Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
wo? An dieser Stelle hakte meine Vision, denn nach dem Ende des Jeans Garden hatten wir uns noch immer auf keinen neuen Namen einigen können.
Doch die Messe war eine einzige Enttäuschung. Als hätten sich die Modemacher abgesprochen, war das Angebot ein langweiliges Einerlei. Schlammfarbene lange Pullis über langen Röcken. Darin würde jede Frau aussehen wie eine frustrierte Gouvernante. Kurvenfreie Kostüme zum Gähnen. Bundfaltenhosen zum Einschlafen. Wir suchten fieberhaft nach den Stecknadeln im Heuhaufen. Nach Sachen, die sexy waren und so einzigartigwie jeder einzelne Mensch. Doch das Ungewöhnlichste, was wir finden konnten, waren ein paar Rüschenblusen für Damen, Jeans mit Strassbesatz auf dem Po und ein paar Pullis mit Kapuze. Ansonsten: nichts. Es war ein Trauerspiel.
Um etwas wirklich Abgefahrenes zu bekommen, mussten wir wohl in London oder Paris einkaufen – und uns weiterhin auf unseren bewährten Lieferanten verlassen, der uns mit Mode aus Paris versorgte. Allerdings war seine Auswahl bei Weitem noch nicht genug, um meine Vision von einem kleinen Wunderland wahr werden zu lassen.
Ein paar Tage später saß ich an unserem Tisch im Geschäft, vor mir lag ein Notizblock, auf dem ich in Großbuchstaben das Ergebnis eines Brainstorming notiert hatte. Ich suchte einen neuen Namen für unseren Laden:
BA-ROCK
POMP POMP
GLANZ UND GLORIA
MADAME POMPADOUR
POMP UND POP
ROCK & KO & KO
GLAMOUR BROS
GLAM ROCK
Das ging alles schon in die richtige Richtung, aber hundert Prozent zufrieden war ich nicht.
»Pomp. Pop. Pompadour. Pomp. Pomp. Pompös«, überlegte ich laut. Ich schrieb POMPÖS auf die Liste und starrte das Wort einige Minuten an. Pompös, das klang richtig. Ein bisschen provokant und dekadent, nach Glamour und Champagner. Aber es sah fürchterlich langweilig aus. Ich ließ den Filzschreiber unsicher über dem Blatt Papier schweben. Dann malte ich zwei Ö-Dötzchen über das erste O.
PÖMPÖS
Das sah zwar hübscher aus, wie ein Wort mit zwei Krönchen, klang aber irgendwie nach Sprachfehler. Die Idee mit dem zweiten Ö fand ich trotzdem nicht übel.
»Dieter, hilf mir mal«, sagte ich.
Mein Freund war gerade dabei, Ware ins Regal zu räumen. Jetzt kam er neugierig zu mir und sah mir über die Schulter. Er sagte sofort:
»›Pompös‹ ist geil. Und die zwei Ö sind auch super. Aber mach das doch so …« Er nahm mir den Filzstift ab und schrieb
POMPÖÖS
auf die Liste. Das war’s!
»›Pompöös‹, wie ›Harald Gl öö ckler‹«, scherzte ich. »Dann will ich ab sofort aber auch das zweite Ö in meinem Namen haben.«
Abends nahm ich das Pappschild mit dem Label eines Jeansherstellers mit nach Hause und malte auf die Rückseite, so ordentlich ich es mit verschiedenfarbigen Lackschreibern hinbekam, unseren neuen Namen. Dabei ersetzte ich die Pünktchen auf dem Ö durch jeweils ein kleines Krönchen. Eine Krone als Logo, das gefiel mir. Ich machte mich sofort daran, eine Krone zu kreieren und ließ diese von einem Grafiker perfekt umsetzen. Ein paar Tage später montierten wir das Werk draußen über der Tür – in der Hoffnung, dass es Wind und Wetter ein paar Tage standhielt.
Es ist ein extrem warmer Spätsommertag, unsere Tür steht weit offen, damit ein bisschen frische Luft hereinwehen kann. Der Laden ist noch leer, Dieter und ich sitzen beim ersten Kaffee des Tages. Vor dem Schaufenster bleiben zwei Frauen mittleren Alters stehen und beäugen neugierig unser Schild. »Ei, was steht denn da? ›Pompöös‹?«, hören wir die eine sagen und kichern. Darauf entgegnet die zweite: »Und dann hams desauch noch falsch geschribbe: mit zwei Ö. Wie bled!« Beide schütteln amüsiert den Kopf und ziehen weiter. Dieter und ich gucken uns an. Als die Damen außer Hörweite sind, brechen wir in schallendes Gelächter aus.
NICHT OHNE MEINE RÜSCHEN
I ch hatte die ungewöhnlichsten Sachen, die wir für die kommende Herbst/Winter-Saison auf der Messe gefunden hatten, im Schaufenster drapiert. Darunter auch die Rüschenbluse – und die war vom allerersten Tag ein Renner. Die Leute lechzten nach etwas, das sich vom Einheitsbrei abhob. Schon nach kurzer Zeit mussten wir Ware nachbestellen. Das Interessante aber war: Nicht nur Damen kamen in den Laden und wollten das Teil anprobieren. Jeden Tag fragten mindestens ein oder zwei junge Männer nach dem »tollen Piratenhemd im Fenster«.
»Das ist leider eine Damenbluse. Sie können’s gern mal anprobieren, aber passen wird’s wohl
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