Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
Schüsseln voller dampfender Pasta und – natürlich – Tomatensoße herein. Ab jetzt übernahm Gina den Service, füllte unsere Teller und schenkte Wein ein. Sie erklärte uns, es sei die größte Ehre für eine Römerin, die Gäste selbst zu verwöhnen und das nicht dem Personal zu überlassen.
Als wir fertig waren, schob sie die Terrassentür auf und sagte: »Kommt mit, jetzt zeige ich euch, wie ich esse, wenn ich alleine bin – denn dann esse ich mit meinen Pfauen.« Draußen führte eine breite Treppe in den Garten, an deren Fuß ein großer alter Baum stand. An diesem Baum war etwas angebunden, das ich im ersten Moment nicht identifizieren konnte. »Wie gefällt euch meine Skulptur?«, fragte Gina lachend. Jetzt erkannte ich, dass das Gebilde ein Auto war, das langsam vor sich hinrostete. Gina erklärte uns, es handele sich um ihren früheren Rolls-Royce, mit dem sie vor Jahrzehnten einen Unfall mit Totalschaden gehabt hatte.
»Ich habe diesen Wagen geliebt!«, schwärmte sie. »Aber nachdem er kaputt war, habe ich mir keinen mehr angeschafft. Die Leute sind zu neidisch – da bringe ich mein Geld lieber auf die Bank. Wisst ihr, wenn ich selbst fahren würde, wäre das kein Problem, weil mich die Menschen hier lieben, so wie dieser Taxifahrer eben …« Sie schaute für den Bruchteil einer Sekundesehr nachdenklich. »… Aber ich kann doch meinem armen Chauffeur nicht ein Schild umhängen, auf dem steht: ›Ich bin der Fahrer von Gina Lollobrigida.‹ Nur, damit ihn die Leute in Ruhe lassen, wenn ich mal eine Stunde fort bin, um im Restaurant zu essen.«
Es entstand eine Pause. Ich betrachtete Gina Lollobrigida, wie sie so sinnierend neben mir stand, und fand plötzlich, dass sie aussah wie meine Mutter. Die dunklen kurzen und gelockten Haare, das schöne Gesicht. Konnte es Zufall sein, dass sowohl die Lollobrigida als auch meine Mutter am vierten Juli Geburtstag hatten? Ich erinnerte mich an meinen Wunsch als Teenager, dass Mama wieder in mein Leben treten sollte. Bevor ich diesen seltsamen Gedanken weiter verfolgen konnte, lächelte Gina plötzlich wieder breit: »Aber ich wollte euch doch noch etwas ganz anderes zeigen!«
Sie ging ins Haus, nahm einen Teller vom Tisch und klopfte einige Male mit einem Messer dagegen, sodass ein helles Klingeln ertönte. Und da kamen sie wieder. Noch viele mehr, als ich vorhin gesehen hatte. Aus allen Ecken des Gartens strömten weiße und grüne Pfauen herbei. Wie in einer dramatischen Operninszenierung. Die Vögel zogen ihre langen Federn wie schwere Schleppen hinter sich her und schritten langsam die Treppe hinauf. Von oben warf ihnen Gina Lollobrigida Spaghetti mit Tomatensoße entgegen, nach denen die Tiere ungeschickt schnappten. »Ausgerechnet die weißen Pfauen fangen immer so schlecht«, lachte sie. »Die haben dann immer gleich diese roten Tomatenkleckse am Hals. Aber es sind eben römische Pfauen, sie lieben wie ich Pasta.«
Nach dieser kleinen Vorführung ging es in den Keller – und dort stockte uns fast der Atem. In einem unterirdischen Archiv hatte Gina Lollobrigida über fünftausend Titelseiten von sich aufgestellt, alle säuberlich auf Karton aufgezogen und gummiert. Ein Lollobrigida-Museum mit Zeitschriftentiteln aus beinahe allen Ländern der Erde und aus mehreren Jahrzehnten. Eine faszinierende Reise durch die Karriere einer Hollywood-Diva. Ich ging langsam von einem Bild zum anderen und sog den Glamour in mich auf, den jedes ausstrahlte. Gina Lollobrigidas Schönheit, ihre Posen und ihren typischen lasziven Blick, der immer zu sagen schien: »Komm doch, wenn du dich traust!«
Zurück im sanften Licht des italienischen Nachmittags, nahmen wir noch gemeinsam einen Kaffee im Salon, dann fuhren Dieter und ich ins Hotel, um uns frisch zu machen und etwas auszuruhen. Für den Abend hatte uns Gina zum Essen in der Stadt eingeladen. Im Restaurant stieß noch als »Überraschungsgast« Helmut Berger zu unserem kleinen Grüppchen. Helmut hatten wir ja bereits bei unserer Show im Maritim kennengelernt und schon da sofort auf einer Wellenlänge gelegen. Die Stimmung war wunderbar, das Essen auch – und so klang der Tag genauso hinreißend aus, wie er begonnen hatte. Als wir uns verabschiedeten, legte Gina mir und Dieter beschwörend die Hand auf den Arm und sagte: »Aber morgen kommt ihr noch einmal, das müsst ihr mir versprechen. Ich habe euch noch nicht alles gezeigt!«
Am nächsten Tag fuhren wir also wieder in der Via Appia vor. Ein weiteres
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