Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
versuchte, das Gespräch auf ein unverfängliches Thema zu lenken, doch zu spät: Plötzlich schrie mich die sogenannte »Psychologin« sogar noch an.
Ich war geschockt: »Ich verbitte mir, dass Sie mich so anschreien.« Sie entgegnete: »Das ist Teil meiner Therapie.«
Daraufhin habe ich mich umgedreht und die Party verlassen.
Eine Idee, die nicht gefährlich ist, verdient es nicht,
überhaupt Idee genannt zu werden.
Oscar Wilde
Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien.
Oscar Wilde
SCHICKSALHAFTE BEGEGNUNGEN
I ch hab da von einer Super-Disco in Mannheim gehört, soll ein ganz schicker Laden sein. Was meinst du, sollen wir da am Wochenende mal hinfahren?«, schlug Kurt ein paar Wochen später vor.
Was für eine Frage, natürlich sollten wir! Mannheim war eine ganze Ecke von Mühlacker entfernt, und ich war froh um jedes Mal, das ich aus unserem kleinen Ort herauskam. Lange würde ich es hier sowieso nicht mehr aushalten, ich sah München schon am Horizont aufziehen wie die rettende Oase. Doch darum würde ich mich später kümmern, erst einmal war Wochenende.
Das, was Kurt von der Disco gehört hatte, klang nach einem sehr edlen Club. Ich überlegte lange, was ich anziehen sollte. Meine Wahl fiel schließlich auf eine weiße glänzende und in sich gemusterte Hose aus Seide zum weißen Seidenhemd mit rostfarbener Wildlederkrawatte. Darüber trug ich einen weißen langen Seidenpullover und eine zur Krawatte passende Wildlederjacke. Als Tüpfelchen auf dem i kramte ich noch die weißen Abendhandschuhe aus der Schublade.
Als wir am Connexion parkten, sah ich sofort, dass ich es vielleicht etwas übertrieben hatte: Die Disco war eine alte Fabrik. Eine riesige Lagerhalle, die Leute, die darauf zuströmten, waren fast ausnahmslos sportlich gekleidet und trugen Jeans. Und ich stand da in weißer Seide, als käme die Queen zum Staatsbesuch. Aber deswegen wieder zurückfahren? Kam nicht infrage! Ich sagte mir: Besser auffallen, als in der Masse untergehen, und stürzte mich erhobenen Hauptes ins Getümmel. Ich erntete sofort viele neugierige Blicke und tat genau das, was die Queen auch getan hätte – ich lächelte souverän.
Der Laden war riesig, auf ein paar tausend Quadratmetern gab es Tanzflächen auf mehreren Ebenen. Ich sog die Atmosphäre in mich auf und genoss von allen Seiten anerkennende Blicke: Mein Outfit kam offenbar gar nicht so overdressed rüber, wie ich im ersten Moment gedacht hatte. Und wieder bestätigte sich die Regel: Man kann tragen, was man will, wenn man es mit genügend Selbstbewusstsein und einem Lächeln tut.
Die Tanzfläche ist brechend voll, ich lasse mich ganz in den Rhythmus fallen. Plötzlich weckt etwas meine Aufmerksamkeit. Ein Geruch vielleicht oder eine Berührung, ich kann es nicht sagen. Neben mir tanzt ein Schwarzhaariger in Jeans und Hemd, einen Kopf größer und einige Jahre älter. Der war eben noch nicht da. Ich kann nicht sagen, was es ist, aber etwas an ihm macht mich neugierig. Ich tanze näher an ihn heran, lächle. Er reagiert nicht unmittelbar, sein Blick geht ins Nirgendwo. Dahin, wo sich die von der Discokugel reflektierten Lichter an der Wand drehen. Wie in Trance. Doch plötzlich entdeckt mich der Schwarzhaarige. Er sieht nach hinten über seine Schulter, als wolle er sich vergewissern, dass ich wirklich ihn anlächle. Ich lege meine Hand an sein Ohr und brülle gegen den Geräuschpegel an: »Ich meine genau dich!« Er strahlt übers ganze Gesicht und fragt dann: »Magst du was trinken?«
Zwischen den verschiedenen Ebenen gab es ein kleines Café, im Vergleich zu den anderen Räumen eine Oase der Ruhe. Hier bestellten wir uns zwei Cappuccino und setzen uns an einen der Bistro-Tische. Mein Gegenüber stellte sich als Dieter vor und machte mir ein Kompliment für mein elegantes Styling. Da war irgendetwas an ihm, was mich fesselte. Ich konnte es nicht genau festmachen, aber es fühlte sich an, als wäre ich gerade jemandem begegnet, der für mein Leben eine große Bedeutung hatte.
Er lächelte mich unentwegt an, aber nach anfänglichem Small Talk ließ sich Dieter irgendwie nicht so richtig aus der Reserve locken. Gut, dachte ich, wenn er nichts erzählen will,dann rede eben ich. Ich war gerade bei meinem Nebenjob als Model angelangt, als uns plötzlich Kurt entdeckte. Ich stellte die beiden einander vor, und sie blieben sehr höflich, aber reserviert. Als ich mich verabschiedete, kritzelte ich Dieter noch schnell meine Telefonnummer auf einen
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