger mit anzusehen, wandte sich Hallie vom Fenster ab. Die Szene hatte ihr richtig zugesetzt. Obendrein machte sie sich Vorwürfe, weil sie heimlich etwas beobachtet hatte, das sie nichts anging.
Weil sie Steve Zeit lassen wollte, über den ersten Schock hinwegzukommen, wartete sie eine Stunde. Es hatte wieder zu regnen begonnen. Die grauen Wolken ließen nur noch trübes Tageslicht durch. Hallie blickte zu Steves Wohnung hinüber. Sie konnte ihn nicht sehen. Dafür hörte sie dumpf die Bässe seiner Stereoanlage. Er musste sie voll aufgedreht haben. Vermutlich lag er auf dem Teppich vor den Lautsprechern, so wie sie neulich, als sie an ihrem dreißigsten Geburtstag der
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